Tolle Maenner
»Ich muss gehen, sonst komme ich noch zu spät zu ihm.«
»Geh bloß weiter«, sagte Stefan, und Tracie fragte sich, ob das ein Kommentar zu Beth’ Bemerkung sein sollte oder ob er damit nur die kreative Leitung wahren wollte.
Sie rannte hinaus, und Stefan schnippelte mit einem Geräusch, das halbwegs zwischen einem Seufzer und einem Stöhnen lag, noch zweimal kurz an Tracies Haar.
Laura kniff die Augen zusammen und zuckte mit den Achseln, bevor sie wortlos auf Tracies Kopf deutete. Tracie befürchtete schon das Schlimmste. »Nicht vergessen: bloß nicht zu kurz, okay?«, erinnerte sie Stefan erneut. »Ist das mit Beth nicht unglaublich?«, sagte sie zu Laura.
»Ja, das macht sie bloß wieder für drei Monate süchtig«, sagte Laura. »Aber dafür glaube ich, dass ich endlich über Peter hinweg bin.«
»Na wunderbar!«, rief Tracie.
»Und ich glaube, ich möchte gern hier in Seattle bleiben.« Und nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Ich suche mir eine Wohnung.«
»Das ist ja phantastisch!«, sagte Tracie, und sie meinte es auch so.
»Ja, ich dachte mir schon, dass dich das freut«, sagte Laura. »Es muss dir ganz schön auf den Geist gegangen sein, jemanden in der Wohnung zu haben, der nur rumhockt und Trübsal bläst. Außerdem bin ich dir und Phil ja wohl etwas im Weg«, fügte sie hinzu.
Tracie schüttelte den Kopf, doch als sie Stefans schnelles Einatmen hörte, wusste sie, dass sie sich in einem kritischen Augenblick bewegt hatte. »Tut mir Leid«, entschuldigte sie sich bei Stefan. »Kein Problem«, sagte sie zu Laura, hatte aber gleichzeitig ein schlechtes Gewissen, weil sie erst kürzlich genau dasselbe gedacht hatte.
»Ich weiß ja, dass du mich auf Dauer nicht bei dir wohnen haben möchtest...«
»Du bist mir jederzeit willkommen«, sagte Tracie.
»Wo ich herkomme, sagt man: Gäste sind wie Fische, nach drei Tagen fangen sie an zu stinken«, warf Stefan ein und schnippelte ein weiteres Fitzelchen ab.
»Also jedenfalls kann ich mir ohne Job keine Wohnung leisten, und ohne Eigenkapital kann ich auch keinen Catering-Service aufziehen, aber in einem Brunchlokal suchen sie gerade eine Köchin und -«
»Du hast eine Arbeit?«, fragte Tracie, überrascht und erfreut zugleich.
»Ja. Ich habe mit der Besitzerin gesprochen. Wir sind uns einig.«
»Kriege ich da einen Rabatt?«, fragte Tracie.
»Nein, aber dafür verspreche ich hoch und heilig, nicht in dein Essen zu spucken«, versicherte Laura ihr.
»Phantastisch!«, sagte Tracie. Sie versuchte, sich an die Ohren
zu fassen, um zu prüfen, ob sie noch bedeckt waren, aber Stefan zischte und stieß ihre Hände weg.
»Glückwunsch.« Eine Zeit lang saßen sie schweigend da, und nur das ominöse Geräusch von Stefans Schere war noch zu hören. »Ich verstehe Beth einfach nicht«, sagte Tracie schließlich, um das Schweigen zu brechen. »Wie konnte sie nur Jon gleich zusagen, nachdem er sie so hat sitzen lassen?«
»Wie hätte sie nein sagen können, wo sie ihn doch so mag?«, erwiderte Laura achselzuckend.
»Stell dir vor, er hat ein Date mit Ruth, dem Mädchen vom REI. Wahrscheinlich trifft er sich auch noch mit anderen Frauen. Und er hat mir nichts davon erzählt«, klagte Tracie.
»Dir kann doch egal sein, was er treibt. Ich glaube, du bist regelrecht besessen von ihm.«
»Ich bin gar nicht besessen von ihm«, protestierte Tracie. »Ich brauche einfach nur die nötigen Informationen für meinen Artikel.« Dann hörte sie Stefan schniefen. Diesmal brauchte er ungewöhnlich lange. So lange hatte er noch nie gebraucht.
»Das ist doch lächerlich. Mir brauchst du mit so einem Scheiß nicht zu kommen, Higgins«, erklärte Laura. »Ich glaube, du bist in Jon verliebt.«
»Laura!« Tracie riss den Kopf zu Laura herum, und Stefans Schere ging nur haarscharf an ihrem Ohr vorbei.
»Aufhören! Aufhören! Aufhören!«, schrie er. »Hier geht’s um meinen Kopf und nicht um dein Herz.«
»Um meinen Kopf«, berichtigte ihn Tracie. »Und mein Herz hat gar nichts damit zu tun. Ich liebe Phil. Jon ist nur ein Freund. Er war schon immer mein Freund.« Laura begann zu summen, als wäre es pure Zeitverschwendung, Tracie zuzuhören. »Jetzt hör aber auf, Laura, du weißt ganz genau, dass das stimmt«, beteuerte Tracie. »Ich versuche nur, meinen Job zu machen, das ist alles. Ich bin nicht besessen von ihm.«
»Das glaubst vielleicht du«, sagte Laura. »Aber am Anfang bestreiten wir immer, besessen zu sein.«
Stefan gab ein Furcht erregendes
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