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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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sehn noch ein bißchen aus, als ein rechtlicher Mann und können sitzen bleiben, wenn Sie wollen. Ich mag nicht gern sonst jemand stören, als nur die Kretis und Pletis.«
    »Ja, ja! Madame,« rief Rebhuhn, »ich bin gewiß kein Kreti und Pleti, und glauben Sie nur, daß ich mich nicht eben so leicht stören lasse.
Non semper vox causalis est verbo nominativus.
« Dieses Latein hielt sie für spitzige Redensarten und antwortete: »Sie mögen meinetwegen ein rechtlicher Herr sein, so viel Sie wollen, aber mit Ihrer Aufführung zeigen Sie's nicht, daß Sie lateinisch oder was es ist zu einer Dame sprechen können.« Rebhuhn gab ihr eine höfliche Antwort, woran er noch einige Brocken mehr Latein hängte. Hierüber warf sie die Nase in die Höh' und begnügte sich damit, ihm dadurch eins zu versetzen, daß sie ihn einen hochgelahrten Herrn hieß.
    Die Nachtmahlzeit war jetzt zu Tische gebracht und für eine so delikate Person aß Jungfer Abigail gar wacker drauf los, und unterdessen, daß auf ihren Befehl eine zweite Portion in der Pfanne zum Feuer gebracht ward, sagte sie: »Und so, Madame, erzählt' Sie mir, daß Ihr Haus von vornehmen Personen von Adel besucht wird?«
    Die Wirtin gab eine bejahende Antwort und sagte: »Es wären viele adeliche Personen und viele andre vornehme Leute grad jetzt im Hause. Da ist der junge adliche Herr von Alwerth unter andern, wie der Herr da wissen.«
    »Ei, ich bitte! kann ich nicht erfahren, wer dieser junge Herr von Adel, dieser Junker von Alwerth ist?« sagte Abigail.
    »Wer sollt' es sein«, antwortete Rebhuhn, »als der Sohn und Erbe des reichen Junkers von Alwerth in Sommersethire?«
    »Meiner Ehre«, sagte sie, »Sie sagen m'r da recht grause Dinge! Ich kenne Herrn von Alwerth in Sommersethire mehr als zu gut, und daß er keinen lebendigen Sohn hat, weiß ich auch, meiner Ehre!«
    [197] Die Wirtin spitzte bei diesen Worten die Ohren und Rebhuhn sah aus wie jemand, dem die Petersilge abgehagelt ist, und nachdem er sich ein Weilchen besonnen hatte, antwortete er: »Madame haben wohl recht, es ist wahr, es weiß nicht jedermann, daß es des Herrn von Alwerths Sohn ist, denn er war mit seiner Mutter nicht getraut. Aber daß es sein Sohn ist, dar auf können Sie sich verlassen, und daß er sein Erbe sein wird, das ist ebenso gewiß, als sein Name Jones heißt.« Bei diesem Worte ließ Abigail die Schnitte Schinken, mit der sie eben zum Munde fahren wollte, von der Gabel fallen und rief aus: »Herr, Sie erstaunen mich! Ist's möglich? Ist er jetzund hier im Hause? Jones? Ist's möglich?« –
»Quare non?«
antwortete Rebhuhn. »Es ist möglich, denn es ist gewiß.« Jetzt hastete sich Abigail mit dem Ueberreste ihrer Mahlzeit fertig zu werden, und verfügte sich dann hinauf zu ihrer Gebieterin, worauf die Unterredung vorfiel, welche man in dem nächsten Kapitel lesen kann.

Fünftes Kapitel.
    Zeigt, wer die liebenswürdige Dame und ihre liebenswidrige Zofe waren.
     
    Wie gegen Ende des Junimonats die Damaszener Rose, welche der Zufall zwischen die Lilien hin versetzt hat, die ihr blendendes Weiß zu ihrer zarten Röte mischen, oder wie ein schäkerndes Queckrind im wonnigen Monat Mai seinen wohlriechenden Atem über die blumenreichen Wiesen verbreitet, oder wie in dem blütereichen April das Bild treuer Liebe die Taube auf dem schlanken Baumaste sich wiegt und girrend an ihren Gatten denkt, so von tausend Reizen strahlend, ebensoviel Wohlgerüche hauchend, mit ihren Gedanken geheftet auf ihr liebes Tömchen, mit einem Herzen so gut unschuldsvoll als voll ihr Gesicht von Schönheit, lag Sophie (denn sie war es selbst) mit ihrem liebenswürdigen Haupt auf ihre Hand gestützt, als ihre Zofe ins Zimmer trat und spornstreichs dem Bette zurennend ausrief: »Gnädigs Fröln! o, gnädigs Fröln! Was meint' Ihr Gnaden, wer wohl hier ist im Haus?« Sophie richtete sich erschrocken auf und sagte: »Ich denke doch nicht, daß mein Vater uns nachgekommen ist!« – »Ach nein, Ihr Gnaden! 's ist wohl wer wer so gut ist, als hundert Papas; Herr Jones selbst ist hier in dieser sticken Stunde!« – »Herr Jones?« sagte Sophie. »Es ist unmöglich, Nore! Wie sollt' ich zu dem Glück kommen!« Ihre Jungfer beteuerte die Wahrheit und ward unverzüglich von ihrer Gebieterin abgefertigt, um ihn zu bitten zu ihr zu kommen, denn [198] sie sagte, sie wäre entschlossen, ihn noch diesen Augenblick zu sprechen.
    Jungfer Honoria hatte kaum die Küche verlassen auf die Art, wie wir vorhin gesehen haben,

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