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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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»O Jemini! 'R Gnaden,« antwortete die andere, »vorwahr, Sie mach'n, daß 'ch zittr' und bebe, wie ein Hespenblatt. Lassen 'R Gnaden sich doch erbitten, und leid'n 'R Gnaden nicht, daß Ihnen ein so sinnloser Gedanke in 'n Kopf steige. O Jemini! Ich krieg' davon ein' Gänsehaut über mein'n ganzen Leib. O teuerste 'R Gnaden, bedenken 's doch! kein ehrlichs Begräbnis zu kriegen, bei frommer Christen Grab! und Ihre Leiche so hinschleppen zu lassen, an die Landstraßen und Zäune, und 'n großen Pfahl durchschlag'n zu lass'n, wie sie mit 'n Pachter Dreyer zu Ox-Croß umsprungen! und vorwahr, nun kann sein' arme Seele nicht zu Gnaden komm'n, und spukt da alle Nächte herum, denn 's haben 'n viel Leute gesehn. Vorwahr und sicher! Nichts in der Welt, als der leibhaftige Gott sei mit uns! kann 'n Menschen solche arge Gedanken einblasen; denn 's läßt sich nichts Aergers und Gottlosers denken. Lieber die ganze Welt zu Grund' richten, als sich Schaden an seinem eignen lieben Leibe thun; das hab' ich von mehr als ein'n P'storen sagen hören! – Wenn 'R Gnaden so 'n gräulichen Abscheu für den jungen Herrn haben, und so 'ne gräßliche Pike, daß Ihnen schon graust, wenn Sie nur dran denken, daß 'R Gnaden mit 'm zu Bett gehn soll'n! – Ja, freilich wohl, mag's solche Anterpartien in der Welt geben, daß einer lieber eine Kröte anfaßt, als das Fleisch von g'wissen Leuten. Ja, worum nicht?« –
    Sophie war viel zu tief im Nachdenken versunken, um auf die vorhergehende gar ausbündige Rede ihrer Kammerjungfer die gehörige [13] Aufmerksamkeit verwenden zu können; sie fiel ihr also ein, ohne im geringsten darauf zu antworten, und sagte: »Liebes Norchen! Ich habe einen Entschluß gefaßt. Es ist bei mir ausgemacht, ich verlasse meines Vaters Haus noch diese Nacht; und wenn Sie die Freundschaft für mich hegt, die Sie mir oft beteuert hat, so wird Sie mir Gesellschaft leisten.« – »Das will ich, 'R Gnaden, so weit hin, da die Welt mit Brettern zugenagelt ist,« antwortete Honoria. »Aber ich bitt 'R Gnaden, bedenken 's wie 's gehn wird, ehr Sie 'ne unkluge That begehn. Wo könn'n 'R Gnaden wohl hingehn?« – »Ich kenne eine vornehme Dame in London,« versetzte Sophie, »die mir verwandt ist, welche verschiedene Monate bei meiner Tante auf dem Lande zubrachte, die mir während der ganzen Zeit gar viel Freundschaft erzeigte, und ein solches Wohlgefallen an meiner Gesellschaft hatte, daß sie meine Tante sehr dringend bat, sie möchte mir erlauben, daß ich mit ihr nach London gehen dürfte. Und es ist eine sehr wohlbekannte Dame, so, daß ich solche ganz leicht werde ausfragen können, und ich zweifle keineswegs, daß sie mich sehr gütig und freundschaftlich aufnehmen wird.« – – »Wohl gut, aber nicht allzugut!« versetzte Honoria. »Ich wollt' doch nicht, daß 'R Gnaden sich gar zu fest darauf verlassen thäten! Denn die erste Dame, die ich bediente, bat auch die Leute gar dringlich, 's sollten s' besuchen, und hernacher, wenn sie hörte, sie kämen: ja da ging 's ihn'n weit aus'm Wege. Darzu auch mein'r Ehr', wenn's auch dieser Dame sehr lieb wär', 'R Gnaden zu sehn, und Krety und Plethy muß das lieb sein, 'R Gnaden zu sehn, vorwahr! Aberst, wenn sie denn hört, daß 'R Gnaden so weggeloffen sind vom gnädigen Herrn« – »Da irrt' Sie sich, gute Nore,« sagte Sophie. »Sie hat gar keine so hohe Begriffe von der Macht eines Vaters, als ich habe. Denn sie bestand gar gewaltig darauf, daß ich mit nach London gehen sollte, und als ich mich weigerte, ohne Einwilligung meines Vaters mit ihr zu gehn, da lachte sie, und höhnte mich aus, und nannte mich ein einfältiges Landfräulein, und sagte, ich würde ein gehorsames Eheweib werden, weil ich ein so pflichtvolles Kind gegen meinen Vater wäre. – Sonach zweifle ich nicht, sie wird mich nicht nur aufnehmen, sondern auch beschützen, bis mein Vater, wenn er sieht, daß ich nicht mehr in seiner Gewalt bin, wieder auf billigere Gedanken gebracht werden kann.« – »Wohl gut genug,« antwortete Honoria, »aber wie meinen 'R Gnaden aus'm Hause zu komm'n? Wo nehmen Sie Pferd' her und Wagen, und so was? Denn 'R Gnaden eignes Reitpferd – ja, da wissen's die Knechte, daß 's zwischen 'n gnädigen Herrn und meiner gnädigen Frölen nicht so recht richtig ist; und Robert läßt sich ehr häng'n, als daß ers aus'm Stall läßt, wenn's unser gnädige Herr nicht selbst befiehlt.« – »Ich [14] denke aus'm Hause zu kommen, wie man daraus kommt,« sagte Sophie, »wenn

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