Tokio Killer - 02 - Die Rache
die wegen des Erlebnisses geschätzt werden, wird das Sento nie völlig verschwinden. Denn in den gemächlichen Ritualen des Abschrubbens und Einweichens und in der Aussicht auf eine tiefe Entspannung, wie sie nur durch das Eintauchen in kochend heißes Wasser erreicht wird, stecken Elemente von Hingabe und Feierlichkeit und Meditation, Elemente, die für ein lebenswertes Leben unverzichtbar sind.
Das Ginza-yu liegt in einiger Entfernung zu dem gleichnamigen Einkaufs- und Glitzerviertel, fast schüchtern versteckt im Schatten der Takaracho-Schnellstraße, und macht nur durch ein verblasstes, handgemaltes Schild auf seine Existenz aufmerksam. Ich wartete in einem Hauseingang auf der anderen Straßenseite, bis ich Tatsu in einem Zivilwagen vorfahren sah. Er parkte am Straßenrand und stieg aus. Sobald er um die Ecke im Seiteneingang des Badehauses verschwunden war, folgte ich ihm.
Er sah mich, als ich hinter ihm eintrat. Er hatte sich schon die Schuhe ausgezogen und wollte sie gerade in einen der kleinen Spinde hinter dem Eingang stellen.
«Erzähl mir, was du rausgefunden hast», sagte er.
Ich trat einen Schritt zurück, als sei ich gekränkt. Er blickte mich lange an, seufzte dann und fragte: «Wie geht es dir?»
Ich bückte mich und zog meine Schuhe aus. «Gut, danke der Nachfrage. Und selbst?»
«Sehr gut.»
«Deiner Frau? Deinen Töchtern?»
Bei der Erwähnung seiner Familie musste er unwillkürlich lächeln. Er nickte. «Alle sind wohlauf. Danke.»
Ich grinste. «Ich erzähle dir mehr, wenn wir drinnen sind.»
Wir verstauten unsere Schuhe. Ich hatte in einem kleinen Laden um die Ecke die erforderlichen Utensilien gekauft – Shampoo, Seife, Waschlappen und Handtücher – und reichte Tatsu beim Reingehen alles, was er brauchte. Wir bezahlten die staatlich vorgeschriebenen und subventionierten vierhundert Yen pro Kopf, stiegen die breite Holztreppe zum Umkleidebereich hinauf, zogen uns in einem schmucklosen Raum aus und traten dann durch die gläserne Schiebetür in das Bad. Der Badebereich war leer – der Hauptandrang würde erst gegen Abend einsetzen – und wie der Umkleideraum fast spartanisch in seiner Schlichtheit: ein großer rechteckiger Raum, eine hohe Decke, weiß geflieste, vom Kondenswasser tropfnasse Wände, grelles Neonlicht und ein Abluftventilator, der durch seinen langen und aussichtslosen Kampf gegen den Dampf im Innern irgendwie verloren wirkte. Das einzige Zugeständnis an eine nicht rein zweckgebundene Ästhetik war ein großes, buntes Mosaik an der Wand über dem eigentlichen Bad. Wir setzten uns, um uns abzuschrubben.
Wichtig dabei war, die vom Sento bereitgestellten kleinen Plastikeimer mit immer heißerem Wasser zu füllen und über Kopf und Körper zu schütten. Wenn man nur lauwarmes Wasser nahm, war das Entspannungsbecken, in das man hinterher stieg, am Anfang unerträglich heiß.
Tatsu beendete seine Reinigung mit der für ihn typischen Abruptheit und stieg vor mir ins Becken. Ich brauchte ein wenig länger. Als ich soweit war, ließ ich mich neben ihm hinab. Sofort spürte ich, wie meine Muskeln versuchten, vor der Hitze zurückzuweichen, und ich wusste, dass sie ihren vergeblichen Kampf gleich darauf einstellen und sich köstlicher Entspannung hingeben würden.
«Yappari, kore ga saiko da na?», sagte ich zu ihm, als ich spürte, wie ich entkrampfter wurde. Herrlich, nicht wahr?
Er nickte. «Ein ungewöhnlicher Ort für eine Besprechung. Aber ein guter.»
Ich sank tiefer ins Wasser. «Du hast so viel Tee getrunken, deshalb dachte ich, dir wäre ein Treffpunkt recht, der gut für deine Gesundheit ist.»
«Ah, das war rücksichtsvoll von dir. Und ich dachte, das wäre vielleicht deine Art, mir zu zeigen, dass du nichts zu verbergen hast.»
Ich lachte. Ich berichtete ihm von dem Dojo und den illegalen Kämpfen und von Murakamis Verbindung zu beidem. Ich lieferte ihm meine Einschätzung von Murakamis Stärken und Schwächen: einerseits tödlich, andererseits unfähig, nicht aufzufallen.
«Du sagst, die Veranstalter dieser Kämpfe verlieren Geld», sagte er, als ich fertig war.
Ich betrachtete das Wandbild mit halb geschlossenen Augen. «Nach dem, was Murakami mir erzählt hat, ja. Bei drei Kämpfen pro Abend mit zwei Millionen Yen Prämie für die Sieger plus laufende Kosten müssen sie Verlust machen. Auch an den Abenden, wo nur zwei Kämpfe stattfinden, oder auch nur einer, können sie dabei mit kaum mehr als plus minus Null rauskommen.»
«Was sagt dir das?»
Ich
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