Toggle
tun die doch nicht wirklich!«, verlor der Brite für einen Moment die Fassung. »Wer da gräbt, stößt auf nichts!«
»Doch«, widersprach Weinberger. »Allerdings gehen Grin und Cage davon aus, dass niemand alle Aufgaben knackt. Mindestens die Hälfte davon ist nur über den Fußweg zu einer Bibliothek zu erreichen. Toggeln allein reicht nicht.«
»Typisch Amerikaner, selbstgefällig bis zum Untergang!« Wooster schüttelte den Kopf. »So ein Verlustrisiko geht man doch nur ein, wenn man auf enorme Gewinne spekuliert.«
»Was heißt spekuliert?«, gab Weinberger zurück. »Die Aktion läuft erst zwei Tage, und Toggle Books schreibt jetzt schon schwarze Zahlen! Vorher hat es uns Hunderte von Millionen gekostet. Die Leute laden wie wild digitale Bücher herunter, weil sie darin die Antworten vermuten, und wir blenden wie wild Anzeigen ein. Die Rechnung geht auf.«
»Solange niemand nach Argleton … pardon Aughton fährt.«
»Solange niemand nach Aughton fährt«, bestätigte Weinberger.
»Not my cup of tea«, erklärte Major Archibald Wooster mit einem Schulterzucken. »Die Suppe habt ihr euch eingebrockt, die könnt ihr selber auslöffeln. Aber es gibt einen ernst zu nehmenden Grund, warum ich dich sprechen wollte. Was gegen den Jetlag genehm?«
Er schob Weinberger ein Zigarrenkästchen mit extra für den Dienst gefertigten Churchills über den Schreibtisch. Ihre Bauchbinde trug das GCHQ – Wappen. Schon den ganzen Flug über hatte sich der Amerikaner darauf gefreut. Doch als er das Kästchen öffnete, lagen darin nur Nikotinkaugummis.
»Militärärztliche Order«, entschuldigte sich der Major. »Ich komme langsam in die Jahre. Deswegen hat man mich ja zu diesem Schreibtischkommando verurteilt. Kurz und gut: Vor einiger Zeit gab es in meinem Bereich Unruhe. Ich hielt es für die üblichen Eifersüchteleien, aber dann stellte sich heraus, dass die Unruhe von den Kryptoanalytikern herübergeschwappt kam. Uns trennen ja nur ein paar Gipswände von den GCHQ – Teams. Eine Gruppe davon hatte sich über das interne Loyalitätsgebot hinweggesetzt und war einer obskuren Vereinigung beigetreten. Angeblich zur rein privaten Zerstreuung, Denksportaufgaben und Lockpicking, aber dann begann die Gruppe, unter ihren Kollegen zu missionieren. Die Vereinigung heißt IAS .«
Weinberger runzelte die Stirn: »Nie gehört.«
»Das wundert mich, Walt! Meinen Erkenntnissen nach treibt sie auch bei euch massiv ihr Unwesen. Ich meine damit die höchst unerfreuliche Entwicklung namens Toggle Democracy.«
Weinberger winkte gequält ab: »Da ist nichts!«
»Nein?«, bohrte Archibald Wooster nach. »Wirklich? Unsere regelmäßigen Datensurveys sagen etwas anderes. Dieser Service «, er spuckte das Wort fast wie ein Schimpfwort aus, »wird inzwischen fast so häufig aufgerufen wie die normale Suchfunktion von Toggle, vor dem großen Rätselraten.«
»Da ist gar nichts!«, wiederholte Weinberger, noch gequälter. »Archie, ich stoße an meine Grenzen! Die Macht liegt bei Grin und Cage. Obwohl die auch nicht wissen, wer dieses Feature aufgesetzt hat, haben sie beschlossen, sein Schicksal von den Nutzern bestimmen zu lassen. Wenn die es wollen, bleibt es. Denn was erwünscht ist, ist gut, und was gut ist, passt zu Toggle. Don’t be evil! Auf diesem Prinzip beruht der gesamte Erfolg der Firma. Ohne meine Tarnung auffliegen zu lassen, kann ich daran nicht rütteln.«
Archibald Wooster schien von der Antwort wenig befriedigt. Er zog eine Schublade auf, griff nach einem Schnellhefter und knallte ihn Weinberger vor die Nase: »Du kennst die Herren!«
Walter Weinberger las die Namen, die unter den Fotos des schmalen Dossiers standen:
Prof. John Frigg, Boston
Prof. Grigori Blavatnik, Moskau
Prof. Joachim Sterzel, Dresden
Prof. Reimar Dijkerhoff, Karlsruhe
Prof. Henry Fienkelbart, Jerusalem
Prof. Helene Siebenhofer, Wien
Prof. Peter Goodrick-Clark, London
Prof. Alexandre Ranchin, Paris
»Moment mal«, stammelte er.
»Walter, warum hast du diese Kerle protegiert? Warum hast du sie eingeladen, sich auf Toggles Kosten zu profilieren!«
»Nicht ich! Das war eine Mitarbeiterin in Deutschland, Melissa Stockdale. Sie lud all diese Typen ein.«
»Melissa Stockdale, tief in die Sache verstrickt, jetzt tot«, resümierte Archibald Wooster. »Ihr Nachfolger –«
»Der hat die Liste der Eierköpfe zusammengestellt!«, warf Weinberger rasch ein.
»… scheint sauber zu sein. Aber seine Frau wiederum ist Mitglied der IAS . Die
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