Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Titel: Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
Vom Netzwerk:
festzustellen. Ich sah Delilah gleich, als sie durch den Ausgang kam. Sie trug einen marineblauen Hosenanzug und braune Pumps, die langen blonden Haare zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden. Über die linke Schulter hatte sie den Träger einer Krokodilledertasche geschlungen, die bequem auf der gegenüberliegenden Hüfte ruhte. Was sie ausstrahlte, war gutes Aussehen, Geld, Selbstvertrauen, Stil. Ich wusste, dass sie sehr viel mehr zu bieten hatte, aber dieses Image verkörperte sie gekonnt.
    Ich griff in meine Tasche und stellte das Funkgerät aus, dann schaltete ich den winzig kleinen Senderdetektor ein, den Harry für mich in Tokio gebastelt hatte und auf den ich mich seitdem verlasse. Ersteres hätte Letzteren ausgelöst, und ich wollte sichergehen, dass Delilah keinen Sender trug.
    Sie blickte sich um, sah mich und lächelte. Ich spürte, wie sich bei mir unter der Gürtellinie etwas regte, wie ein schlafender Hund, der auf einen verlockenden Duft reagiert, und ich dachte: Platz, mein Junge. Bring mich nicht in Verlegenheit.
    Sie kam zu mir und stellte die Tasche ab, beugte sich dann vor und küsste mich leicht auf den Mund. Ich schlang die Arme um sie und zog sie an mich. Sie roch so wie beim ersten Mal, als ich sie geküsst hatte, sauber und frisch, mit einem betörenden Hauch von irgendeinem Parfüm, das ich nicht benennen konnte. Ihre Wärme, das Gefühl, sie zu spüren, ihr Geruch, das alles schien irgendwie unter meine Kleidung zu kriechen, und in dem Gedränge um uns herum war die Umarmung plötzlich privat, konzentriert, fast nackt in ihrer Intimität.
    Sie zog den Kopf zurück und sah mich an, eine Hand in meinem Nacken, während die andere sich sanft auf meine Brust senkte. Der Hund wurde jetzt richtig wach. Jeden Augenblick würde das dämliche Tier sich aufsetzen und betteln. Ich wich zurück und blickte sie an.
    Sie lächelte, ihre kobaltblauen Augen leuchteten amüsiert. »Ist das jetzt die Stelle, wo ich fragen müsste: >Hast du da eine Pistole in der Tasche oder freust du dich einfach, mich zu sehen?<
    Ich spürte, wie ich rot wurde. »Eindeutig Letzteres.« Sie lachte. »Wohin fahren wir?«
    Der Senderdetektor schlummerte friedlich in meiner Tasche. Sie war nicht verdrahtet. Ich nahm eine lässige Haltung ein, schob die Hände in die Hose. Ich schaltete den Senderdetektor aus und das Funkgerät ein. Ich hörte ein leises Zischen im Gehörgang, in dem das hautfarbene Gerät steckte.
    »Ein kleines Hotel in Phuket, das ich kenne«, sagte ich.
    »Wunderbar! Ich habe gehört, es soll das reinste Paradies sein. Wie sieht's denn da jetzt aus, nach dem Tsunami?«
    »Unser Hotel liegt etwas erhöht vom Strand und hat nichts abbekommen. Aber auch mit dem Rest der Insel geht es allmählich wieder aufwärts. Wie viel Zeit hast du?«
    »Drei Tage. Vielleicht mehr. Und du?«
    »Ich weiß nicht. Ich warte auf was. Ich hoffe, es dauert wenigstens ein paar Tage, bis es kommt.«
    »Na, dann wollen wir keine Zeit verlieren. Wohin als Erstes?«
    »Zu einem anderen Terminal. Unser Flug geht in einer Stunde.«
    Ich verzichtete auf den Shuttlebus und entschied mich für die Strecke zu Fuß durch den Terminal und über eine Rolltreppe auf die untere Ebene. Delilah wusste, was ich tat, sagte aber nichts. Unten hielt ich ein Taxi an und sagte dem Fahrer, er solle uns zum Terminal für die Inlandsflüge bringen. Wir waren kaum unterwegs, da hörte ich Dox in meinem Ohr: »Bislang alles in Ordnung. Sieht nicht so aus, als ob euch jemand folgt. Wenn doch, dann auf jeden Fall unauffällig. Ich fahr rüber und schau mal, ob ich irgendwelche bekannten Gesichter sehe.«
    Das Taxi hielt vor dem Terminal. Ich bezahlte, stieg aus und hielt Delilah die Tür auf, wobei ich den Blick in alle Richtungen schweifen ließ. Delilah sah, was ich tat - ich gab mir keine Mühe, es unauffällig zu machen, sie hätte es ohnehin gemerkt -, und wieder gab sie keinen Kommentar dazu ab. Dass sie nicht protestierte, stufte ich als möglichen Grund zur Beunruhigung ein. In Rio waren wir so weit gekommen, dass ich sie nicht mehr als potenzielle Bedrohung behandelte, und ich wusste, meine Bereitschaft, meine Deckung etwas herunterzunehmen, war ihr wichtig gewesen. Dass mein Misstrauen offenbar wieder da war, hätte sie eigentlich kränken und, wie ich aus Erfahrung mit ihrem gelegentlich aufbrausenden Temperament wusste, wütend machen müssen. Es sei denn natürlich, sie kannte die Gründe für meinen wiedererwachten Argwohn und versuchte

Weitere Kostenlose Bücher