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Titel: Toggle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Felix Weyh
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die Grande Chambre im Parlement , die dem König das Leben so schwer macht. Hat sie überhaupt die Stärke dazu? Wie viele Köpfe zählt sie?«
    »41.«
    »Kaum denkbar, dass der König nicht mit 41 Männern fertigwürde. Er besitzt Armeen, die ein Tausendfaches an Soldaten umfassen.«
    »Herr im Himmel!«, erschrak der Unbekannte. »Niemand würde die Hand gegen eine Institution erheben, die mehr als 400 Jahre alt ist!«
    »Sehen Sie? Die Macht der Regel ist der Kraft des Schwertes schon jetzt überlegen! Denn Regeln sind mächtiger als Machthaber und mächtiger als jede Gewalt. Man muss mit der Waffe der Regelsetzung fechten, nicht mit der Gewalt des Schwertes.«
    »Sie haben da … eine Idee?«
    »Die Lösung«, sagte Galiani und versuchte, sich blitzschnell vor den Unbekannten zu schieben. Denn er sah einen Gaukler auf sie beide zukommen. Mit einem Schubs wurde der kleine Neapolitaner jedoch weggestoßen und Monsieur Ludewig in die Mitte des Raumes gezerrt. Dort schrie eine Matrone mit einem Ausschnitt bis nahe zum Bauchnabel vor wollüstiger Erregung. Vielleicht quälte sie die Kerzenflamme tatsächlich, vielleicht erhoffte sie sich von ihrem herbeigeschleppten Kavalier mehr als nur einen kurzen Luftstoß aus geblähten Backen. Madame d’Epinay erkannte das aufziehende Unheil ebenfalls, warf sich vor die Matrone und riss ihr die Kerze aus dem Dekolleté. »Majestät«, stammelte sie unterwürfig, doch da war Monsieur Ludewig schon im allgemeinen Durcheinander untergetaucht.
    Galiani spürte seinen Ärger bis unter die Haarwurzeln.

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    82
   Hamburg
Freitag, 30.   Juli, 22   :   00
    Im Hotel Pazific entnahm Janek Jabłoński seiner Reisetasche ein kleines Feinmechanikeretui und montierte die Schlüsselkartenhalterung neben der Tür ab. Dann präpariere er das Innenleben der Plastikschale mit einer elektronischen Schaltung und machte die Konstruktion mit Sekundenkleber wieder an der Wand fest. Er fuhr seinen Computer hoch, steuerte den Internetdienstleister WPA – Cracker an und ließ ihn das Passwort des hoteleigenen WLAN knacken. Die siebzehn Dollar, die die Rechenzeit im Cloud Computing kostete, ließ er von einer seiner Aquariumskarten einziehen. Sie flossen zum größten Teil einem Onlinebuchhändler zu, der auf diese Art ein hübsches Nebengeschäft für seine unausgelastete Rechnerinfrastruktur verbuchte. Nun musste Kingfish nur noch seine kleine Datenreuse auf den WLAN abstimmen, dann konnte er ihn von überallher via Internet ansteuern. Zum Abschluss kramte er aus einer Plastiktüte ein paar übel riechende Kleidungsstücke heraus, drapierte je eines im Badezimmer und unter der Bettdecke und rief bei der Rezeption an.
    Da das Pazific ein Fünf-Sterne-Haus war, konnte es sich der Portier nicht erlauben, die Integrität des Gastes in Zweifel zu ziehen. Mängel fielen immer aufs Hotel zurück.
    Die Verwanzung des zweiten Zimmers erfolgte nach gleichem Muster, nur dass die Plastiktüte diesmal eine gammelige Fischkonserve enthielt, die zufälligerweise den Minibar-Kühlschrank verunzierte. Als Janek Jabłoński im dritten, deutlich größeren Zimmer sein Handwerkszeug auspackte – er hatte inzwischen ein Upgrade erhalten, was für die Ausbeute nicht unbedeutend war, erst Suiten beherbergten wirklich interessante Kartenbesitzer –, klingelte sein Handy. An der Nummer erkannte er einen Mitspieler. Anrufe waren uncool. »Eh?«, gab Kingfish daher die kürzestmögliche Begrüßungsformel von sich.
    »Scheiße ist’s«, ertönte es am anderen Ende. »Mein erster Tripel, und dann das!«
    »Eh?«, wiederholte Kingfish.
    »Geht nicht! Code kaputt.« Es war schlecht zu verstehen.
    »Mann, sprich deutlicher!«
    »Geht nicht! Hab einen Zahn verloren. Immer noch angeschwollen.«
    Jetzt erkannte Kingfish die Stimme. Sie gehörte dem lästigen Journalisten, der nach jedem Gewinn anrief, um bessere Konditionen auszuhandeln. Kreditkartennummern interessierten ihn nicht, er begehrte stets Zugang zu interessanten Netzwerken. Zweimal hatte sich Kingfish schon darauf eingelassen, doch beim Tripel – dem einzigen wirklichen Infocodegewinn des Journalisten – hatte er aus Rache den Spieß umgedreht. Der vermeintliche Zugangscode zu einer russischen Investmentfirma gehörte zu einer gewöhnlichen Kreditkarte.
    »Brauchst halt einen Quadrupel«, raunzte er ungehalten.
    Quadrupel waren sehr, sehr selten. Wenn tausend Menschen tausend Jahre vor ihren Bildschirmen saßen, sahen sie einmal kurz vier gleiche Fische

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