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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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entgegengesetzten Lasters bei andern war, geriet bei dieser Nachricht in Feuer und Flammen. Er begehrte, Herr Blifil solle ihn augenblicks zu dem Platze hinführen: und so wie sie hingingen, stieß er Schmähreden und Klaglieder aus; auch enthielt er sich nicht auf den Herrn Alwerth einige Seitenhiebe fallen zu lassen, indem er zu verstehen gab, das Sittenverderbnis des Landes sei hauptsächlich eine Folge davon, daß er die Gottlosen in ihrer Bosheit dadurch bestärkte, daß er einem Bastarde so liebreich begegnet sei und die heilsame Strenge des Gesetzes gemildert habe, welches den unzüchtigen Weibsbildern eine harte Züchtigung auferlegt.
    Der Weg, den unsre Jäger nehmen mußten, um ihr Wildbret zu verfolgen, war dergestalt mit Dorngesträuchen verwachsen, daß es ihnen sehr beschwerlich fiel, hindurchzukommen, und nebenher machten [226] sie auch ein solches Geräusch, daß Jones dadurch hinlänglich von ihrer Annäherung Warnung erhielt, ehe sie ihn überrumpeln konnten; ja, Schwöger war auch wirklich so wenig fähig, seinen heiligen Eifer zu verbergen, und solche Rache drohte er bei jedwedem Schritte mit vernehmlicher Stimme, daß Jones dadurch überflüssig überzeugt werden mußte, man habe ihn (nach Weidmannssprache) im Kessel gerahmt.

Elftes Kapitel.
    Ein Gleichnis in einer von Popens meilenlangen Perioden als Vorbereitung zu einer so blutigen Schlacht, als nur jemals ohne Beihilfe des Stahls oder kalten Eisens ausgefochten werden kann.
     
    Zur Zeit der Brunft (ein hartes Wort, jedoch der wahre und ehrenvolle Kunstausdruck, um das süße Liebeln und Lübeln unter den edelsten Bewohnern der hohen Wälder zu bezeichnen, welches der gemeine Mann, auf Gefahr des Weidmessers, Brunst zu nennen pflegt) wenn der hochgekrönte Hirsch auf seine sultanischen Freuden ausgeht und sich ein paar Stöber oder andre Tiere von feindseligem Rufe dem Tempel der Venus Ferina so weit nähern sollten, daß die schöne Hindin, gerührt von dem etwas, sei es Furcht oder Schalkheit, Scheu oder Schamhaftigkeit, womit die Natur jedes weibliche Geschöpf geschmückt, oder wenigstens es gelehrt hat, sich damit zu zieren, damit nicht wegen des Ungestüms des Männleins die Sameanischen Mysterien von unheiligen Augen belauscht werden: denn bei Feierung dieser Gebräuche pflegt die Priesterin mit jener beim Virgil (welche damals nach aller Wahrscheinlichkeit eben in voller Arbeit war, die heiligen Mysterien zu feiern) auszurufen:
     
    –
Procul, o procul este profani;
    Proclamat vates, totoque absistite luco.
     
    – Fern, fern, hinweg von hier, Profane!
    Hinweg den Blick von diesem Wäldchen! schrie laut die Sybille.
     
    – Ich sage, wenn diese heilige Feier, welche von allem, was lebt und liebt, und liebt und lebt, als allgemein heilig begangen wird, eben zwischen dem hochendigen Hirsch und seiner Geliebten gerade im Werke ist und ein feindseliges Tier sich zu nahe hinzuwagen sollte und die zartscheue Hindin das geringste Zeichen des Schreckens darüber merken läßt, stolz und furchtbar stürzt er hervor, [227] der hochgekrönte Edelhirsch, hin bis an die äußerste Grenze des Brunstplatzes; da steht er kühn und wacht über seine Liebe, stampft den Boden mit seinen Läufen, schwingt sein Geweihe in der Luft und fordert mutbeseelt den von seiner Geliebten gefürchteten Feind zum tötlichen Kampf heraus.
    So, und fürchterlicher noch, sprang unser Held hervor, als er die Annäherung des Feindes vermerkte. Manchen Schritt that er vorwärts, um die scheue Hindin zu verhehlen und womöglich ihren Rückzug zu decken. Und nun, nachdem Schwöger erst einige schwefelgelbe Blitze aus seinen stieren Augen geschossen, begann er loszudonnern. »Pfui, pfui, junger Herr! Ist es möglich, daß ich Sie so antreffe!« – »Sie sehen,« antwortete Jones, »daß es möglich ist, denn ich bin hier.« – »Und wer,« sagte Schwöger, »ist das gottlose Weibsstück, das Sie da bei sich haben?« – »Wenn ich ein gottloses Weibstück bei mir habe,« schrie Jones, »so ist's möglich, daß ich Sie's nicht wissen lasse, wer sie ist!« – »Ich befehl' Ihnen, es mir den Augenblick zu sagen,« sagte Schwöger, »und Sie müssen sich nicht einbilden, junger Mensch, daß Ihr Alter, ob es gleich den Zwang des Unterrichts nicht so viel mehr bedarf, Sie aller Macht und Ansehens des Lehrers entzieht. Das Verhältnis des Lehrers und Schülers ist unzerstörbar, so gut wie alle übrigen Standesverhältnisse; denn sie sind ursprünglich alle vom Himmel

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