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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Herrn Alwerth nach einem sehr kurzen Besinnen: »Heiraten sei eine Sache, an die er noch nicht gedacht habe; er sei aber von seiner freundschaftlich väterlichen Vorsorge so gerührt und überzeugt, daß er in allen Dingen sich gerne seinem Willen unterwerfen würde.«
    Alwerth war von Natur ein lebhafter Mann und sein gegenwärtiges gesetztes Wesen war ein Werk der Weisheit und Philosophie und nichts weniger als natürliches Phlegma: denn er hatte in seiner Jugend viel Feuer besessen und hatte eine schöne Frau aus Liebe geheiratet. Er war also von dieser kalten Antwort sei nes Neffen eben nicht sehr erbaut; auch konnte er sich nicht enthalten, sehr warm zu Sophiens Lobe zu sprechen und sich seine Verwunderung merken zu lassen, wie das Herz eines jungen Mannes der Macht solcher Reize widerstehen könnte, wofern es nicht von einer ältern Liebe bewacht würde.
    Blifil versicherte, er wisse nichts von einer solchen Wache, und dann fing er an, so weise und fromm über Liebe und Ehestand zu sprechen, daß er einem Vater oder Vormunde, der weit weniger von der Frömmigkeit gehalten hätte, damit das Maul gestopft haben würde. Am Ende ward der edle Mann überzeugt, daß sein Neffe gegen Sophie nicht die geringste Einwendung, vielmehr für sie diejenige Hochachtung habe, welche bei gesetzten und tugendhaften Gemütern der sichere Grund von Freundschaft und Liebe ist. Und da er nicht zweifelte, der Bräutigam würde in kurzer Zeit seiner Braut ebenso angenehm werden, so versprach er allen Teilen viel Glück, das aus einer so anständigen und wünschenswerten Verbindung erwachsen müßte. Mit Blifils Einwilligung also schrieb er den nächsten Morgen an Herrn Western die Nachricht, sein Neffe habe den Vorschlag mit Dank und Freude aufgenommen, und er würde bereit sein, der jungen Dame die Stunde seine Aufwartung zu machen, wo es ihr gefällig sein würde, seinen Besuch anzunehmen.
    Western war sehr erfreut über diesen Brief und schickte auf der Stelle seine Antwort; in welcher er, ohne seiner Tochter ein Wort davon gesagt zu haben, noch denselben Nachmittag bestimmte, um die Szene des Brautspiels zu eröffnen.
    [251] Sobald er diesen Boten abgefertigt hatte, suchte er seine Schwester auf, die er dabei antraf, daß sie Herrn Schickelmann die Zeitung vorlas und erklärte. Dieser Erklärung mußte er eine gute Viertelstunde beiwohnen, so hart auch der Zwang war, den sein natürliches Ungestüm darunter litt, ehe ihm gestattet ward, zu reden. Endlich fand er gleichwohl eine Lücke, der Dame zu sagen, er habe ein Geschäft von großer Wichtigkeit mit ihr zu überlegen, worauf sie antwortete: »
Mon frère,
ich bin ganz zu Ihrem Dienste. Im Norden stehn die Sachen so gut, daß ich heute recht
en humeur
bin.«
    Der Pfarrer ging dann hinaus, und Western hinterbrachte ihr alles, was vorgegangen war, und verlangte, sie möchte die Sache Sophien kundthun, was sie gerne und willig übernahm, obgleich bei dem allem ihr Bruder es den freudigen Aspekten im Norden ein wenig zu verdanken haben mochte, daß er so ohne alle kritische Noten über sein Benehmen durchwischte: denn er war wirklich ein wenig zu hastig und heftig.

Fünftes Kapitel.
    In welchem erzählt wird, was zwischen Sophien und ihrer Tante vorfiel.
     
    Sophie saß in ihrem Zimmer und las, als ihre Tante hereintrat. Den Augenblick, daß sie Ihro Gnaden ansichtig ward, schob sie das Buch so emsig weg, daß die gute Dame sich nicht entbrechen konnte, zu fragen, was das für ein Buch sei, welches sie sich so sehr zu zeigen fürchtete? »Auf mein Wort, gnädige Tante,« antwortete Sophie, »es ist ein Buch, das ich wohl gestehen darf gelesen zu haben, ohne mich zu schämen oder zu fürchten. Es ist das Werk eines jungen Frauenzimmers von Stande, deren richtiger Verstand nach meiner Meinung ihrem Geschlechte Ehre macht, und deren edles Herz ein Ruhm der menschlichen Natur ist.« Hier nahmen Ihro Gnaden das Buch in die Hand, warfen es aber gleich wieder hin und sagten: »Ja, die Verfasserin ist von sehr guter Familie; aber sie hält eben keinen Umgang mit Personen
comme il faut.
Ich hab's niemals gelesen, denn die besten Richter sagen:
Il n'y a pas grand' chose.
« – »Ich wage es nicht, gnädige Tante,« sagte Sophie, »meine Meinung den besten Richtern entgegenzusetzen; aber mir scheint darin viel Kenntnis der menschlichen Natur zu liegen; und in manchen Stellen eine so wahre Zärtlichkeit und ein so feines Gefühl, daß es mir manche Zähre gekostet [252] hat.« – »So!«

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