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Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Titel: Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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bei der Kellnerin per Handzeichen zwei weitere Drinks, schauderte dann. »Mannomann, das war knapp. Ich würde mich ja bei dir bedanken, wenn du mich etwas früher aufgeklärt hättest und dich etwas weniger darüber amüsieren würdest.«
    »Amüsieren?«
    »Ja, ja. Sehr spaßig.« Er trank seinen Stoli und schüttelte sich.
    Ich überlegte, ihn noch weiter zu ärgern, zum Beispiel damit, dass er bei all seiner Landeskenntnis beinahe mit einem Ladyboy abgezogen wäre. Doch er wirkte so fassungslos, dass ich es bleiben ließ.
    Die Band fing wieder an. Einige Minuten später beugte Dox sich zu mir rüber und sagte: »Wenn es dich nicht stört, würde ich gern noch woandershin. Du kannst mitkommen, wenn du willst, aber ich fürchte, das Etablissement könnte nicht ganz nach deinem Geschmack sein.«
    »Mädchen, die oben ohne mit Nummern an ihrem Bikinihöschen auf Tischen tanzen?«
    »So was in der Art, ja.«
    »Gut. Wenn sie weniger anhaben, kannst du früher erkennen, ob sie ... du weißt schon.«
    Er blickte finster. »Kommst du mit?«
    »Nein, geh lieber allein. Ich möchte nicht dabei stören, wenn ein Mann versucht, seine Männlichkeit wiederherzustellen. Andererseits, wer soll dich warnen, wenn du wieder an jemanden gerätst, der ... «
    »Ich komm schon allein zurecht, du degenerierter Yankee.«
    Ich lächelte und streckte ihm die Hand hin. »Also dann. Wir reden morgen früh?«
    »Morgen früh«, sagte er, und wir schüttelten uns die Hand. Er stand auf, warf ein paar hundert Baht auf den Tisch und strebte zur Tür.
    Ich lachte in mich hinein. Es war gut, etwas in meinem Arsenal zu haben, das ich einsetzen konnte, wenn Dox mich mal wieder piesackte.
    Ich lachte wieder, ein wenig leiser. Dann fing ich an, nachzudenken. Es war trotzdem komisch gewesen, dass sie hier war. Sie hatte den Eindruck gemacht, als wolle sie sich einen Freier angeln, aber dafür war das Brown Sugar der falsche Platz. Klar, vielleicht war sie wirklich nur gekommen, um sich die Musik anzuhören, Pause zu machen, was auch immer. Aber so wie sie sich umgesehen hatte, kaum dass sie an der Bar saß, wie sie sich gleich auf Dox gestürzt hatte ...
    Vielleicht war es purer Zufall.
    Aber so wirkte es nicht. So wirkte es ganz und gar nicht.
    Ich grübelte darüber nach. Und dann begriff ich:
    Wenn jemand an dich und Dox rankommen wollte, würde er als Erstes versuchen, euch zu trennen. Wenn er schlau wäre, würde er dafür eine Methode anwenden, die dein Gespür für Ungereimtheiten in deiner unmittelbaren Umgebung stören könnte, zumindest vorübergehend. Dir etwas geben, worauf du dich konzentrierst. Zum Beispiel einen Katoey. Damit du dir sagst, genau das hat mich irritiert - sie ist eigentlich keine Frau! Oder wenn du es nicht gemerkt hättest und sie einen von euch abgeschleppt hätte ... voila, ihr wärt jedenfalls getrennt.
    Vielleicht wäre es einfacher, direkter gewesen, eine richtige Frau als Lockvogel einzusetzen. Aber ein Katoey hätte gewisse Vorteile. Ein Ladyboy könnte besser auf sich selbst aufpassen, falls er in eine Klemme geriete. Und er wäre es gewohnt, eine Rolle zu spielen, sich als jemand auszugeben, der er nicht ist, Leute zu täuschen, sie einzulullen.
    Ich spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich und mein Herz anfing zu rasen, als der Adrenalinstoß kam. Wenn Dox noch am Tisch gesessen hätte, er hätte mich ausgelacht. Doch das war mir egal. Gewisse Dinge an mir würde ich ja unserer Partnerschaft zuliebe zu ändern versuchen. Aber mein Instinkt gehörte nicht dazu.
    Ich stand auf und ging zur Tür, so schnell ich konnte, ohne aufzufallen. Ich hoffte, dass ich mich irrte, aber ich wusste, dass ich richtig lag.

13
    SOBALD ICH AUS DEM JAZZCLUB KAM, konzentrierte ich mich einen Augenblick lang auf nichts Besonderes. Ich ließ alles auf mich einwirken: die Tische auf dem Gehweg und die Gäste, die geparkten Autos, die Fußgänger.
    Eine Bewegung direkt vor mir: ein muskulöser Thai in einem schwarzen T-Shirt, Mitte zwanzig, der an einem Taxi am Straßenrand lehnte, richtete sich auf. »Sie brauchen Taxi?«, fragte er mit starkem Akzent. Er kam auf mich zu. »Ich Sie fahren. Mit Taxameter. Sehr gut.«
    Seine Hände waren leer, und er war noch über drei Meter entfernt. Ich hielt rasch nach Dox Ausschau. Er war keine halbe Minute vor mir rausgegangen, könnte also noch in der Nähe sein. Ich sah ihn nicht. Aber ich hatte keine Zeit, genauer hinzusehen oder mir Gedanken darüber zu machen, was ihm passiert sein

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