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Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Titel: Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Videokameras erfasst zu werden, und genauso schwierig wäre es, jemandem aus dem Hotel zu folgen, ohne ihm allzu dicht auf den Fersen zu bleiben. Gil war nicht nur misstrauisch, nein, er hatte den Verdacht, dass sie zur anderen Seite übergelaufen war.
    Einen Moment lang spürte sie die vertraute Entrüstung in sich aufsteigen. Dann begriff sie: So ganz daneben liegt er nicht.
    Sie durchquerte die Lobby und trat hinaus auf die Veranda. Gil lehnte an der Brüstung, als würde er die Touristenaussicht auf die wunderschöne Flusslandschaft bewundern. Doch kaum war sie da, drehte er sich um und sah sie. Er richtete sich auf und nickte. Als sie auf ihn zuging, bemerkte sie, dass er hinter sie blickte, dann rechts und links. Er trug ein kurzärmeliges Button-down-Hemd über der Hose, wie die meisten anderen Touristen hier auch, nur mit dem Unterschied, dass der lässige Freizeitlook es Gil erlaubte, die Pistole zu verstecken, die er dabeihatte, wie Delilah wusste. Gil war Rechtshänder, also trug er die Waffe vermutlich auf der rechten Hüfte unter dem Hemd, was hier wohl der angemessene Kompromiss zwischen Verhüllung und Erreichbarkeit war. Nicht dass es im Augenblick besonders wichtig war, all das zu registrieren - schließlich traf sie sich mit Gil, und auch wenn er ein Arschloch war, standen sie immer noch auf derselben Seite -, doch solche Beobachtungen waren für sie zur zweiten Natur geworden und liefen stets im Hintergrund, egal, mit wem sie sich traf.
    Sie ging über seinen offensichtlichen Argwohn hinweg. »Hübsch hier«, stellte sie fest .
    Er nickte und sagte nichts. Er war angespannt wie eine Sprungfeder, das spürte sie. Sie musste einen Weg finden, ihn zu beruhigen.
    »Sollen wir hierbleiben? Oder woanders hingehen?«, fragte sie. »Was ist dir lieber?«
    Er blickte sie einen langen Moment an, dann zuckte er die Achseln. »Wir können hierbleiben."
    "Gut. Ich hab Hunger.«
    Sie aßen im Verandarestaurant mit Blick auf den Fluss. Die Aussicht war wunderbar, und sie konnte sie in vollen Zügen genießen, weil Gil einen Stuhl mit dem Rücken zum Wasser nahm. Sie saß zwar nicht gern mit dem Rücken zur Tür, aber da viele ihrer Zielpersonen Sicherheitsfanatiker waren, war sie den Nachteil gewohnt. Berufsrisiko eben.
    Sie bestellten Khao Phad Goong - sie waren schließlich in Bangkok, da bot es sich an, die einheimische Küche zu probieren - und unterhielten sich. Sie erzählte, wie es gelaufen war, seit Rain sie am Flughafen in Bangkok abgeholt hatte. Sie ließ Gil die Fragen stellen. Zunächst konnte er sich die üblichen Andeutungen nicht verkneifen. Sie hatte damit gerechnet und sich vorgenommen, es zu überhören, doch als er es zu weit trieb, sagte sie unwillkürlich: »Können wir uns bitte wie Profis verhalten?« Das ernüchterte ihn anscheinend, und ihr wurde klar, dass ihre Reaktion, die echter war als die Taktik, die sie ursprünglich vorgehabt hatte, bessere Resultate zeitigte. Von da an beherrschte er sich nämlich, und sie beantwortete seine Fragen so sachlich, wie er es erwartete. Sie wollte ihm das Gefühl geben, dass sie ihm Bericht erstattete. Das wäre für ihn angenehmer. So hätte er das Gefühl, das Sagen zu haben.
    Er blickte sich häufig um. Für einen Außenstehenden mochte es so aussehen, als wollte er möglichst viel von seiner exotischen Umgebung in sich aufsaugen. Oder als würde er auf jemanden warten und ab und zu aufblicken, um zu sehen, ob derjenige nicht bald kam. Aber sie wusste, was der eigentliche Grund war. Und es missfiel ihr, dass es nicht nachließ. Sie beschloss, die Sache anzusprechen.
    »Mach ich dich nervös?«, fragte sie mit einem freundlichen, leicht amüsierten Lächeln, als er  wieder mal den Blick schweifen ließ.
    Er sah sie an. »Nein.«
    Ihr Lächeln wurde breiter, verlor aber nicht an Sanftheit. »Ich habe nur gerade gedacht, dass du mir nicht traust."
    "Ich traue niemandem.«
    Das, so vermutete sie, war die traurige Wahrheit. »Aber vor allem mir nicht«, sagte sie, als wäre das etwas, was sie bedauerte.
    »Es ist nichts Persönliches.«
    »Bist du sicher?« In ihrer Stimme schwang genau die richtige Mischung aus Traurigkeit und Unsicherheit mit.
    Er schüttelte den Kopf, aus Angst oder Unwillen, auf das Thema einzugehen. »Was könnte ihn gewarnt haben?«, fragte er.
    Sie erkannte, dass die Taktik nicht geklappt hatte. Nicht schlimm, sie würde improvisieren. Sie zuckte die Achseln. »Er ist von Natur aus paranoid. Er war derjenige, der alles

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