Tokio Killer - 02 - Die Rache
von Yukikos Haus. Die Angelschnur und das durchsichtige Klebeband nahm ich mit, alles Übrige ließ ich in der Tüte zurück. Direkt über dem Rolltor war eine Überwachungskamera montiert. Ich machte einen großen Bogen um sie herum und näherte mich dann wieder von der Seite, die weiter von der Straße entfernt lag. Die Ecke des Gebäudes ragte ein paar Zentimeter vor, vermutlich aus ästhetischen Gründen. Ich machte mich ganz klein und nutzte den Vorsprung als Deckung. Wer hier rein- oder rausfuhr, würde mich wohl kaum bemerken. Falls doch, würde er mich bloß für irgendeinen Penner halten, der wahrscheinlich seinen Rausch ausschlief. Die Verkleidung war meine Absicherung für das kleine Restrisiko, dass jemand die Polizei verständigte. Falls eine Streife kam, um nach dem Rechten zu sehen, wären mein Aussehen und mein Geruch für die Beamten sicherlich ein starker Anreiz, mich einfach zu verscheuchen und es dabei bewenden zu lassen.
Es war spät, und es waren kaum noch Leute unterwegs. Nach fast einer Stunde hörte ich das Geräusch, auf das ich gewartet hatte: Ein Wagen rollte in die Einfahrt.
Ich hörte ihn vor dem Tor halten, den Motor im Leerlauf. Ich stellte mir vor, wie der Fahrer das Fenster herunterließ und eine Magnetkarte in das Lesegerät schob. Einen Moment später vernahm ich das mechanische Quietschen des Rolltors, das nach oben glitt. Ich zählte bis zehn, das Geräusch verklang und der Wagen fuhr hinein.
Wieder setzte das mechanische Quietschen ein. Ich zählte fünf Sekunden ab, weil ich davon ausging, dass das Tor, unterstützt von der Schwerkraft, auf dem Weg nach unten schneller war. Dann sprang ich aus meiner Deckung, ging zum Tor, ließ mich fallen und rollte mich darunter hinweg.
Ich blieb auf dem Rücken liegen, um möglichst unsichtbar zu sein, hob den Kopf und sah mich um. Die Garage bildete ein großes Rechteck. Autos parkten an allen vier Wänden und in einer Doppelreihe in der Mitte. Der Wagen, der gerade angekommen war, fuhr im selben Moment auf einen Parkplatz in einer der mittleren Reihen. Ich ging in die Hocke und huschte geduckt hinter das nächste Auto.
Die Aufzüge und eine Tür mit der Aufschrift «Treppe» befanden sich in der rückwärtigen Wand des Rechtecks, gegenüber dem Rolltor, durch das ich gekommen war. Ein Mann stieg aus dem Wagen, ging zu den Aufzügen und drückte einen Knopf. Sekunden später öffnete sich die Tür. Er trat ein, und die Tür schloss sich hinter ihm.
Ich sah mich um. Alle paar Meter standen Stützpfeiler aus Beton. Ich entdeckte keine Rampen, also konnte es nur ein Parkdeck geben. Größe und Lage ließen darauf schließen, dass es einzig für die Bewohner des Hauses darüber bestimmt war.
Im Idealfall hätte ich Yukiko in dem Augenblick erwischt, wenn sie aus dem Auto stieg. Aber ich wusste nicht, welcher Parkplatz ihrer war, und falls ich mich verschätzte und zu weit entfernt war, könnte sie mich leicht kommen sehen. Die einzige eindeutige Schwachstelle bildeten die Aufzüge. Ich beschloss, meine Falle dort aufzubauen.
Ich suchte die Garage nach Kameras ab. Ich entdeckte lediglich eine große Überwachungsanlage mit zwei Kameras an der Decke, direkt vor den Aufzügen. Eine war auf die Aufzüge gerichtet, die andere auf die Garage. Außer bei Hochsicherheitsanlagen, wo die Bilder in Echtzeit von Wachleuten kontrolliert werden, zeichnen Überwachungskameras normalerweise auf ein Band auf, das alle vierundzwanzig Stunden neu überspielt wird, es sei denn, es passiert irgendetwas, das eine Überprüfung erforderlich macht. In einem Wohnhaus wie diesem hier konnte ich getrost davon ausgehen, dass im Augenblick niemand die Garage überwachte. Aber ganz sicher würden sie sich die Bänder am nächsten Tag ansehen. Ich war froh, dass ich mich bis zur Unkenntlichkeit verkleidet hatte.
Vor den Aufzügen war ein U-förmiges Metallgeländer mit drei Durchgängen montiert. Vermutlich sollten die Bewohner gezwungen werden, für den Transport großer Gegenstände einen Lastenaufzug zu benutzen. Für mich würde das Geländer einen besseren Zweck erfüllen.
Ich holte die Angelschnur hervor und band sie in Kniehöhe an den linken Endpunkt des U. Dann führte ich die Schnur über den Boden um die Eckpunkte und den rechten Endpunkt des U, sodass jeder Durchgang erfasst war. Ich befestigte sie leicht mit dem durchsichtigen Klebeband am Boden und ging dann zum nächstgelegenen Stützpfeiler, wobei ich die Schnur abrollte.
Ich hockte mich nieder,
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