Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen
überwacht hat. Wir haben beobachtet, dass er sich mehr als einmal mit einem Amerikaner getroffen hat, den ich im ersten Golfkrieg als Jim Huxton kannte, der sich aber offenbar jetzt Jim Hilger nennt. Damals war Hilger bei den Third Special Forces. Die beiden Amerikaner, die Rain in Manila getötet hat, gehörten zu Hilgers Einheit. Nach dem Krieg haben sie das Militär verlassen und sind zur CIA.«
Sie war verblüfft, dass seine Kontakte so weit zurückreichten. »Du ... hast mit denen zusammengearbeitet?«
Er nickte. »Beim Aufspüren von Husseins mobilen SCUD-Abschussrampen. Ich weiß nicht, wozu sie sonst noch alles da waren. Das haben sie uns nicht verraten.«
Sie dachte nach. »Haben sie dir erzählt, dass sie zur CIA wollten?«
Er zuckte die Achseln. »Na ja. Du weißt schon, nicht so direkt. Aber Hilgers Verhalten gegenüber Lavi bestätigt das, obwohl gar keine Bestätigung mehr notwendig war. Wir haben Gespräche abgehört. Hilger hat einen CIA-Decknamen: >Top Dog<. Willst du wissen, was sie Lavi für einen Decknamen verpasst haben?«
Sie nickte.
>»Jew-boy<«, sagte er. »Donnerwetter.«
Er zuckte wieder die Achseln. »So sind wir dahintergekommen.«
»Wissen wir, was die beiden Männer in Manila von Lavi wollten?«
»Nein. Wir hatten keine Ahnung, dass sie da sein würden, sonst hätten wir Rain natürlich gewarnt.«
»Und was glaubst du, was Lavi der CIA geliefert hat?«
»Keine Ahnung. Was auch immer, sie haben es uns jedenfalls nicht verraten. Sonst hätten wir vielleicht beschlossen, dass Lavi lebendig nützlicher ist als tot, zumindest eine Zeit lang. Im Augenblick will die Regierung nur, dass Leute wie Lavi ...« Er machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Damit jemand anderes seine Stelle einnehmen kann«, sagte sie mit einem aufrichtig traurigen Lächeln.
»Du weißt ja, wie das ist. Es geht um Störfeuer und Sperrfeuer. Wenn Lavi ausgeschaltet wird, stört das die Verbindung zwischen den Netzwerken, die auf ihn angewiesen sind. Und es sperrt den Zugang zu seiner Sachkenntnis.«
Sie nickte. Der Augenblick war da, dem Gespräch wieder eine persönlichere Note zu geben. Sie würde ihm entgegenkommen, aber nicht so, wie er es sich erhoffte.
»Weißt du noch damals in Wien?«, fragte sie und sah ihn an.
Er erwiderte ihren Blick, antwortete aber nicht. Sie wusste, dass er »ja« sagen wollte, damit sie weitersprach, aber dass er fürchtete, das Wort käme einem Geständnis gleich, zu dem er nicht bereit war.
»Es ist nicht so, dass ich nicht wollte. Aber ich kann nicht. Bei Kollegen muss ich Distanz wahren. Sonst würde ich den Verstand verlieren. Kannst du das verstehen?«
Er nickte unbehaglich. Was sollte er sonst tun?
»Ich bewundere dich für das, was du tust«, fuhr sie fort. »Ich weiß, es muss schwierig sein. Das wollte ich ... das wollte ich dir bloß sagen.«
Unterschwellig hieß das: Ich würde dir gern noch so vieles mehr sagen. Wenn er sich bewundert, sogar begehrt fühlte, musste ihn das einfach milde stimmen. Oder ihn zumindest davon ablenken, dass sie ihm soeben wichtige Informationen entlockt hatte.
»Ist schon gut«, sagte er und schenkte ihr ein flüchtiges und zögerliches Lächeln.
Sie hatte ihm das Einverständnis abgerungen, dass diesmal nichts passieren würde. Und stillschweigend die Hoffnung in ihm geweckt, dass es in der Zukunft durchaus ein anderes Mal geben könnte.
Sie schenkte ihm ebenfalls ein Lächeln. Männer waren so leicht zu manipulieren.
12
ZURÜCK IN B ANGKOK checkten Dox und ich im Grand Hyatt Erawan auf der Rajdamri Road ein.
Es war nicht so diskret wie das Sukhothai, aber ich steige grundsätzlich nicht gern zweimal hintereinander im selben Hotel ab. Was dem Erawan allerdings an unaufdringlichem Charme fehlte, machte es durch die operativen Vorteile wieder wert: Es bot zahlreiche Ein- und Ausgänge auf zwei Etagen und eine gut ausgebaute Sicherheitsinfrastruktur in Form von Wachleuten und Kameras. Normalerweise betrachte ich Wachleute und Überwachungskameras als Hindernis und versuche, sie zu meiden. Aber diesmal entschied ich mich gezielt für ein Hotel, das jedem, der mir einen unerwarteten Besuch abstatten wollte, Steine in den Weg legte. Nicht dass irgendwer wusste, wo ich war, aber ich schlafe immer besser, wenn ich mehrfach abgesichert bin. Und wenn ich noch dazu in den Genuss von edelster Baumwollbettwäsche komme ... tja, so viele Vorzüge bietet mein Beruf nun auch wieder nicht. Ich nehme, was ich kriegen kann.
Wir konnten
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