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Tolstois Albtraum - Roman

Tolstois Albtraum - Roman

Titel: Tolstois Albtraum - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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Teufel hat der denn damit zu tun! Fehlt nur noch, dass Sie von der Knopf-Pyramide anfangen … Hurghada ist einfach ein Kurort für arme Demiurgen. So wie Baden-Baden für uns.«
    T. überlegte kurz.
    »Ich habe noch eine Frage«, fing er an. »Sagen Sie, wenn Ariel und alle seine Gehilfen nur handelnde Personen sind, wer ist dann der richtige Autor? Der echte, endgültige?«
    »Das müssen Sie schon selbst herausfinden.«
    »Aber wie?«
    »Wenn Sie ihm von Angesicht zu Angesicht begegnen.«
    »Warum glauben Sie, dass er besser ist als Ariel?«
    »Sehen Sie«, sagte Solowjow, »er hat eine andere Vorstellung von der Funktion Des Buches. Aus seiner Sicht soll es den Helden erlösen. Vor allem so einen, den man nicht erlösen kann. So einen wie Sie …«
    »Aber wozu hat er sich dann Ariel und seine Welt ausgedacht?«
    Solowjow zuckte die Schultern.
    »Ich glaube, er wollte sich einfach nur lustig machen über die Idee, dass eine solche Welt tatsächlich existieren könnte. Die Ironie liegt in der scheinbaren Existenz dieser Welt.«
    »Und wozu wurde ich erschaffen?«
    »Wie ich schon sagte, Graf, ausschließlich deshalb, um durch das alles zur Erlösung zu gelangen. Um erlöst zu werden von einem Ort, an dem es keine Hoffnung, keine Erlösung gibt und nicht geben kann. Was könnte spannender sein als ein solches Abenteuer?«
    »Na schön«, sagte T. »Warum wurden Sie dann nicht erlöst? Schließlich hat man Ihnen den Kopf abgeschlagen.«
    »Graf, ich sagte ja schon, solche Dinge wären nur dann wichtig, wenn ich etwa Staatsgelder veruntreut hätte. Mich stört das überhaupt nicht, glauben Sie mir. Eher im Gegenteil …«
    »Die Erlösung ist also das Nichtsein?«
    »Was reden Sie denn da? Welches Nichtsein? Wo haben Sie das schon mal gesehen? Um ›nicht sein‹ zu können, muss man nicht nur sein, sondern zum ›sein‹ noch das Wort ›nicht‹ dazupinseln. Überlegen Sie mal, auf wen oder was trifft dieses Nichtsein zu?«
    »Auf den, den es nicht gibt … Moment mal … Mir fällt ein, was Tschapajew gesagt hat … Die unbegreiflichste Qualität Gottes besteht darin, dass es Gott nicht gibt. Damals dachte ich, das sei ein prätentiöser Sophismus, aber mir scheint, ich beginne allmählich … Was ist denn das, die Erlösung?«
    »Das Problem der Erlösung ist im Grunde nicht real, Graf. Es entsteht bei einer falschen Persönlichkeit, die immer dann zutage tritt, wenn das Fieber des Denkens den Geist verwirrt. Tagtäglich werden viele solcher falschen Persönlichkeiten erzeugt und verschwinden dann wieder. Sie sind immer wieder anders. Und wenn man eine solche Persönlichkeit nicht daran hindert, wird sie sich in ein oder zwei Sekunden für immer vergessen. Und nur sie kann man erlösen. Und genau zur Beruhigung dieses nervösen Phantoms sind alle geistigen Lehren auf der Welt erdacht worden.«
    »Möglich«, sagte T. nachdenklich. »Das erklärt jedenfalls, warum das Problem der Erlösung die breite bäuerliche Masse so wenig interessiert. Allerdings widersprechen Sie sich in dem Fall selbst. Wen will denn der endgültige Autor erlösen?«
    Solowjow lächelte.
    »Sie. Und fragen Sie nicht, wie, wozu und warum. Sie werden das verstehen, wenn Sie ihn treffen. Sie sind an einer Grenze angelangt, an der die Worte enden. Den restlichen Weg müssen Sie allein gehen. Es ist nicht mehr weit.«
    T. seufzte.
    »Meinetwegen«, sagte er. »Angenommen, ich will Ihnen glauben. Was muss ich tun?«
    »Das wissen Sie bereits. Finden Sie Optina Pustyn. Aber fragen Sie nicht einfach irgendwen, wie Sie da hinkommen. Suchen Sie in sich selbst.«
    »Meinen Sie, dass es sich dort zeigt?«
    »Es war schon immer dort«, lächelte Solowjow. »Gerade in Optina Pustyn zeigt sich alles Übrige. Aber Sie haben nie darauf geachtet. Sie waren zu beschäftigt mit Ihren Schießereien und der Hinwendung zum einfachen Leben …«
    Im Korridor wurde knarrend das Gitter geöffnet und Schritte von beschlagenen Stiefeln kamen näher. Dann hörte man Stimmen.
    »Zum Teufel«, sagte Solowjow. »Anscheinend hat Ariel eine ziemlich unangenehme Überraschung für Sie. Verlieren Sie jetzt keine Zeit. Man kann das alles sehr schnell lösen und Sie wissen schon fast, wie …«
    »Was ist das für eine Überraschung?«
    »Das sechste Element«, erwiderte Solowjow. »Erinnern Sie sich, er sprach von einem Realisten, den sie trotz Krise angestellt haben? Sie wollen Ihnen einen Vorschlag machen, den man nur schwer ablehnen kann. Es gelingt kaum jemandem, dieser

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