Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)
zurück, daß die Herren sich zusammen in ein Bett gelegt hätten. »Zwei Herren,« sagte die Wirtin, »in ein Bett! das ist unmöglich! das muß Mäusefallenträgerpack sein, oder ich bin nicht ehrlich! und ich glaube, der junge Herr von Alwerth schoß nicht weit vorbei, als er meinte, daß der Kerl willens gewesen wäre, die gnädige Frau zu bestehlen; denn wenn er der Dame ihr Zimmer in dem ruchlosen Vorsatze eines hübschen feinen Herrn aufgebrochen hätte, so hätte er sich gewiß nicht so weggeschlichen hin aufs Zimmer eines andern, um das Geld für ein eigen Bett zu ersparen. 'S sind gewiß Diebe, und das Nachlaufen nach einer Frau ist nur Vorgeben und Wind, das glaub' Sie nur.«
Mit diesem tadelnden Argwohn that die Frau Wirtin gleichwohl dem Herrn Fitz Patrick groß Unrecht; denn er war wirklich ein geborner Edelmann, ob er gleich keinen Pfennig von Hause aus zu erben hatte; und ob er wohl nach Herz und Kopf vielleicht eben nicht auf den ersten Heerschild Anspruch machen könnte: so konnte man ihm doch nicht mit Recht vorwerfen, daß er zu den schleichenden Knickern gehörte. Er war in der That ein so freigebiger Mann, daß, so ansehnlich der Brautschatz gewesen, den er mit seiner Frau Gemahlin bekommen, er solchen doch, bis auf ein kleines verfestetes [190] Leibgedinge, bereits bei Heller und Pfennig unter die Leute gebracht hatte; und um mit diesem Leibgedinge noch ebenso großmütig schalten und walten zu können, hat er seiner Ehefrau fast grausam mitgespielt. Diese Begegnung, zusammengenommen mit seiner Eifersucht, welche von der unerträglichsten Art war, hatte die arme Frau gezwungen, ihrem Eheherrn davonzulaufen.
Dieser adliche Herr war damals durch seine starke Tagreise von Chester bis hierher sehr ermüdet. Diese Reise und einige derbe Stöße, die er in dem Gebalge davongetragen hatte, hatten seine Gliedmaßen sehr ermattet; dazu genommen, daß ihm auch sein Kopf ganz und gar nicht recht stand, so war ihm durch alles das alle Lust zum Essen vergangen. Und da er sich so gewaltig in dem Frauenzimmer geirrt, welche er auf das Wort des Stubenmädchens ohne weiteres für seine Ehefrau gehalten hatte, so kam ihm auch nicht einmal der Gedanke in den Kopf, daß sie dennoch bei alledem wohl im Hause sein könnte! ob er sich gleich in derjenigen Person geirrt, die er, die erste die beste, dafür angepackt hatte. Er ließ sich also von seinem Freunde überreden, für diese Nacht von aller weitern Nachsuchung abzustehen, und nahm das gütige Anerbieten einer Stelle in seinem Bette an.
Sein Lakai und der Postillon befanden sich in einer ganz andern Fassung. Sie waren schneller in den Federn, als die Frau Wirtin im Auftischen. Nachdem sie gleichwohl von ihnen den wahren Zusammenhang der Umstände so ziemlich zuverlässig herausgebracht und sich überzeugt hatte, daß Herr Fitz Patrick kein Dieb wäre, so geruhte sie endlich, ihnen etwas von kalter Küche vorzusetzen, woran sie noch mit vielem Heißhunger schlangen, als Herr Rebhuhn in die Küche kam. Er war zuerst von dem Lärmen aufgeweckt, den wir mit angesehn haben; und da er sich von neuem auf seinem Kopfkissen zurechtlegen wollte, hatte ihm ein Leichenhuhn oder Nachteule vor seinem Fenster eine solche Serenade gebracht, daß er in der entsetzlichsten Angst aus dem Bette aufsprang, holter und polter seine Kleider überwarf, und herunter nach der Küche lief, um bei der Gesellschaft Schutz zu suchen, die er dort noch im Gespräch begriffen gehört hatte.
Seine Ankunft hielt die Frau Hauswirtin ab, wieder zu ihrer Ruhe zu gehen; denn sie stand eben im Begriff, die andern beiden Gäste Susannens Aufsicht zu überlassen. Aber dem Freunde des jungen Herrn von Alwerth konnte man nicht so schlechtweg begegnen, besonders da er eine Pinte Glühwein mit Eiern und Zucker forderte. Sie machte augenblicklich Anstalt und setzte eine Pinte Birnmost zum Feuer; denn dieser Birnmost war so tauffertig, daß er sich jeden Namen gefallen ließ, den man ihm nur geben wollte.
[191] Der irländische Lakai hatte sich nach seiner Schlafstelle verfügt, und der Postillon stand auf'm Sprung ihm nachzufolgen; aber Rebhuhn nötigte ihn, zu bleiben und seinen Glühwein mit zu trinken, welches der Bursche mit vielem Dank annahm. Der Schulmeister fürchtete sich wirklich, allein nach seinem Bette zurückzukehren, und da er nicht wußte, wie lange er der Gesellschaft der Frau Wirtin genießen würde, so wollte er sich wenigstens des Postillons versichern, in dessen Gesellschaft er
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