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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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schönen jungen Dame, woraus Personen von Stande lernen können, wie sie es zu machen haben, um die Liebe der ganzen Welt zu gewinnen.
     
    Da sich die Wirtin erinnerte, daß Susanna die einzige Person sei, welche zu der Zeit im Hause noch auf den Beinen gewesen, als [188] die Kammerthür aufgesprengt worden, machte sie sich augenblicks hin zu ihr, um sich sowohl nach der ersten Veranlassung des Tumults, als nach dem fremden Herrn zu erkundigen, und zu welcher Zeit er angekommen und woher?
    Susanna erzählte die ganze Geschichte, welche dem Leser bereits bekannt ist, und beugte die Wahrheit bloß in einigen Umständen nach ihren eignen Absichten, und das Geld, was sie empfangen hatte, verschwieg sie ganz und gar. Da aber ihre gebietende Frau in der Vorrede zu ihren Fragstücken viel von dem Mitleiden gesprochen hatte, welches sie wegen der Furcht empfände, worin die fremde Dame, in Ansehung des gewaltsamen Angriffs auf ihre Tugend geschwebt habe; so konnte Susanna nicht umhin, sich alle Mühe zu geben, um die Unruhe zu besänftigen, in welcher ihre Gebieterin über diesen Punkt zu sein schien, indem sie aus allen Kräften schwur und fluchte, sie habe Jones aus ihrem Bette springen sehen. Die Frau Wirtin geriet bei diesen Worten in die heftigste Wut. »Ein schönes Histörchen,« rief sie, »wahrhaftig! Eine Frau würde auch so laut schreien und ihre Ehre bloßgeben wollen, wenn das wahr wäre! Möchte doch wohl wissen, was irgend für eine Frau in der Welt für einen bessern Beweis von ihrer Tugend geben könnte, als daß sie laut schreit; und daß sie das gethan hat, können wohl zwanzig Leute bezeugen, glaub' ich. Ich bitte Mamsell Sausewind, von meinen Gästen solche ehrenrührige Sagen nicht unter die Leute zu bringen: denn das würde nicht nur meine Kunden, sondern auch mein Haus beschimpfen und schänden; und wahrhaftig! Straßenläufer oder gottlos Bettelpack kehren doch niemals bei mir ein.«
    »Nun gut,« sagte Susanna, »so muß ich denn meinen eignen Augen nicht mehr trauen.« – »Nein! das muß man freilich nicht immer,« antwortete ihre Gebieterin. »Bei solchen hübschen adelichen Personen hätt' ich meinen eignen Augen nicht getraut. Seit einem ganzen halben Jahre ist kein so stattliches Abendessen von mir verlangt worden, als sie sich gestern Abend bestellten, und 's waren so gutmütige, so leicht zufriedene Leute, daß sie an meinem Worcester Birnmost, den ich ihn'n für Champagnerwein verkaufte, nicht das geringste Wörtchen aussetzten. Er ist nun freilich von ebenso schönem Geschmack und ebenso gesund, als der beste Champagner in ganz England, sonst wär' ich zu gewissenhaft, ihn den Leuten zu geben; und sie haben auch zwei ganze Flaschen ausgetrunken. Nein, nein, von so lieben, friedlichen Leuten mag ich mein Lebstage lang nichts Böses glauben.«
    Da Susannen diesergestalt der Mund gestopft war, ging ihre Gebieterin über zu andern Sachen. »Sie sagt mir also,« fuhr sie fort, »daß der fremde Herr mit Kurierpferden angekommen ist? [189] und daß er einen Lakaien bei sich hat, der bei den Pferden im Stalle ist? Ja nun! so ist es gewiß auch ein vornehmer Herr. Warum hat sie ihn denn nicht gefragt, ob ihm nicht was zum Nachtessen beliebte? Ich denke wohl, er wird mit auf des andern Herrn sein Zimmer gegangen sein. Fort, gleich hinauf! und frage Sie ihn, ob er gerufen hat? Vielleicht läßt er sich noch was geben, wenn er sieht, daß noch jemand im Hause auf ist, der's anrichten kann. Und mach' Sie nur keine von ihren Einfaltsstreichen, daß Sie sagt, das Feuer wär' ausgegangen, oder die Hühner noch nicht geschlachtet. Und wenn er Hammelkarbonade fordern sollte, so plappere Sie nur nicht heraus, daß wir kein Fleisch im Hause haben. Der Metzger hat eben, wie ich zu Bett gehen wollte, ein Schaf geschlachtet, das weiß ich, und er haut mir gern ein Stück aus, wenn's gleich noch warm ist; das thut er gern, wenn ich ihn drum bitten lasse. Geh' Sie! Aber daß Sie's nur weiß, wir haben allerlei Sorten Hammelfleisch und Federvieh im Hause, hört' Sie's! Fort! hinauf! und wenn Sie die Thüre aufmacht, so sag S'e hübsch: Haben Sie gerufen, gnädige Herren? und wenn sie nicht antworten, so muß Sie fragen, was Ihr' Gnaden zum Nachtessen befehlen. Vergeß Sie nur nicht, daß 'e gnädge Herrn und Ihr Gnaden heißen. Nu! geh' Sie; wenn Sie uf alle diese Dinge nich besser Achtung gibt, so wird Sie's in der Welt nich weit bringen, denk' Sie an mich.«
    Susanna ging fort und kam bald mit der Antwort

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