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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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den Aufwartmädchen fragte doch, noch eh' es vom Pferde stieg, ob hier der Weg nach London durchginge? Nun hab 'ch alle diese Umstände zusammengenommen, und was meinst du wohl, hab' ich herausgebracht, was es für Damen sind?« – »Ja nun,« antwortete sie, »du weißt ja, daß ich mich niemals damit abgebe, deine Entdeckungen zu erraten.« – »Bist'n gutes Kind!« erwiderte er, und patschelte ihr unters Kinn, »ich muß bekennen, daß du mir niemals streitig gemacht, daß 'ch in solchen Sachen weiter sehe als du. Nun also, du kannst dich auf mich verlassen, merk's wohl, was ich dir sage! – Du kannst dich drauf verlassen, es sind ganz gewiß 'n paar Damen von der Partei der Rebellen, welche, wie man sagt, mit dem jungen Prätendenten herumziehen, und die hab'n diesen Umweg genommen, um der Armee des Herzogs aus'm Wege zu gehen.«
    »Lieber Mann,« sagte die Frau, »du hast es gewiß richtig getroffen, denn die eine ist so reich gekleidet, als nur immer eine Prinzessin es sein kann, und fürwahr, sie sieht so hübsch aus, als nur eine Prinzessin in der ganzen Welt aussehen kann. Und doch, wenn ich eins dabei bedenke« – »Bedenken! du!« fiel ihr der Wirt mit verächtlicher Miene ins Wort, – »nun, ja doch! komm, laß 'nmal hören, was du bedenkst.« – »Ei nu! es ist,« antwortete die Ehefrau, »daß sie viel zu demütig ist für eine vornehme Dame, denn derweil unsre Liese ihr Bett wärmte, nannte sie sie immer [234] nicht anders als Kind, und meine Liebe und meine Beste! Und als ihr Liese die Strümpfe ausziehen wollte, da wollt sie's nicht leiden, und sagte, sie wollte ihr die Mühe nicht machen.«
    »Puh!« antwortete der Ehegemahl, »das sagt nichts! Meinst du denn, weil du einige vornehme Damen gesehen hast, welche mit geringen Leuten barsch und grob umgingen, daß deswegen keine weiß, wie sie mit Leuten umgehen müsse, die nicht so vor nehm sind als sie selbst? Ich sollte denken, ich kennte die Leute von vornehmem Stande, wenn ich sie sehe! Ich sollte denken, ich kennte sie! Forderte sie nicht gleich ein Glas Wasser, als sie ankam? Wenn's ein andrer Schlag von Frauenzimmer gewesen wäre, so hätte sie einen Schnaps gefordert, das siehst du wohl ein, hätte sie! Wenn es nicht eine Dame von sehr hohem Stande ist, so sollst du mich zu Markte schicken und für'n Narren verkaufen, und wer mich kauft, mein' ich, soll sein Geld schlecht anlegen. Und nun, sag' nur! würde wohl eine Dame von solchem Stande ohne einen Mannsbedienten reisen, wenn es nicht eine ganz außerordentliche Bewandtniß mit ihr hätte?« – »Ja, nun freilich, lieber Mann,« sagte sie, »du verstehst solche Sachen viel besser als ich und viel andre Leute.« – »Ich sollte denken, ein wenig wüßte ich!« sagte er. »Ach ja, nun wohl,« antwortete die Frau; »das arme kleine Herzchen sah so kümmerlich aus, als sie sich in den Lehnstuhl setzte, daß ich dich versichre, ich mußte Mitleiden mit ihr haben, fast ebensoviel, als ob sie nur ein armes Mädchen gewesen wäre. Aber, was ist nun zu thun, mein lieber Mann? Wenn sie ein Rebelle ist, so denk' ich, wirst du sie doch wohl bei Hofe angeben müssen. Ja nu! 's ist eine sanftmütige, freundliche Dame! Aber mag sie sein, wer sie will, ich werd' es doch schwerlich lassen können, zu weinen, wenn ich höre, daß sie sie gehenkt oder geköpft haben.« – »Puh!« antwortete der Ehemann. »Was aber bei der Sache zu thun ist, das läßt sich nicht so leicht ausmachen. Ich hoffe, wir werden, noch ehe sie weiter reist, die Zeitung von einer Bataille bekommen, denn sollte der Prätendent die Schlacht gewinnen, so kann uns ihre Bekanntschaft bei Hofe viel Vorteil thun, und sie kann unser Glück machen, ohne daß wir sie zu verraten brauchen.« – »Ja, das ist auch wahr!« erwiderte die Frau, »und ich hoffe recht von Herzen, daß es in ihrer Gewalt stehen mag. Fürwahr! 's ist ene süße, liebe Dame; es sollte mir herzlich wehe thun, wenn ihr was Böses begegnete.« – »Pfuh!« schrie der Wirt, »Weiber sind immer so weichherzig. Wollt'st du denn wohl Rebellen im Hause beherbergen? Wollt'st du?« – »Nein, gewißlich nicht!« antwortete die Frau, »und wenn wir sie angeben, was können wir davor, was darnach kommt. Tadeln kann uns darüber niemand. Das würde ein jeder thun, der an unsrer Stelle wäre.«
    [235] Unterdessen daß unser politischer Gastwirt, welcher, wie wir sehen, nicht unverdienterweise wegen großer Weisheit unter seinen Nachbarn berühmt war, sich damit

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