Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Titel: Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
Vom Netzwerk:
im Amanpuri«, sagte er, legte die Handflächen unter dem Kinn zusammen und verbeugte sich.
    Delilah blickte sich um, dann sah sie mich an. Ihr Mund war vor Erstaunen leicht geöffnet.
    »Was ist das für ein wunderbarer Duft?«, fragte sie.
    »Sedap malam«, sagte der Page. »Stammt ursprünglich aus Indonesien. Der Name bedeutet > himmlische Nacht<, weil die Blüte nur am Abend ihren Duft preisgibt.«
    Ich lächelte und blickte Delilah an. »Und? Gefällt's dir?«
    Sie zögerte einen Moment, sagte dann: »Großer Gott.«
    »Bedeutet das ja?«
    Sie nickte und blickte sich erneut um, dann sah sie wieder mich an. Ein strahlendes Lächeln erhellte ihr Gesicht.
    »Ja«, sagte sie. »Ja, das bedeutet es.«
    Wir checkten unter dem Schrägdach der offenen Lobby ein. Eine Frau namens Aom zeigte uns rasch die Anlage - Fitnessraum, Bibliothek, Wellnessbereich. Alles war in Teakholz und Stein gehalten und fügte sich so natürlich in das hügelige Gelände ein wie die Palmen ringsherum. Ich bemerkte die zahlreichen Wachleute, die alle äußerst diskret waren. Das Amanpuri zieht viele Prominente an, und Sicherheit wird in dem Hotel großgeschrieben. Was auch für mich ein nicht unwichtiger Aspekt war. Selbst wenn Delilah ihren Leuten verriet, wo wir waren, hätten sie ein Riesenproblem, hier unangemeldet und unauffällig reinzukommen. Mit diesem Wissen und auch natürlich durch den Einfluss der berauschend schönen Umgebung entspannte ich mich allmählich. Ich hatte das Gefühl, als wäre uns eine Art Auszeit gewährt worden, in der ich vielleicht erfahren könnte, was ich wissen musste. Vielleicht konnte ich die Situation ja umdrehen, wenn es angebracht war. Ja, wir hatten schon einmal einen Interessenkonflikt gehabt, und wir hatten eine Lösung gefunden. Vielleicht gelang uns das ja erneut.
    Aom führte uns zu unserem Pavillon - Nummer 105, mit uneingeschränktem Ozeanblick. Das Zimmer war in gedämpften Farben gehalten und luxuriös. Wände, Fußboden und die schlichten Möbel waren aus Teakholz, wozu das Email einer langen Badewanne, eine Baumwolltagesdecke und übergroße, dicke Handtücher einen leuchtend weißen Kontrast bildeten. Alles schien im goldenen Licht der Sonne zu schimmern, die noch immer durch die nach Westen hin liegenden Türen des Pavillons zu sehen war.
    Delilah war halb verhungert. Daher beschlossen wir, in einem der beiden Freiluftrestaurants des Hotels zu essen. Wir nahmen einen Tisch direkt an dem Geländer mit Blick aufs Meer. Die Sonne war jetzt ganz unterhalb des Horizonts, und das Wasser war so dunkel wie der Himmel, mit nur einer rot glühenden Linie dazwischen. Das Restaurant wie überhaupt die ganze Hotelanlage verzichtete wohlweislich auf Musikberieselung und ließ stattdessen die Brise, die die Palmen sacht hin und her wiegte, und die an den Strand plätschernden Wellen für die notwendige Atmosphäre sorgen.
    Wir bestellten gebratene, mit Wasserspinat sautierte Ente, weichschalige schwarze Krabben mit Chilipaste, kurzgebratenes gemischtes Gemüse mit Tom und Chili. Als Aperitif bestellte ich für uns einen 93 er Veuve Cliquot.
    »Eins muss ich sagen«, sagte sie, als wir aßen. »Ich war schon an den schönsten Orten der Welt. Post Ranch in Big Sur. Badrutt's Palace in Sankt Moritz. Die Serengeti-Ebene. Aber das hier kann sich absolut damit messen.«
    Ich lächelte. »Es gibt nicht viele Orte, die dich alles vergessen lassen. Wo du warst, was du getan hast.«
    Sie hob die Augenbrauen. »Wo sind die anderen? Für dich?«
    Ich überlegte einen Moment. »Ein paar Stellen in Tokio, ob du's glaubst oder nicht. Aber das sind eher ... Enklaven. Oasen. Sie können dich vor dem beschützen, was um sie herum ist, aber du weißt trotzdem, dass es da ist. Das hier ... das ist ein anderes Universum.«
    Sie trank einen Schluck Champagner. »Ich weiß, was du meinst. Es gibt einen Strand in Haifa, wo ich aufgewachsen bin. Manchmal, wenn ich wieder mal da bin, suche ich mir am späten Abend dort ein ruhiges Plätzchen. Der Geruch des Meeres, der Klang der Wellen ... dann fühl ich mich wieder wie ein kleines Mädchen, unschuldig und unbefleckt. Als wäre ich allein, aber auf eine gute Art, verstehst du?«
    Mir fiel ein, was ein Freund mir mal gesagt hatte: »Wer nicht ständig von Erinnerungen begleitet wird, erlangt einen Zustand der Gnade.«
    »Gnade?«, fragte sie, den Begriff wörtlich nehmend. »Glaubst du an Gott?«
    Ich zögerte und dachte kurz an mein Gespräch mit Dox. Dann sagte ich: »Ich

Weitere Kostenlose Bücher