Tolle Maenner
trotzdem nichts davon, ewig in derselben Sackgasse stecken zu bleiben. Jeder von uns möchte doch tun, was ihm Freude macht, und vermeiden, was ihm keine Freude macht. Das ist doch im Grunde alles, was man tun kann. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es dir Freude macht, den ganzen Tag nutzlos
rumzuhängen. Ganz zu schweigen von den demütigenden Absagen von irgendwelchen prätentiösen literarischen Zeitschriften und Schwachköpfen wie Bob.« Sie zuckte mit ihren breiten Schultern. »Ich meine nur, dass du inzwischen für manche Sachen vielleicht ein bisschen zu alt bist. Aber man soll die Hoffnung ja nie aufgeben.«
Einen Augenblick lang war es sehr still im Raum. Tracie rechnete schon damit, dass Phil jeden Augenblick losschreien würde, aber er räusperte sich nur, bevor es erneut still wurde. Vielleicht würde er Laura schlagen oder aus Wut etwas zerdeppern, bevor er aus der Wohnung stürmte. Stattdessen räusperte er sich noch einmal. »Stell dir vor«, sagte er in einem sehr sanften Tonfall, »dasselbe hab ich mir auch schon gedacht.«
29. Kapitel
Tracie saß im Java, The Hut am selben Tisch wie immer und wartete ungeduldig auf Jon. Sie zupfte an den Spitzen ihrer superkurzen Haare herum. So kurz hatte sie sie noch nie gehabt. Sie hasste ihre Frisur und hasste Stefan, der sie verbrochen hatte; sie hasste Phil, der sich über sie lustig gemacht hatte, und Laura, die sie damit abgespeist hatte, dass Haare ja zum Glück nachwuchsen. Aber auf Jons Unterstützung konnte sie zählen. Sie schaute auf ihre Armbanduhr. Sie war selber gut zwanzig Minuten zu spät gekommen, aber er war noch nicht einmal aufgetaucht. Das sah ihm gar nicht ähnlich.
Molly schlenderte zu ihr herüber, und Tracie zuckte schon zusammen, bevor sie bei ihr angekommen war. Sie machte sich auf einiges gefasst. »Ach du Scheiße! Bist du in ein Nonnenkloster eingetreten? Ich wusste gar nicht, dass du katholisch bist. Und außerdem bist du pünktlich, und er hat Verspätung. Das muss der Weltuntergang sein.«
»Ich komme schließlich nicht immer zu spät.«
Molly lehnte sich an den Stuhl. »Nicht, wenn einundfünfzig Wochen im Jahr, und das drei Jahre am Stück, nicht ›immer‹ bedeutet.« Molly zückte ihren Bestellblock. »Wollen wir das übliche Theater durchmachen, bis du dich für deine Rühreier entscheidest?«, fragte sie. »Oder willst du einfach nur dasitzen und an deinen Haarspitzen zupfen, als würden sie dadurch schneller wachsen?«
Tracie ließ die Hände in den Schoß sinken. »Molly, du kannst mich im Grunde deines britischen Herzens wirklich nicht ausstehen, stimmt’s?«, fragte Tracie.
»Stimmt«, bestätigte Molly fröhlich.
Tracie war schockiert. Sie hatte nicht erwartet, von Molly zu hören, dass sie sie nicht leiden konnte. Ein paar Sekunden lang wusste sie nicht, was sie darauf sagen sollte. »Aber warum denn? Ich hab dir doch nie was getan!«
»Nun, ich mag wohl einfach keine Idioten«, sagte Molly. »Ich bin die Tochter von einem und die Exfrau von einem anderen. Halt mich meinetwegen für überempfindlich, aber seither kann ich keine Trottel mehr sehen«, erklärte sie achselzuckend.
»Ich bin keine Idiotin«, protestierte Tracie.
»Ja, ja, und ich bin keine Kellnerin.« Molly zeigte auf das Namensschild auf ihrer Brust. »Lies das mal.« Dann zeigte sie auf Tracie. »Auf deinem steht ›Tracie Higgins – Teilzeitjournalistin und Vollzeitidiotin‹.«
»Was hab ich denn getan?«, fragte Tracie und musste aus irgendeinem unerfindlichen Grund an den Traum denken, in dem sie ihren Cockerspaniel blau angemalt hatte.
»Frag lieber, was du nicht getan hast«, fragte Molly zornig. »Du gehst mit einem Arschloch nach dem anderen und hast nicht mal den Verstand, damit Schluss zu machen.« Molly setzte sich auf die Bank gegenüber von Tracie. »Und wenn du mich schon fragst – als ob das nicht genug wäre, macht du aus dem einzigen netten Kerl im gesamten Nordwesten auch noch ein Arschloch.«
»Jon! Jon ist kein Arschloch. Er ist jetzt nur... ein bisschen gestylter«, verteidigte sich Tracie. »Und er fühlt sich dabei wesentlich besser als vorher«, fügte sie hinzu.
»Auf Kosten anderer?«, fragte Molly. »Ich weiß doch, was abläuft. Er bringt sie zum Kaffee hierher, bevor er sie abschleppt. So, wie mein Kater mir stolz seine Mäuschen präsentiert, bevor er sie fertig macht. Drei verschiedene Frauen allein letzte Woche! Und dann hat er auch noch vor mir angegeben, dass er am Samstag gleich zwei
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