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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Blifil seinem Geschick und flog nach Sophien, und unterdessen, daß alle übrigen die Kreuz und Quere durcheinander sich an die Köpfe rannten, und sich in den trockenen Steigen nach Wasser umsahen, faßte er sie in seine Arme, und fort lief er damit querfeldein, nach dem oben bemeldeten kleinen Bache; hier patschelte er selbst ins Wasser und besprengte ihr Kopf, Gesicht und Busen aufs reichlichste.
    Ein Glück für Sophien war's, daß eben die Verwirrung, welche ihre andren Freunde hinderte, ihr Beistand zu leisten, solche ebenfalls hinderte, unsern Jones aufzuhalten. Er hatte sie schon den halben Weg fortgetragen, ehe sie wußten, was er thun wollte, und hatte sie wirklich schon wieder ins Leben zurückgerufen, bevor sie bei dem Wässerchen anlangten. Sie streckte ihre Arme aus, öffnete die Augenlider und seufzte: Ach Himmel! eben als ihr Vater, ihre Tante und der Pfarrer Schickelmann herzukamen.
    Jones, der bisher seine liebliche Bürde in den Armen gehalten hatte, ließ nunmehr seine Schlingen los, drückte ihr aber in eben dem Augenblicke einen so zärtlichen Kuß auf die Wange, daß sie, wenn ihre Sinne damals schon völlig wiederhergestellt gewesen wären, es gewiß gefühlt haben müßte. Da sie also über diese herausgenommene Freiheit kein Mißvergnügen zeigte, so glauben wir, ihre Ohnmacht sei zu der Zeit wohl noch nicht so völlig vorüber gewesen.
    Dieser tragische Auftritt ward nun auf einmal in eine Freudenszene verwandelt. Hierin war unser Held, außer allem Zweifel, die Hauptperson. Denn so, wie er wohl gewiß ein inniges Vergnügen darüber fühlte, Sophien gerettet zu haben, als sie selbst darüber empfand, gerettet zu sein: so wurden auch Sophien nicht soviel Glückwünsche gemacht, als dem Jones darüber gesagt wurden, besonders von Herrn Western selbst. Dieser, nachdem er seine Tochter ein- oder ein paarmal in seine Arme gedrückt hatte, konnte nicht satt werden, Jones zu umhalsen und zu küssen. Er nannte ihn Sophiens Retter, und beteuerte, er wüßte nicht, seine Tochter und seine liegenden Gründe ausgenommen, was er ihm nicht gerne gäbe; nach ein wenig Besinnen aber, nahm er hernach doch noch seine Jagdhunde, den Chevalier und den Murpaß aus. (So nannte er seine liebsten Reitpferde.)
    Nachdem nun die Sorge um Sophie zerstreut war, ward Jones der Gegenstand von des Junkers Sorgfalt. »Komm, komm, lieber Bursch,« sagte Western, »'runter mit'm Rock, und wasch' dir's [232] Angesicht; denn 's ist dir in'n höllisch saubern Unflat, glaub' mir's. Komm, komm, wasch' dir; und sollst mit mir nach Haus gehn und woll'n dir 'n andern Rock such'n.«
    Jones that augenblicklich was man verlangte: warf den Rock ab, stieg ins Wasser und wusch sich das Gesicht und den Busen, denn der letztere war eben so zerschlagen und blutig als das erstere. Allein, obgleich das Wasser das Blut hinwegnehmen konnte, so konnte es doch nicht die schwarzen und blauen Flecken abwaschen, welche Schwöger beiden eingedrückt hatte und welche, als Sophie sie wahrnahm, ihr einen Seufzer abnötigten und dabei einen Blick voll unaussprechlicher Zärtlichkeit.
    Diesen faßte Jones mit seinen Augen auf, ohne von dessen Kraft das geringste auf die Erde fallen zu lassen, und er that auf ihn eine stärkere Wirkung als alle Verletzungen, die er vorher empfangen hatte. Eine Wirkung, die bei alledem von höchst verschiedener Art war; denn sie war so erquickend und balsamisch, daß, wären alle auf ihn gefallene Streiche Dolchstiche gewesen, sie ihn auf einige Minuten verhindert haben würde, die Schmerzen dieser Stiche zu fühlen.
    Die Gesellschaft begab sich nun wieder auf den Rückweg und langte bald wieder auf der Stelle an, wo Schwöger dem Blifil von neuem auf die Beine geholfen hatte. Hier können wir den frommen Wunsch nicht unterdrücken, daß alle Mißverständnisse durch keine andre, als diese Waffen beigelegt werden möchten, womit die Natur, welche recht gut weiß was sich für uns ziemt, uns ausgerüstet hat; und daß das kalte Eisen niemals gebraucht werden möchte, in andern Eingeweiden zu wühlen, als in den Eingeweiden der Erde. Dann würde der Krieg, dieser liebe Zeitvertreib großer Monarchen, fast gänzlich unschädlich werden, und man könnte Schlachten schlagen, so oft es nur hier oder dort eine Dame von Stande zu wünschen äußerte; und diese selbst könnten denn ebensowohl als die Könige dabei persönliche Zuschauer abgeben. Alsdann könnte das Schlachtfeld diesen Augenblick mit leblosen Körpern dick bestreut

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