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Titel: Toggle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Felix Weyh
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ausmanövrieren, indem Sie die Regeln dort ändern«, sagte er. »Der Schlüssel dazu liegt in der Stimme. Jeder Richter hat eine Stimme, entschieden wird mit einfacher Mehrheit?«
    Der Unbekannte konsentierte mit einem Kopfnicken.
    »Der König braucht also 21 Stimmen, um eine Regeländerung durchzusetzen. Er soll sie sich kaufen!«
    »Monsieur! Stimmen zu kaufen –«
    Galiani schnitt ihm das Wort ab: »Das ist eine alte Gewohnheit. Kein deutscher Kaiser wurde je ohne Stimmenkauf gewählt, kein Kardinal zum Papst erkoren, ohne dass Bestechungen vorangegangen wären.«
    »Sie sehen mich nicht moralisch empört. Stimmen zu kaufen, hat der König fünfzig Jahre lang versucht. Aber niemand verkauft seine Stimme, wenn er im Gegenzug dafür Steuerprivilegien einbüßt. Der Preis wäre unbezahlbar.«
    »Deswegen kauft man die Stimme auch nicht zur Änderung der Steuergesetze, sondern zur Reform des Abstimmungsmodus. Dieser Preis wird weitaus moderater sein.«
    In diesem Moment wurde die Tür zum Schlafgemach aufgerissen. Ein erhitzter Kopf mit verrutschter Perücke schob sich durch den Spalt, verschwand aber unter den strafenden Blicken des Gastgebers sofort wieder. Monsieur Ludewig hatte Schutz hinter einem Paravent gesucht. »Was ist mit der Änderung des Abstimmungsmodus in der Grande Chambre?«, hörte man ihn fragen.
    »Wir müssen uns vom Prinzip Ein Mann, eine Stimme verabschieden«, erklärte Galiani. »Es stammt aus der Antike und verkörpert einen völlig verfehlten Gleichheitsgrundsatz.«
    Der Unbekannte trat wieder ins Licht. »Aber was hat ein Mann, wenn er keine Stimme mehr hat?«
    »Er hat keine volle Stimme«, präzisierte Galiani. »Nicht zwingend, sondern entweder einen Bruchteil oder ein Vielfaches davon, je nach Lage der Dinge.«
    »Welcher Dinge?«
    »Das, Sire, ermittelt meine Formel. Ich habe verschiedene Algorithmen entwickelt, die den Wert einer Stimme für den Augenblick ermitteln. Er kann zwischen null und unendlich schwanken. Die Abstimmung wird wie gehabt durchgeführt, und die Mehrheitsverhältnisse gelten wie gehabt. Nur nicht auf Basis ganzer, sondern auf Basis brüchiger und zuweilen bröckelnder Stimmen.«
    Monsieur Ludewig dachte nach. »Was soll der König tun?«
    »Er kauft sich 21 Richter, die mit ihrer Mehrheit die Neuregelung des Stimmgewichts durchsetzen. Sie werden dies tun, weil man ihnen erklärt, dass der Inhalt ihrer nun deutlich volleren Geldbörsenihr Stimmgewicht erhöht. Sobald die Neuregelung gilt, legt der König neue Steuergesetze zur Registrierung vor.«
    »Womit er wieder scheitern wird.«
    »Warten Sie!« Galiani hob beschwichtigend die Hände. »Selbstverständlich lehnen alle 41 Richter mit fadenscheiniger Begründung die Registrierung ab. Doch was sind ihre Stimmen wert? Die der 21 Richter – nichts! Denn die Formel enthält eine Klausel, der zufolge ein zuvor erfolgter Stimmenkauf den Multiplikator null erzwingt. Und die Stimmen der anderen 20? Sie sind keine Steuerzahler, ergo ist ihr Wert für die Gemeinschaft gleich null, ergo ihr Stimmenwert auch nicht größer als null.«
    Der Gesandte des König dachte lange nach. Dann schüttelte er den Kopf: »Ich sehe die Lösung nicht! Dann scheitert die Abstimmung durch den Mangel an Stimmen.«
    »Die Lösung liegt in jenem einen Mann aus den 41, den der König für sich gewinnen muss! Jenen einen, der bereit ist, schon vor der Abstimmung einen minimalen Bonus an die Staatskasse zu leisten. Vielleicht kauft er ein Fass karibischen Branntweins und verzollt ihn ordnungsgemäß? Damit würde ihn die Formel auf ein Niveau über null heben. Er allein entschiede dann über des Königs Vorlage.«
    »Die er dennoch nicht registrierte, da sie auch ihn des Steuerprivilegs beraubte.«
    »Aber warum denn?«, lächelte Galiani maliziös. »Diesem einen tapferen Manne gewährt der König in seiner unendlichen Huld anschließend eine Ausnahme von der Besteuerung. Das ist ein persönlicher Gnadenerweis, der das allgemeine Recht nicht bricht.«
    »So könnte es gehen«, murmelte der Mann. »Monsieur Galiani, Sie sind brillant! Wozu haben Sie sich das vor fünfzehn Jahren ausgedacht?«
    »Jugendliche Grillen«, antwortete Galiani achselzuckend. »Ich wollte den Prix de morale der Académie de Dijon gewinnen. Die Ausschreibung 1754 über den Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen. «
    Die Miene des königlichen Gesandten verfinsterte sich augenblicklich. »Sie sind ein Verbündeter des Staatsfeinds Rousseau?«
    »Ganz im

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