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Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Titel: Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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irgendeinem leicht aufzuspürenden Zivilisten geben, und zwar auf einem Terrain, wo sie sich gut auskannten, und wenn ich auftauchte, um das fingierte Ziel auszuschalten, würde ich in einen Hinterhalt laufen. Was im Grunde hieß, dass ich das dritte Ziel war.
    Oder vielleicht war ich auch das zweite. Vielleicht war dieser Jannick Hilgers einziges Ziel, und wenn er erledigt war, dann auch Dox. Und ich. Der Möglichkeiten waren viele, keine davon war gut.
    »Sind Sie zufrieden?«, fragte Hilger, als hätte er meine Gedanken gelesen.
    »Womit?«
    »Mit dem, was Sie in meinen Augen gesehen haben. Dass ich Dox freilasse, wenn alles erledigt ist, und Sie mir trauen können.«
    »Nein. Ich traue Ihnen nicht. Aber Ihre Augen haben mir etwas anderes verraten.«
    »Ach ja? Was denn?«
    Ich hörte ihm an, dass er fürchtete, ich könnte irgendetwas mitbekommen haben, was ich nicht erfahren sollte. Wieso sonst hätte ich auf einem Treffen bestehen wollen? Jemandem zu trauen, weil man ihm tief in die Augen geschaut hat, ist ausgemachter Unfug, obwohl der vorletzte Clown im Weißen Haus behauptet hat, er habe auf diese Weise Wladimir Putin in die Seele geblickt. Und nach dem, was im Góc Saigon passiert war, wusste er auch, dass ich ihn nicht töten würde. Worauf hätte ich also aus sein können, wenn nicht auf Informationen?
    Ich dachte an Mr Blond. Vielleicht hatte ich ihn abgeschüttelt. Vielleicht nicht. Vielleicht waren noch andere da gewesen, die ich nicht entdeckt hatte. Ich erkannte jetzt, dass ich falschgelegen hatte mit meiner Annahme, Mr Blond und mögliche andere Leute dienten lediglich als Hilgers Verstärkung oder dazu, mir eine Falle zu stellen. Mit größerer Wahrscheinlichkeit waren sie ein Plan B. Falls ich mich weigerte, Hilgers Instruktionen zu befolgen, hätten sie versucht, mich hier zu töten. Gleich danach würden sie dann Dox umbringen.
    Ich holte tief Luft, atmete dann aus. »Sie haben mir verraten, dass ich keine Wahl habe.«
    Er nickte. »Ganz richtig.«
    Ich stand auf und holte seine Messer hervor. Ich wischte sie mit einer Serviette ab – ich hinterlasse nicht gern Fingerabdrücke auf Waffen – und legte sie auf den Tisch. Er griff nicht sofort danach, was clever war. Ich legte auch Dox’ Telefon auf den Tisch. Hilger wäre bestimmt nicht so dumm gewesen, es für irgendwelche heiklen Anrufe zu benutzen, daher hätte ich nichts davon, wenn ich es behielt. Und ich wollte ihn, falls nötig, rasch erreichen können.
    »Wann werden die Informationen auf dem Bulletin Board sein?«, fragte ich.
    »Sie sind schon drauf.«
    Ich sah ihn an. Vorläufig war der Drang, ihn zu töten, in den Hintergrund gerückt, genau wie wenn einem der Appetit vorübergehend vor lauter Hunger vergeht.
    »Ich melde mich, wenn die Sache erledigt ist«, sagte ich.
    Er nickte. »Ich weiß.«
    Ich drehte mich um und ging. Die verdammten Frühlingsrollen sollte er selbst bezahlen.

10
    DOX SASS AUF DER Koje in der engen, fensterlosen Bootskabine, das Licht ausgeschaltet, die Augen geschlossen, ein kleines Lächeln auf dem Gesicht. Er hatte sich selbst längst jeden Witz erzählt, den er kannte, dreimal hintereinander, seine Lieblingswitze sogar vier- oder fünfmal. Er hatte sich den Grundriss seines Elternhauses in Erinnerung gerufen und sich vorgestellt, es zu bauen, angefangen vom Fundament, dann Stein für Stein bis hinauf zum Dach und dem Innenausbau. Jetzt versuchte er, sich an den Namen jeder Frau zu erinnern, mit der er je geschlafen hatte, was aber einfach nicht möglich war, weil es doch, nun ja, ziemlich viele gewesen waren. Die ersten zehn fielen ihm ja noch ein, obwohl es lange her war, aber sobald er in zweistellige Höhen kam, wurde es knifflig. Er probierte eine andere Methode, konzentrierte sich ausschließlich auf die, die das Glück gehabt hatten, ihm ihre Jungfräulichkeit zu schenken. Aber auch diese Liste war einigermaßen lang. Er wusste, er würde sich niemals an alle erinnern können, und das war traurig. Aber der Versuch machte trotzdem Spaß, und schließlich hatte er hier ja auch nichts anderes, womit er sich gedanklich beschäftigen konnte.
    Er war gefesselt wie ein Strafgefangener, mit Hand- und Fußschellen, beides verbunden durch eine Kette. Die Kette war von der Länge her auch nicht gerade großzügig bemessen. Er konnte beim Gehen nur kleine Trippelschritte machen und noch dazu vornübergebeugt wie ein alter Mann. Wenn ihm die Nase juckte, musste er das Gesicht an der Wand reiben, um sich zu

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