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Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Titel: Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Amerika. Da zerfällt alles, haben Sie das nicht bemerkt? Und was soll man tun, wenn einem das nicht gleichgültig ist? Auf der Straße demonstrieren? Briefe an unsere korrupten Politiker schreiben? Was?«
    Meiner Erfahrung nach sind Menschen, die ihre politischen Ansichten nur in Metaphern und leidenschaftlichen Verallgemeinerungen zum Ausdruck bringen können, Fanatiker. Vielleicht zählte auch Hilger dazu. Oder vielleicht versuchte er, seine wahren Loyalitäten zu verschleiern oder die Tatsache, dass er gar keine hatte. Oder aber dieses ganze Gespräch diente allein dem Zweck, mich aus der Reserve zu locken, Informationen über mich zu gewinnen. Oder alles zusammen.
    »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Was soll man denn tun?«
    Therapeuten nennen das Reflexion: die Worte des Patienten wiederholen, als Frage umformuliert. Ich hatte damals bei der Army viel zu oft mit irgendwelchen Psycholeuten zu tun gehabt und fand die Methode bescheuert und nervig. Außerdem ist sie so simpel, dass das inzwischen selbst Computerprogramme können. Aber sie kann ein Gefühl von Empathie erzeugen – oder in diesem Fall die Illusion von Empathie – und bewirken, dass eine Person sich öffnet.
    Bei Hilger funktionierte es nicht. Er sagte bloß: »Man tut, was man kann.«
    Was in seinem Fall eine ganze Menge war, wie ich vermutete.
    Ich wartete ab, hoffte, er würde irgendwas hinzufügen, das ich verwenden konnte. Schließlich sagte er: »Ein Jammer, dass das mit uns beiden so ablaufen muss. Ich respektiere Sie. Wir sollten zusammenarbeiten. Ich arbeite mit etlichen Leuten wie Sie.«
    »Wie bin ich denn?«
    Er zuckte die Achseln. »Clever. Unabhängig. Mit so viel Durchblick, dass Sie wissen, wie der Hase wirklich läuft.«
    Ich spürte, dass er mich manipulieren wollte, wusste aber nicht, in welche Richtung. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    »Doch, das wissen Sie. Sie wissen, Demokratie ist bloß eine hübsche Fassade. Und um ihr Überleben zu gewährleisten und ihren Schein zu bewahren, haben gewisse Männer schon immer Dinge getan, die sonst niemand wissen darf.«
    »Mordanschläge.«
    »Genau.«
    »Staatsstreiche.«
    »Sicher.«
    »Kidnapping?«
    Er zuckte die Achseln. »Wir nennen das ›außergewöhnliche Überführungen.‹«
    »Abu Ghraib.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich rede nicht von Abu Ghraib. Abu Ghraib ist nämlich genau der falsche Ansatz. Die Leute sagen, was da passiert ist, ist unmoralisch. Scheiße, es ist schlimmer als unmoralisch. Es ist inkompetent. Das Ganze war bloß ein Angelausflug. Im großen Stil und sanktioniert. Und sobald es publik wurde, wie vorherzusehen war, mussten wir hektisch in die andere Richtung rudern, wegen der ganzen Empörung in den Medien.«
    »Der Vizepräsident hat doch gesagt, Waterboarding sei nicht ›der Rede wert‹. Und das war nach Abu Ghraib.«
    »Glauben Sie mir, vor Abu Ghraib hatten die richtigen Leute wesentlich mehr Freiheiten. Außerdem weiß der Vizepräsident nicht, wovon er redet. Keiner von denen weiß das. Das ist der springende Punkt. Solange solche Typen im Rampenlicht stehen, muss das Richtige mehr denn je im Dunkeln geschehen.«
    Okay, der Tenor war also: Du und ich, wir sind die Profis, und alle anderen sind unfähig. Wenn er glaubte, das würde ihn retten, wenn die Sache hier ausgestanden war, täuschte er sich.
    Ich sah ihn an. »Ach ja? Und woher wissen Sie, wann es richtig ist?«
    Er erwiderte den Blick. »Wenn es notwendig ist.«
    »Und wann ist das?«
    »Wenn man etwas braucht und es keinen anderen Weg gibt, es zu bekommen.«
    »Woher wussten Sie, dass es in diesem Fall keinen anderen Weg gab? Sie haben mich nicht gefragt.«
    »Manche Sachen weiß man einfach.«
    »Fragen Sie mich doch jetzt.«
    Er schüttelte den Kopf. »Jetzt frage ich nicht. Ich sage es Ihnen. Deshalb musste es über Dox laufen. Weil es getan werden muss.«
    Ein langer, schweigsamer Moment verstrich. Ich versuchte, nicht an Dox zu denken. Das half mir, das latente Verlangen, Hilger zu töten, vorläufig zu bändigen.
    »Also gut«, sagte ich. »Sagen Sie mir, was Sie wollen.«
    Er sah sich um, beugte sich dann vor. »Drei Aufträge, wie ich gesagt habe. Wenn Sie den ersten erledigt haben, erteile ich Ihnen den zweiten. Wenn Sie den zweiten erledigt haben, erteile ich Ihnen den dritten. Wenn Sie den dritten erledigt haben, lasse ich Dox frei.«
    Ich sah ihn an. Was ich dann sagte, war halb an Hilger gerichtet, halb an den Eismann, um ihn zu beschwichtigen.
    »Wenn Sie ihm irgendwas

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