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Tokio Vice

Titel: Tokio Vice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jake Adelstein
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versteckt. Der Leichengeruch war so stark, dass einigen der jüngeren Polizisten schlecht wurde. Lucies Kopf war einbetoniert worden, daher war eine Identifizierung am selben Tag nicht möglich, doch alle wussten, um wen es sich handelte. Googly rief mich vom Fundort aus an und schilderte mir, was dort vor sich ging. Er wusste, dass ich mit Tim reden würde, vermutlich wollte er es sogar.
    Letztlich war es nicht besonders schwer, ihm die Nachricht zu überbringen, zumindest nicht so schwer, wie ich befürchtet hatte. Als Tim Blackman den Hörer abnahm, wusste er gleich, warum ich anrief.
    »Tim, hier ist Jake von der Yomiuri.«
    »Ja, Jake.«
    »Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen behutsam beibringen soll, daher versuche ich es gar nicht erst. Es ist so, wie Sie befürchtet haben. Die Polizei hat die Leiche heute Morgen gefunden.«
    Es folgte eine lange Stille.
    »Vergraben?«
    »Die Leiche war zerstückelt. Offenbar ist sie seit mehreren Monaten tot, dem Grad der Verwesung nach zu urteilen. Die Leiche ist noch nicht offiziell identifiziert, aber alles deutet darauf hin, dass es Lucie ist. Es tut mir sehr leid. Möchten Sie sonst noch etwas wissen?«
    »Nein, Jake. Vielen Dank für Ihren Anruf. Es ist gut, endlich zu wissen, was passiert ist.« Seine Stimme schwankte kaum, und er sprach sehr ruhig. Als ich schon auflegen wollte, begann er noch einmal zu sprechen.
    »Eine Frage habe ich doch noch. Wo hat man die Leiche gefunden?«
    »In der Nähe seiner Wohnung. In einer Höhle am Strand.«
    Wieder folgte eine lange Stille.
    »Ist alles in Ordnung, Tim?«
    »Ja, ja, das alles ist, nun ja, kein Schock, aber ... es ist nicht das, was ich erhofft hatte. Haben die den Strand nicht schon einmal abgesucht?«
    »Doch, ich weiß auch nicht, warum sie damals nichts gefunden haben. Wollen Sie der Presse oder der Polizei etwas sagen?«
    »Ich bin sehr froh, dass die Polizei Lucie gefunden hat. Wir müssen jetzt nach Japan reisen und die sterblichen Überreste abholen, damit sie eine anständige Beerdigung bekommt, sobald alles bestätigt ist.«
    »Natürlich, Tim. Ich wollte, ich könnte etwas sagen, was es Ihnen leichter macht. Aber leider kann ich Sie nur auf dem Laufenden halten, was die nächsten Schritte der Ermittler anbelangt.«
    »Ja, bitte tun Sie das«, sagte Tim, »es war sehr freundlich von Ihnen, uns bis heute über alle Ereignisse zu informieren, besser übrigens als die japanische Polizei. Danke.«
    »Also, ich rufe Sie später wieder an.«
    »Ja, ja. Vielen Dank noch mal.«
    »Wahrscheinlich werden Sie bald eine Menge Anrufe von anderen Journalisten bekommen.«
    »Danke für die Warnung. Vielleicht schalte ich das Telefon besser eine Weile ab. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Tim.«
    Mehrere Stunden später musste ich Tim noch einmal anrufen. Denn die Yomiuri wollte eine Stellungnahme von ihm haben. So ist das Leben eines Reporters eben. Eigentlich hatte ich überhaupt keine Lust, ihn in seinem Schmerz noch einmal zu belästigen, aber es war nun einmal mein Job.
    Tim hatte inzwischen eine Erklärung vorbereitet.
    »Im tiefsten Herzen würde ich gerne glauben, dass Lucie noch lebt. Aber ich muss mich wohl damit abfinden, dass dies nicht der Fall ist. Wenn ich alle Indizien berücksichtige, kann ich nicht bestreiten, dass es sich höchstwahrscheinlich um die Leiche meiner Tochter handelt. Es mag schrecklich klingen, aber irgendwie bin ich auch erleichtert. Das Schlimmste war die Ungewissheit. Ich hoffe, dass es keine weiteren Leichen gibt.«
    Lucie wurde schließlich anhand der Zähne eindeutig identifiziert. Anfang April wurde Obara wegen Vergewaltigung mit Todesfolge angeklagt. Aber in der ersten Verhandlung wurde er von der Anklage, die Lucie betraf, freigesprochen. Manchmal verblüfften mich die japanischen Gerichte wirklich. Andererseits wurde er zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen achtfacher Vergewaltigung und anderer Delikte verurteilt. Der Fall liegt jetzt bei der Berufungsinstanz, wo er wahrscheinlich noch jahrelang ruhen wird.15
    Viele Leute in Japan würden den Fall Lucie Blackman gerne als Verbrechen eines Verrückten in einem der sichersten Länder der Welt abtun. Obwohl es sicher ein ungewöhnliches Verbrechen war, bleiben Fragen offen, und die wichtigste lautet meiner Meinung nach: Wie konnte dieser Mann mehr als zehn Jahre lang eine Frau nach der anderen vergewaltigen, und warum schnappte die Polizei ihn nicht früher?
    Ich will nicht behaupten, dass die Polizei mit Verbrechen an Ausländerinnen

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