Tolle Maenner
Zeig ihnen nie, wo du wohnst. Kein Mädchen darf je hierher kommen. Das würde alles kaputt machen.«
»Sie kommen ja jetzt schon nicht her«, gestand Jon. Zu schade – bei der Aussicht. »Nicht mal meine Mutter.« Aber er war ohnehin nicht oft hier, denn die meiste Zeit arbeitete er ja.
»Aber bisher hast du es auch nicht in ihre Wohnung geschafft. Wenn du dich an meine Regeln hältst, wird sich das bald ändern. Du bist doch so ein netter Kerl und so erfolgreich in deinem Job. Du hast wirklich eine wunderbare Frau verdient.«
»Ich hab schon eine, aber mit dir schlafe ich ja nicht.«
»Stimmt. Aber jetzt kannst du beides haben.« Sie hielt kurz inne. »Komisch. In deinem Job bist du so gut, aber im Privatleben kriegst du rein gar nichts auf die Reihe. Ich dagegen komme im Job einfach nicht vom Fleck.«
»Aber dein Privatleben ist in Ordnung? Entschuldige, aber meiner Ansicht nach bräuchten sowohl deine Karriere als auch dein Freund einen Tritt in den Hintern.«
Tracie warf ihm einen giftigen Blick zu. Jon zuckte nur mit den Achseln und ging zum Kühlschrank. »Willst du was trinken?« Ich hab Preiselbeersaft und Preiselbeer-Apfel. Ist gut für den Harntrakt, aber ich glaube, ich hab auch noch -«
»Stopp!« Sie stand vom Sofa auf und ging zu ihm. »Regel Nummer vier: Biete ihnen nie etwas an. Bring sie dazu, dass sie dir was anbieten. Das ist der Schlüssel zu allem. Und benutze nie Wörter wie ›Harn‹ oder ›Trakt‹, wenn du kein Tierarzt, Urologe oder Hausmeister bist.« Sie packte ihn am Revers seiner Jacke.
Einen – wenn auch sehr kurzen – Augenblick lang glaubte Jon schon, sie wollte ihn küssen. Oder ihm eine Kopfnuss geben. »Sie werden dich fragen, ob du mit ihnen ins Bett gehen möchtest.«
»Sie? Mehr als eine?«, fragte er und merkte, dass seine Stimme auf einmal eine Oktave höher klang.
Tracie ging nicht weiter darauf ein, zog ihn am Revers, wirbelte ihn herum und streifte ihm die Jacke ab. »Am Anfang noch nicht«, sagte sie. »Das kommt erst im Kurs für Fortgeschrittene.« Dann warf sie sein Jackett schwungvoll in den Papierkorb.
»Hey!« Er wollte schon protestieren, erinnerte sich dann aber an ihre kritische Bemerkung.
»Kein Sportjackett. Nie. Und keine Karomuster. Nur einfarbige. Und zwar dunkle. Am besten halten wir uns anfangs an Henry Ford. Egal, welche Farbe, Hauptsache schwarz.«
»Schwarz? Aber ich habe kein -« Er hielt inne. »Gut«, sagte er.
Tracie ging langsam um ihn herum wie ein Offizier, der seine Truppe inspiziert. »Wo hat man dir denn die Frisur verpasst?
»Bei Logan’s.«
»Da gehst du höchstens noch hin, um den Friseur dafür zu vermöbeln. Stefan wird versuchen, das hinzukriegen. Wenn ich ihn darum bitte.« Dann schaute sie auf seine Beine. »Vergiss Khakistoffe. Und du trägst auch nichts mehr von Gap, Banana Republic, J. Crew oder L. L. Bean.« Jon versuchte verzweifelt, sich einzuprägen, was sie sagte, sehnte sich nach seinem Organizer und versuchte zugleich, nicht beleidigt zu sein. »Hör mal, mit diesen Klamotten verschaffst du einer Frau nur einen Krampfer.«
»Was ist denn das?«
Tracie riss ihre großen Augen noch weiter auf. »Das weibliche Gegenstück zu einem Hänger beim Mann. Manche Typen sehen so beschissen aus, dass wir innerlich total dichtmachen, um nur ja nichts von diesem genetischen Material mitzubekommen.«
»So genau wollte ich es nun auch wieder nicht wissen.« Er überlegte, ob überhaupt noch etwas von seiner Garderobe übrig blieb. »Und wo kriege ich all die -« begann er.
»Du trägst entweder coole Klamotten aus Second-Hand-Shops oder richtig teure italienische Sachen«, erklärte Tracie. »Und du kombinierst sie miteinander. Gehen wir mal deinen Kleiderschrank durch.« Sie durchquerte das Zimmer und zog die Tür von Jons begehbarem Schrank auf. Er folgte ihr. Die Kleider waren säuberlich nach Mustern geordnet. Karos über Karos in allen Schattierungen von hell bis dunkel. Tracie fegte durch den Mittelgang wie ein Maschinengewehr, das reihenweise feindliche Soldaten niedermäht. Sie zog das erste Sportjackett von seinem Kleiderbügel und warf es auf den Boden. »Nein.« Sie ließ das nächste fallen. »Nein und nein und – igitt! Nein!«
»Was ist gegen Madras einzuwenden?«
Tracie ignorierte ihn und warf ihm lediglich einen vernichtenden Blick zu. Dann öffnete sie eine Schublade nach der anderen und wühlte seine Sachen durch. Jon verfiel einen Augenblick lang in Panik und fragte sich schon, ob es überhaupt
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