Tolle Maenner
Dates hatte.« Molly beugte sich weiter zu Tracie vor. »Du hast dir einen warmherzigen, sensiblen Jungen geschnappt, der Frauen zuhören kann und weiß, was ihnen gefällt – und es auch wissen will -, und ihm all die Tricks beigebracht, mit denen die eiskalten Drecksäcke uns verarschen. Er ist
jetzt Vollmitglied in der Zunft der Kotzbrocken. Kapierst du eigentlich immer noch nicht, was du da angestellt hast?«
Tracie wehrte sich nicht mehr, sondern saß nur noch stumm da und dachte darüber nach. »Etwas sehr, sehr Schlimmes?«, fragte sie vorsichtig. Molly starrte sie an, und alles, was die Kellnerin gesagt hatte, verschmolz in Tracies Kopf mit ihrem Traum, Phils Eifersucht und Lauras Warnungen. Dennoch glaubte sie fest daran, dass sie den Schaden, den sie angerichtet hatte, mit ein wenig Hilfe und ein wenig Glück wieder beheben könnte. »Du hast Recht, Molly«, sagte Tracie und schluckte ihren Stolz hinunter: »Willst du mir helfen, ihn dazu zu bringen, dass er sich nicht mehr wie ein Arschloch benimmt?«
»Wie denn?«, fragte Molly.
»Besorg mir zwei Karten für Radiohead. Du hast doch die nötigen Beziehungen.«
Obwohl Molly schon seit einiger Zeit nicht mehr mit den Rock-and-Roll-Bands durch die Lande zog, meldeten sie sich immer noch bei ihr, wenn sie in Seattle spielten. Es gab kaum einen Roadie, den sie nicht kannte (und wohl auch kaum einen, mit dem sie nicht geschlafen hatte), von den meisten Rhythmusgitarristen ganz zu schweigen.
Molly verzog das Gesicht, da sie offenbar an der Lauterkeit von Tracies Motiven zweifelte. »Und was hab ich davon?«
»Du kriegst deinen nettesten Kerl vom ganzen Nordwesten wieder.«
»Ich denk darüber nach«, sagte Molly, aber Tracie sah ihr an, dass sie schon überredet war.
»Danke, Molly.«
»Aber ich bin mir nicht sicher, ob es klappt. Und mach ihn bloß nicht wieder genauso, wie er war. Mir gefällt, wie du ihn äußerlich verändert hast – zuvor hat er ja echt verboten ausgesehen.« Das war das erste Mal, dass Molly etwas gut fand, was Tracie getan hatte. »Aber kapierst du nicht, dass es was ganz Anderes ist, wenn du sein ganzes Verhalten änderst, statt nur sein Aussehen aufzupolieren?«
»Da hast du wohl Recht.«
»Du hast alle Frauen verraten«, zischte Molly. »Er war mal begabt, aber jetzt hält er sich selber für die reinste Gottesgabe; das ist ein ziemlicher Unterschied.« Sie deutete mit dem Kinn über ihre Schulter.
»Sieh ihn dir doch mal an.«
Tracie drehte sich um und sah, wie Jon den Coffee-Shop betrat. Er hatte nicht nur einen ganz neuen, prahlerischen Gang, sondern, wie es schien, auch eine völlig andere Persönlichkeit. »Da hab ich wirklich Mist gebaut«, räumte Tracie ein. Molly nickte und verschwand in die Küche.
»Hier bin ich! Dein Musterschüler!«, sagte Jon, als er auf die Bank glitt, die Molly gerade frei gemacht hatte. Tracie musterte ihn. Sie sah ihm an, dass er nicht nur gut aussah, sondern sich auch so fühlte. Dann fragte sie sich, wie gut Beth sich wohl gerade fühlte. »Hey, was ist denn mit deinem Haar los?«, fragte Jon.
»Was soll damit sein?«, fragte Tracie, die sich zusammennehmen musste, um es nicht mit den Händen zu verdecken. Sie konnte einfach nicht glauben, dass Jon etwas an ihr kritisierte.
»Ich weiß auch nicht.« Er zuckte mit den Achseln. »Wer hat das denn gemacht? Vielleicht solltest du besser keinen neuen Friseur ausprobieren. Ich jedenfalls bin einfach wieder zu Stefan gegangen.«
»Wie schön für dich«, sagte Tracie. »Aber diesen Schnitt hat Stefan mir verpasst.«
»Ah. Ja, ist doch eigentlich ganz nett.« Mit zusammengekniffenen Augen musterte er sie noch einmal. »Ja«, sagte er schließlich. »Das passt zu dir.«
»Und wie passt dein Leben zu dir?«, fragte Tracie kalt. »Brauchst du vielleicht ein paar neue Lektionen?« Sie wollte ihm schon Nachhilfe in Höflichkeit und Rücksichtnahme anbieten und darin, dass man alte Freunde nicht einfach so vergaß. Doch noch bevor sie etwas sagen konnte, stimmte er ihr zu.
»Auf jeden Fall«, sagte er. »Aber ich denke, jetzt ist der Fortgeschrittenenkurs dran.«
Sie war verstört, während ihn offenbar gar nichts mehr störte. »Ach, tatsächlich?« Sie versuchte, sich ihren Groll nicht anmerken zu lassen. »Und woraus sollte der bestehen? Aus Orgien? Ménages à trois?«
Er lachte, als wäre das alles ein gigantischer Witz. Einen Augenblick lang fragte sie sich, ob Molly eigentlich immer Recht hatte. Das glaubte sie zwar nicht
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