Tokio Vice
sagen?«
Maki war überrascht, entweder wegen meiner Frage oder wegen meiner Wut. Er zuckte richtig zusammen, und die anderen Reporter zogen sich von mir zurück, als wäre ich ein tollwütiger Hund. Dann räusperte sich Maki und erklärte: »Es ist meine Aufgabe, meinen Mandanten zu verteidigen, und es gibt keinen Zweifel daran, dass Goto-san nichts Illegales getan hat und dass ...«
Während er weiterredete, drehte ich mich um und ging. Wenige Sekunden später hörte ich die Journalisten kichern. Vermutlich hatte Maki einen Witz auf meine Kosten gemacht, und ein bisschen fühlte ich mich auch selbst wie eine Witzfigur. Aber ich hatte gesehen, wie er zusammengezuckt war, und das fühlte sich gut an.
Am Tag nach dem Prozess machte ich mich wieder an die Arbeit. Ich sammelte alle meine Notizen und gab sie Reportern, die ich kannte und denen ich vertraute. Einige kannte ich zwar, vertraute ihnen aber nicht. Mir ging es nicht um den Erfolg. Ich wollte nur, dass die Geschichte gedruckt wurde, und es war mir egal, wer die Lorbeeren dafür erntete.
Während ich das tat, wurde ich mit einem ernsten Problem konfrontiert.
Einige Beamte der Nationalen Polizeibehörde kamen vorbei, um etwas mit mir zu trinken. Einen von ihnen, Akira-kun, kannte ich schon lange. Zum Glück war Alien Cop für ein Jahr in die NPA versetzt worden und arbeitete nun in der Abteilung für das organisierte Verbrechen. Er brachte eine riesige Flasche Sake mit. Asako, eine gute Freundin aus meiner College-Zeit, die mich gelegentlich bei meinen Recherchen unterstützte, war ebenfalls anwesend. Sie flirtete mit den Polizisten und riss Witze. Wir saßen mit gekreuzten Beinen im Tatami-Raum um einen kleinen Tisch herum.
Erst unterhielten wir uns über den Goto-Prozess und seinen unglücklichen Ausgang. Alle hielten Gotos Anwalt Maki für einen Gauner, aber ich versuchte ihn zu verteidigen und wies darauf hin, dass er früher einmal gute Absichten gehabt habe. Vor etwa zehn Jahren hatte er ein vorzügliches Buch über das japanische Rechtssystem geschrieben.
Plötzlich setzte Alien Cop sein Sake-Glas ab, nickte seinen drei Kollegen aufmunternd zu und räusperte sich.
»Jake, einer unserer Kollegen, Leutnant K., steht auf Gotos Gehaltsliste. Er hat sich nach Ihnen erkundigt. Wir wissen, dass er korrupt ist, aber er beschafft uns nützliche Informationen über andere Ganoven, und darum lassen wir ihn sozusagen gewähren.«
Ich füllte mein Glas. »Was heißt das?«
»Das heißt, dass Goto alles über Sie weiß: wo Sie wohnen, wo Ihre Familie lebt – alles, was in unseren Akten über Sie steht. Und es ist möglich, ja sogar ziemlich wahrscheinlich, dass er über Ihre Telefongespräche Bescheid weiß. Ihre Nummer steht ja auf Ihrer Visitenkarte, also ist das vermutlich ganz einfach für ihn.«
Akira-kun nickte und fügte hinzu: »Angeblich hat er die G Detective Agency beauftragt, Sie gründlich auszuforschen. Goto besitzt mindestens zwei private Detektivbüros. Erpressung ist schließlich seine Spezialität. Wenn Sie Leichen im Keller haben, werden die es ziemlich bald herausfinden.«
Alien Cop bat mich, ihm mein Handy zu zeigen. Ich zog es aus der Tasche und reichte es ihm. Er betrachtete einige Sekunden lang das Namensverzeichnis und gab mir das Handy dann zurück.
»Überlegen Sie gut, wen Sie in den letzten zwei Monaten am häufigsten angerufen haben. Wenn Goto nämlich merkt, dass er an Sie nicht herankommt, oder wenn er wissen will, wo Sie sind, wird er sich an diese Leute wenden. Leutnant K. ist Gotos Erfüllungsgehilfe. Wenn K. eine Telefonnummer hat, kann er ganz leicht die Anschrift herausfinden. Das kostet ihn nur ein paar Anrufe. Und selbst wenn es ihm nicht gelingen sollte, die G Detective Agency hat die notwendigen Kontakte. Sie müssen unbedingt all die Leute warnen, die Ihnen nahestehen. Sie müssen sehr vorsichtig sein.«
Alien Cop goss mir noch ein Glas Sake ein. »Trinken Sie aus. Ich bezweifle ja, dass der Kerl überhaupt etwas unternehmen wird, aber wir dachten, Sie sollten Bescheid wissen. Nicht alle Polizisten sind Ihre Freunde.«
»Na, dann«, sagte ich, »trinken wir auf alle meine Freunde!«
»Übrigens«, fügte Alien Cop noch hinzu, während er allen nachschenkte, »K. sucht anscheinend nach einem guten Foto von Ihnen. Es gibt offenbar nicht viele davon. Da er weiß, dass ich Sie kenne, hat er mich gefragt, ob ich ihm eines geben könnte. Natürlich habe ich Nein gesagt. Vielleicht versucht er ja, sich mit Ihnen zu
Weitere Kostenlose Bücher