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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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beschäftigte, mit sich selbst über die Sache zu beratschlagen (denn er achtete sehr wenig auf die Meinung seiner Frau), lief die Zeitung ein, daß die Rebellen dem Herzoge entwichen wären und auf dem Wege nach London einen Marsch voraus gewonnen hätten, und bald darauf langte ein berühmter jakobitischer Junker an, welcher mit großer Freude im Gesichte den Wirt bei der Hand schüttelte und sagte: »Alles ist unser, Freund! Zehntausend brave Franzosen sind in Suffolk ans Land gesetzt. Vivat alt England! Zehntausend Franzosen! guter ehrlicher Schlag. Nun soll das Ding schon gehen; ich geh' gleich weiter und trommel's überall aus.« Diese Neuigkeit brachte den weisen Mann zu einer nähern Bestimmung seiner Gedanken und er beschloß, der jungen Dame, sobald sie aufstände, seine Kour zu machen, denn er hatte nun, wie er sagte, herausgebracht, daß es niemand anders sei, als die Geliebte des Prätendenten, die berühmte Jenny Cameron in eigner Person.

Drittes Kapitel.
    Ein sehr kurzes Kapitel, in welchem gleichwohl eine Sonne, ein Mond, ein Stern und ein Engel vorkommen.
     
    Die Sonne hatte sich schon seit einiger Zeit (denn um diese Jahrszeit ist sie fast ganz bürgerlich) zur Ruhe begeben, als Sophie sehr erquickt von ihrem Schlaf aufstand, welcher, so kurz er war, dennoch durch nichts als durch ihre außerordentliche Ermattung hätte veranlaßt werden können; denn ob sie gleich ihrer Kammerjungfer gesagt hatte, als sie Upton verließ, und sie es auch vielleicht selbst glauben mochte, sie sei völlig ruhig, so ist doch nichts gewisser, als daß ihre Seele ein wenig von der Krankheit angegriffen war, die von allen unruhigen Symptomen eines Fiebers begleitet wird und vielleicht gerade diejenige Unpäßlichkeit ist, welche die Aerzte meinen (wofern sie etwas meinen!), wenn sie von einem Nervensieber sprechen.
    Madame Fitz Patrick verließ um eben die Zeit gleichfalls ihr Bett. Sie klingelte ihrer Jungfer und kleidete sich unverweilt an. Sie war wirklich ein sehr hübsches Frauenzimmer, und in jeder andrer als Sophiens Gesellschaft möchte man sie für schön gehalten haben. Allein als Jungfer Honoria aus eignem Antrieb ihre Aufwartung machte (denn ihre Gebieterin wollte nicht, daß man sie wecken sollte) und unsre Heldin hatte fertig ankleiden helfen, ging [236] es den Reizen der Madame Fitz Patrick, die das Amt eines Morgensterns verrichtet hatte und der Vorläufer eines größern Glanzes gewesen war, ebenso, wie es diesem Stern zu gehen pflegt, das heißt, sie wurden völlig verdunkelt, als der größere Glanz hervortrat.
    Vielleicht hatte Sophie niemals schöner ausgesehen, als eben zu dieser Stunde. Wir müssen also die Magd im Wirtshause wegen ihrer Hyperbel nicht verdammen, welche, als sie das Feuer angemacht hatte und wieder herunter kam, erklärte und mit einem Eide beteuerte, wenn es einen Engel auf Gottes Erdboden gäbe, so wäre er gewiß oben im Zimmer.
    Sophie hatte ihre Kousine mit ihrem Vorsatze, nach London zu gehen, bekannt gemacht, und Madame Fitz Patrick hatte sich erklärt, sie dahin zu begleiten; denn die Ankunft ihres Eheherrn zu Upton hatte ihr Vorhaben, nach Bath, oder zu ihrer Tante Western zu gehen, vereitelt. Sobald sie also mit ihrem Thee fertig waren, that Sophie den Vorschlag, weiterzugehen, weil der Mond eben gar helle schien und ihr das bißchen Frost sehr willkommen war. Sie fühlte auch gar keine von den Aengstlichkeiten, welche manches junge Frauenzimmer vor dem Nachtreisen gefühlt haben möchte; denn sie besaß, wie wir vorhin schon bemerkt haben, einen kleinen Grad von natürlicher Herzhaftigkeit, und diese ward durch ihre gegenwärtige Gemütsverfassung, die fast nahe an Verzweiflung grenzte, um ein merkliches vermehrt. Da sie überdem schon bei diesem Mondscheine mit aller Sicherheit gereist war, so war sie dadurch um so dreister geworden, es auch zum drittenmale zu wagen.
    Madame Fitz Patrick war von furchtsamerem Gemüt: die größere Angst hatte zwar die geringere besiegt und die Gegenwart ihres Gemahls hatte sie zu einer so unzeitigen Stunde aus Upton getrieben; jetzt aber wirkte diese geringere Furcht vor ich weiß nicht was, jetzt, da sie an einen Ort gelangt war, woselbst sie sich vor seinen Verfolgungen völlig sicher hielt, bei ihr so stark, daß sie ihrer Kousine aufs dringendste anlag, sie möchte doch bis den nächsten Morgen verweilen und sich nicht den Gefahren des Nachtreisens aussetzen.
    Sophie, welche bis zum Uebermaß gefällig war, gab endlich dieser

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