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ließen, auf die es Galiani abgesehen hatte. Nicht die unvermeidlichen Richter und Advokaten, ohne die kein Pariser Salon funktionierte, und auch nicht jene ergrauten Akademiemitglieder, denen der Diplomat nie verraten hatte, dass er fünfzehn Jahre zuvor den Prix de morale mit originellen Gedanken hatte bereichern wollen, bevor ihn eine höhere Macht zum Rückzug zwang. Galianis Interessen richteten sich auf die unkonventionellen Subskribenten der Encyclopédie . Sogar den Herausgeber des Sammelwerks, Denis Diderot, hatte er eingeladen, obschon dieser nicht überall in bestem Ansehen stand. Das Wagnis, sich zu ihm zu bekennen, wog allerdings ungleich leichter als beim baltischen Tuchhändler Chaim Otto Fünfgeld, dem er ebenfalls eine Einladung hatte zukommen lassen. Dessen Name gab zwar einen Abstammungsmakel preis, nämlich deutsche Grobschlächtigkeit, doch hatte sich der Händler bei einigen philosophischen Disputen im Café de la Régence derart gut geschlagen, dass Galiani nicht auf ihn verzichten mochte, wiewohl Fünfgelds Umtriebe im Dunkeln lagen. Er konnte ein Spion der Zarin sein – wozu auch Diderot getaugt hätte, der von ihr Apanagen bezog –, doch ebenso gut konnte er für secrets du roi arbeiten, den königlichen Auslandsgeheimdienst. Als der gewitzte Jude ihn freilich mit einer unerwarteten Volte im Schach geschlagen hatte, wusste Galiani, dass der geheimnisumwitterteMann in seinen Zirkel gehöre. Bei der Wahl von Bundesgenossen sollte man zwar vorsichtig, doch nicht dünkelhaft vorgehen. Kluge Menschen waren rar in Gottes Garten der Einfalt, genannt Erde.
Madame d’Epinay rauschte in den Salon und ließ sich von Georges-Louis Marie Leclerc de Buffon ausgiebig huldigen. Ihr Dekolleté war eine Kampfansage an all jene Salonières, die meinten, nur mit der Kraft spitzer Aperçus Verehrer an sich binden zu können. Galiani tolerierte die Avancen des Gastes, weil er wusste, dass Leclerc de Buffon eigenartige Neigungen besaß, die seine Geliebte nicht zu erfüllen bereit gewesen wäre. Überdies mochte er unter den greisen Unsterblichen der Académie française den Naturforscher als Einzigen. Er war originell.
»Zu schade«, meinte der zurückgekehrte Schottlandreisende, als er seinen Kopf wieder aus den Brustschluchten der Epinay herausgezogen hatte, in die er durch seinen tiefen Diener hineingeraten war, »zu schade, dass unser allergnädigster König nie die Gelegenheit haben wird, diese außerordentlichen Einblicke zu genießen!«
Madame d’Epinay warf Galiani einen bezeichnenden Blick zu und entrang sich einen lustvollen Seufzer, der nicht erkennen ließ, ob er sich auf Leclerc de Buffons Huldigungsgeste oder auf den abwesenden Monarchen bezog.
»Wir sind niedrig, er ist hoch«, kommentierte Galiani. »Es gibt Schwellen, die er nicht hinabsteigen kann, ohne einen Sturz zu riskieren.«
»Wie wahr, wie wahr«, schnaubte Leclerc de Buffon. »Aber wir sind hoch im Geiste, und er ist auch hoch im Geiste, während seine Umgebung im Geiste so niedrig steht wie die Abendsonne kurz vor ihrem Untergang. Keiner der Höflinge interessiert sich für die Encyclopédie . Er schon! Als Achtjähriger schrieb er ein Buch über die Blumen Europas – ich habe es gesehen! –, und er druckte es mit seinem Letternkasten selber. 72 Seiten, welche Tat! Dieser für die Wissenschaft prädestinierte Kopf muss sich nun als Juwelenständer und Götzenbild für die Höflinge missbrauchen lassen. Eine Tragödie!«
Ludwig XV ., der im 54. Jahr regierte, war im Volke unpopulär.Das lag nicht an seinem absoluten Alter – er war schon als Fünfjähriger gekrönt worden und blickte deswegen auf eine erschlagend lange Regentschaft zurück –, sondern an seiner von Selbstzweifeln bestimmten Zurückgezogenheit. Dass diese mit einem hellen Geist einherging, wollte niemand im Volk wahrnehmen. Ein Monarch sollte nicht klug, sondern zupackend sein. Ein Monarch durfte die Staatskasse plündern wie einst der Sonnenkönig – der Urgroßvater des Regenten, den dieser durch schicksalsbedingtes Überspringen zweier Generationen direkt beerbt hatte –, aber er musste es auch verstehen, die Kasse von Zeit zu Zeit wieder zu füllen. Ludwig XV . hatte dafür keine Begabung. Er war machtvollen Auftritten abgeneigt und persönlich eher bescheiden. Ersteres begünstigte jene Ratgeber bei Hofe, die mehr Machtinstinkt besaßen als er selbst, Letzteres rettete die Staatsfinanzen auch nicht. Frankreich war bis über beide Ohren
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