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Tokio Killer - 02 - Die Rache

Tokio Killer - 02 - Die Rache

Titel: Tokio Killer - 02 - Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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holte meinen Schlüsselbund heraus und kappte die Schnur mit einem Schlüssel. Die restliche Rolle steckte ich zusammen mit dem Klebeband in die Hosentasche und wickelte mir das lose Ende um eine behandschuhte Hand. Ich stand auf und richtete den Spiegel so aus, dass ich das Garagentor beobachten konnte, ohne aus der Deckung des Pfeilers treten zu müssen.
    In dieser Position wartete ich etwa eine Stunde. Zweimal hörte ich das Garagentor und schaute in meinen Spiegel. Beim ersten Mal war es ein blauer Saab. Dann ein schwarzer Nissan. Das dritte Auto war weiß. Ein BMW. Ein M3.
    Mein Herz schlug schneller. Ich atmete langsam aus und umfasste das Ende der Angelschnur.
    Ich lauschte, während das Auto näher kam. Ich hörte es nur wenige Meter entfernt anhalten. Sie hatte einen guten Parkplatz. Bezahlte wahrscheinlich mehr dafür.
    Ich hörte die Wagentür aufgehen und zufallen. Dann das Klacken der Zentralverriegelung. Ein Blick in den Spiegel bestätigte, dass es Yukiko und dass sie allein war. Zweimal Volltreffer.
    Sie trug einen schwarzen Trenchcoat und hochhackige Schuhe. Den Handtaschenriemen hatte sie um den Hals und einen Arm geschlungen. Nicht gerade das ideale Outfit für eine schnelle Reaktion oder Abwehr. Aber es sah gut aus.
    Ich bemerkte, dass ihre rechte Hand um eine kleine Dose geschlossen war. Wahrscheinlich Tränengas oder Pfefferspray. Eine Frau, spät nachts, in einer Tiefgarage – vielleicht war das für sie nicht weiter ungewöhnlich. Aber ich hatte so das Gefühl, dass sie an Harry dachte – und an mich. Gut.
    Sie ging rasch. Ich beobachtete, wie sie sich dem Metallgeländer näherte. Mein Atem ging in lautlosen, flachen Zügen. Eins. Zwei. Drei.
    Ich riss jäh an der Schnur. Sie schnellte aus ihrer Klebebandbefestigung auf Kniehöhe, und ich hörte Yukiko erschreckt aufschreien, als sie darüber stolperte. Vielleicht hätte sie das Gleichgewicht halten können, aber ihre schicken Pumps waren auf meiner Seite. Ich trat hinter dem Pfeiler hervor und sah gerade noch, wie sie auf den Boden schlug.
    Ich steckte den Schlüsselbund zurück in die Hosentasche und sprintete zu ihr hin. Als ich bei ihr war, war sie schon wieder auf allen vieren. Noch immer hielt sie die Dose in der Hand. Ich trat ihr mit Wucht aufs Handgelenk, und sie schrie auf. Ich bückte mich und riss ihr die Sprühdose aus den Fingern. Rasch warf ich einen Blick darauf – Oleoresin Capsicum, 17%. Pfefferspray. Das richtig gute. Ich schob es in eine Hosentasche und zerrte sie rüber zum nächsten Wagen, weg von den Kameras.
    Ich rammte sie gegen die Beifahrertür. Sie blickte verängstigt, aber ich sah kein Wiedererkennen in ihren Augen. Bei meiner Verkleidung hielt sie mich vielleicht für einen Räuber oder Vergewaltiger.
    «Erinnerst du dich nicht an mich, Yukiko?», fragte ich. «Wir haben uns im Damask Rose kennen gelernt. Ich bin Harrys Freund. War sein Freund.»
    Einen Moment lang runzelte sie die Stirn, als sie versuchte, das, was sie sah, mit dem, was sie hörte, in Einklang zu bringen. Dann fiel der Groschen. Ihr Mund klappte auf, gab aber keinen Laut von sich.
    «Wo finde ich Murakami?», fragte ich.
    Sie schloss den Mund. Sie atmete schnell durch die Nase, doch ansonsten gelang es ihr, jedes äußere Anzeichen von Angst zu unterdrücken. Ich hätte sie fast für ihre Haltung bewundert.
    «Wenn du den Morgen noch erleben willst, erzählst du mir, was ich wissen will», sagte ich.
    Sie sah mich an, sagte aber nichts.
    Ich verpasste ihr einen Aufwärtshaken in den Bauch, gerade, dass er wehtat, aber nicht zu fest. Sie sollte noch reden können. Sie keuchte und kippte nach vorn.
    «Den nächsten kriegst du in dein schönes Gesicht», sagte ich. «Wenn ich mit deiner Nase, deinen Zähnen und Augen fertig bin, sind deine Zeiten als Tänzerin vorbei. Eines will ich wissen: Wer hat ihn umgebracht? Warst du es oder war es Murakami?»
    Im Grunde war es mir scheißegal, was sie antworten würde. Ich würde ihr ohnehin kein Wort glauben. Aber ich wollte ihr Gelegenheit geben, sich zu verteidigen, sodass sie vielleicht glaubte, ich würde sie am Leben lassen.
    «Es war … er war es», keuchte sie.
    «Okay. Sag mir, wo ich ihn finde.»
    «Ich weiß es nicht.»
    «Denk lieber gut nach!»
    «Er ist schwer zu finden. Ich weiß nicht, wie ich ihn erreichen kann. Er taucht bloß immer mal wieder im Club auf.»
    Sie schaute über meine Schulter zum Garagentor. Ich schüttelte den Kopf. «Ich weiß, was du denkst», sagte ich. «Wenn du

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