Tolle Maenner
Mädels. Aber die wollen alle immer nur böse Jungs.«
»Steh auf«, zischte sie. »Jetzt übertreibst du wirklich.« Leider war es schon zu spät, um eine größere Menschenmenge um sich zu scharen. Er würde wohl seine Trumpfkarte ausspielen und an ihre angeborene Ehrlichkeit appellieren müssen.
»Komm schon, Tracie. Du weißt doch ganz genau, dass es so ist.«
»Also …«
Endlich starrte wenigstens die Kassiererin sie an. Dann zuckte sie mit den Achseln und tippte die Ware ein, während Tracie in ihrer Handtasche nach Geld wühlte. Jon seufzte, stand auf und starrte mit leerem Blick auf das Zeitschriftenregal. Ihm taten die Knie weh. Betteln war harte Arbeit. Dann sah er ein Exemplar von Gentleman’s Quarterly. Auf der Titelseite war ein junger Filmstar abgebildet, der sich gerade von seiner Freundin getrennt hatte, in aller Öffentlichkeit, direkt vor der Oscar-Verleihung. Jon schaute Tracie an und deutete auf die Zeitschrift. »Ich will so aussehen wie dieser Typ von Mann.«
»Es geht doch nicht nur ums Aussehen«, erklärte Tracie und nahm ihre Tragetasche. »Du siehst gut aus – auf deine nette Art.«
Er nahm ihr die Tüte ab, und sie gingen zusammen zum Ausgang. »Genau. Und der Knabe da sieht gar nicht nett aus. Er sieht scharf aus. Der hat am Muttertag bestimmt nicht seine Stiefmütter zum Essen eingeladen.« Dann drehte er sich wieder um und deutete auf den Kerl auf der Titelseite. »Du weißt doch sicher, was er gerade getan hat?«
Tracie warf einen Blick auf die Zeitschrift und antwortete achselzuckend: »Er hat seiner Freundin erklärt, dass er ab jetzt mit anderen Leuten zusammen sein möchte.« Dann ging sie hinaus.
Jon folgte ihr. »Das könnte ich auch! Ich meine, wenn ich eine Freundin hätte. Und wenn du mir dabei helfen würdest«, flehte er. »Betrachte es einfach als ein Forschungsprojekt.« Er rannte zurück, schnappte sich die Zeitschrift als Anschauungsstück, warf einen Fünfdollarschein auf das Band und rannte Tracie
nach. »Du bist Expertin«, erklärte er. »Nur du bist in der Lage, das ganz miese Verhalten, das du so bewunderst, gewissermaßen zu destillieren und mir einzuimpfen.«
Tracie fummelte schon mit den Schlüsseln an ihrer Autotür herum. Sie nahm ihm die Einkaufstüte ab, öffnete die Tür und stieg ein. »Hör auf, ja?«, bat sie. »Du hast einfach eine zu große Dosis von deinem allwöchentlichen Selbsthass genommen. Morgen geht’s dir wieder besser.«
»Bestimmt. Spätestens, wenn ich Samantha sehe«, stimmte er düster zu. »Das wird mich sicher aufmuntern.«
»Ach Jon, setz dich auf dein Rad und fahr nach Hause«, riet ihm Tracie. Und das tat er dann auch.
8. Kapitel
Tracies Zweizimmerwohnung war hell, lang und schmal. Klein war sie eigentlich nicht, doch die Küche bestand lediglich aus einer Spüle, einem Mini-Kühlschrank und einem alten schwarzen Gasherd, in dem sie tatsächlich einen Teil ihrer Schuhe aufbewahrte. Jetzt trennte eine Art Spanische Wand einen Teil der Wohnung ab und bildete ein »Gästezimmer«, in dem Laura wenigstens ansatzweise so etwas wie eine Privatsphäre hatte. Abgesehen von Gästebett, Wandschirm und Sofa stand in Tracies Wohnzimmer nur noch ein weiteres vollwertiges Möbelstück: ein Schreibtisch voller Notizen und Fotos und Post-it-Zettel mit Ideen für Artikel. Tatsächlich war die ganze Wohnung übersät von den kleinen Haftnotizen, die an allen möglichen Stellen klebten.
Jetzt, um fast zwei Uhr morgens, nach dem Sex mit Phil und ihrem merkwürdigen Mitternachtsfrühstück mit Jon, war sie doch ziemlich geschafft. Sie betrat ihre Wohnung so leise wie möglich. Laura aber war noch auf und mit Schüsseln und Backblechen zugange. Und zu Tracies größter Überraschung war auch Phil da. Er lag auf dem Sofa und zupfte an seiner Bassgitarre herum. Er schaute Tracie an und fragte: »Wo bleibst du denn so lange? Hat dich dein Computerheini wieder ewig vollgequatscht? Bobby hatte mich heute eingeladen, weil er gerade seine Steuerrückzahlung bekommen hat.«
Noch bevor sie antworten konnte, kam Laura ihr zuvor, die sich wie immer schützend vor Tracie stellte. »Bist du eigentlich immer so freundlich?«, fragte sie fröhlich.
Tracie versuchte, Phil einfach zu ignorieren. Phil war ein seltsamer Kerl, manchmal auf seine Art süß. Seine Zuneigung zeigte
er ihr, indem er bei ihr auftauchte, weil er sie vermisste, aber er brachte es nicht fertig, das einzugestehen. Tracie war jedes Mal entzückt, wenn es passierte. Er sah sexy
Weitere Kostenlose Bücher