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Tokio Killer - 02 - Die Rache

Tokio Killer - 02 - Die Rache

Titel: Tokio Killer - 02 - Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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burgunderroten Krawatte. Alles in allem machte er einen unauffälligen, gepflegten Eindruck. Er wirkte eher britisch als amerikanisch, eher wie ein Topmanager als ein Meisterspion.
    Er saß an einem der Tische am Fenster, das Profil zur Straße hin, was für mich sehr aufschlussreich war: Er achtete nicht auf seine Umgebung. Ihm war nicht klar, dass eine Glasscheibe für einen Scharfschützen oder auch nur für einen herkömmlichen Schützen kein Hindernis darstellte. Er dachte wie ein Zivilist, nicht wie ein Spion. Einen Moment lang beobachtete ich ihn heimlich. Vermutlich besaß er ein hohes Maß an angeborener Intelligenz, in die er sich flüchtete, wenn er sich den Anforderungen der realen Welt nicht gewachsen fühlte. An teuren Unis hatte er einiges über Bürokorridore und nichts über die Straße gelernt. Eine leidenschaftslose, aber erträgliche Ehe mit einer Frau, die ihm die gewünschten zwei oder drei Kinder geboren hatte und ihm pflichtgetreu von einem Karriereposten zum nächsten gefolgt war, während sie ihr wachsendes Gefühl von Leere und aufkeimender Verzweiflung hinter einem Cocktailpartylächeln verbarg und sich immer häufiger mit einer gekühlten Flasche Chablis oder Chardonnay über die langen, stillen, trägen Nachmittage hinwegtröstete.
    Ich ging hinein. Die Tür öffnete und schloss sich mit einem deutlich hörbaren Klacken, doch Biddle schaute nicht mal auf, um nachzusehen, wer hereingekommen war.
    Ich ging über den dunklen Holzboden, unter Art-déco-Lüstern hindurch, um viktorianische Tische und Stühle herum, an einem Flügel vorbei. Erst als ich schon direkt vor ihm stand, hob er den Blick von der Zeitung. Es dauerte eine halbe Sekunde, bis er mich erkannte. In dem Moment fuhr er zusammen. «Ach du Scheiße!», stammelte er.
    Ich nahm ihm gegenüber Platz. Er wollte aufstehen. Ich drückte ihm fest eine Hand auf die Schulter und hielt ihn zurück.
    «Bleiben Sie sitzen», sagte ich leise. «Halten Sie Ihre Hände so, dass ich sie sehen kann. Ich will mich nur mit Ihnen unterhalten. Wenn ich sie umbringen wollte, wären Sie schon tot.»
    Seine Augen traten vor. «Ach du Scheiße!», sagte er erneut.
    «Beruhigen Sie sich», riet ich ihm. «Sie haben nach mir gesucht. Da bin ich.»
    Er atmete jäh aus und schluckte. «Tut mir Leid», sagte er. «Ich habe bloß nicht damit gerechnet, Sie so überraschend zu sehen.»
    Ich wartete.
    «Also gut», sagte er nach einem Moment. «Als Erstes sollte ich klarstellen, dass das hier nichts mit William Holtzer zu tun hat.»
    Ich wartete weiter.
    «Ich meine, er hatte nicht gerade viele Anhänger. Niemand vermisst ihn.»
    Ich schätzte, dass nicht mal Holtzers eigene Familie ihn vermisste. Ich wartete noch immer.
    «Also, was wir wollen, der Grund, warum wir nach Ihnen gesucht haben, ist folgender», fuhr er fort. «Wir möchten, dass Sie die Aktivitäten einer bestimmten Person unterbinden.»
    Ein neuer Euphemismus, dachte ich. Wie aufregend.
    «Wer?», fragte ich, um ihm zu zeigen, dass er endlich auf der richtigen Spur war.
    «Nicht so schnell, bitte. Bevor wir darüber sprechen, muss ich wissen, ob Sie interessiert sind.»
    Ich sah ihn an. «Mr. Biddle, ich bin sicher, Sie wissen, dass ich ein wenig wählerisch bin, wessen Aktivitäten ich ‹unterbinde›. Wenn ich also nicht weiß, um wen es sich handelt, kann ich Ihnen auch nicht sagen, ob ich interessiert bin oder nicht.»
    «Es ist ein Mann. Ein Hauptakteur.»
    Ich nickte. «Gut.»
    «Heißt das, Sie sind interessiert?»
    «Es heißt, Sie haben mich bislang nicht desinteressiert gemacht.»
    Er nickte. «Sie kennen den Mann, um den es geht. Sie sind ihm kürzlich begegnet, als er einen Bekannten von Ihnen beschattet hat.»
    Nur meine geübte Zurückhaltung verhinderte, dass ich mir meine Überraschung anmerken ließ.
    «Genauer», sagte ich.
    «Kanezaki.»
    «Warum?»
    Er runzelte die Stirn. «Was soll das heißen, warum?»
    «Sagen wir, meine glücklose Geschichte im Umgang mit Ihrer Organisation macht ein größeres Maß an Offenlegung erforderlich, als das sonst der Fall wäre.»
    «Tut mir Leid, aber mehr kann ich Ihnen nicht sagen.»
    «Tut mir Leid, aber das werden Sie müssen.»
    «Weil Sie sonst den Job nicht wollen?»
    «Weil ich sonst Ihr Leben will.»
    Er erbleichte, behielt aber ansonsten die Fassung. «Ich glaube, Drohungen sind in diesem Gespräch überflüssig», sagte er. «Es geht hier um ein geschäftliches Angebot.»
    «‹Drohungen›», sagte ich in nachdenklichem Tonfall.

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