Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)
Namen und wo Ihr wohnt, und es ist mehr als möglich, daß Ihr einst weiter Ursache haben werdet, mit dem was Euch heute morgen begegnet ist, zufrieden zu sein.«
»Ich weiß nicht, was Sie mit Ihrem zufriedensein sagen wollen,« erwiderte der Kerl. »Es sieht wohl darnach aus, daß ich zufrieden sein muß, ob Sie der Dame das Geld wiedergeben oder nicht. Aber ich hoffe, Ihr Xlenz werden bedenken.« – »Kommt, kommt,« sagte Rebhuhn, »sagt dem gnäd'gen Herrn Euren Namen und wo man Euch finden kann, ich bin Euch Bürge, es wird Euch niemals gereuen, daß Ihr das Geld in seine Hände gegeben habt.« Als der Kerl weiter keine Hoffnung sah, wieder zum Besitz des Taschenbuchs zu gelangen, ließ er sich's endlich gefallen, seinen Namen und Wohnort zu sagen, welches Jones mit Sophiens Bleistift auf ein Stückchen Papier schrieb, und indem er das Papier zu eben dem Blatt legte, auf welches sie ihren Namen geschrieben hatte, rief er aus: »Da seht Ihr, Freund, Ihr seid der glücklichste Mensch auf Erden, ich habe Euren Namen zu dem Namen eines Engels gelegt.«
»Engel hin, Engel her,« antwortete der Kerl; »mir wäre mehr damit gedient, daß Sie mir entweder noch mehr Geld oder auch das Taschenbuch wiedergäben.« Jetzt spitzte Rebhuhn seinen Hahnenkamm, er gab dem armen Krüppel allerlei Schimpf- und Schandnamen und bestand platterdings darauf, ihn auszuprügeln. Jones aber wollte ein solches Verfahren nicht zugeben. Vielmehr sagte er dem Kerl, er würde gewiß Gelegenheit finden, ihm einen guten [291] Dienst zu erweisen, und damit ging er fort, so geschwind als ihn seine Füße tragen wollten, und Rebhuhn, dem die Gedanken an die hundert Pfund neuen Mut und Kräfte eingeflößt hatten, folgte seinem Führer; der Mann aber, welcher sich genötigt sah zurückzubleiben, ergoß sich in Verwünschungen aller beider so gut als seiner Eltern: »Denn hätten sie mich in die Armenschule geschickt,« rief er, »daß ich Lesen gelernt hätte und Schreiben und Rechnen, so hätt' ich ebensogut gewußt was die Sachen wert waren als andre Leute.«
Fünftes Kapitel.
Enthält mehr Abenteuer, welche Herrn Jones und seinem Gefährten unterwegs aufstießen.
Unsre Reisenden gingen jetzt so hurtig, daß sie sehr wenig Zeit und Atem zum Sprechen hatten. Jones dachte den ganzen Weg über an Sophie und Rebhuhn an die Banknote, welche, ob sie ihm gleich einiges Vergnügen machte, ihm doch zu gleicher Zeit auch einigen Aerger über das Glück verursachte, das ihm auf allen seinen Wegen noch niemals eine solche Gelegenheit zugeführt hätte, seine Ehrlichkeit zu zeigen. Sie waren eine starke Stunde gegangen, als Rebhuhn, der es nicht länger mit Jones behendem Schritt aushalten konnte, ihm zurief und ihn bat, er möchte es doch etwas langsamer angehen lassen; worin ihm Jones um desto leichter willfahrte, weil er seit einiger Zeit die Hufspuren der Pferde verloren hatte, welche er bei dem Tauwetter eine ziemliche Strecke hindurch hatte wahrnehmen können, und sie waren nun auf einer weiten Trift, über welche verschiedene Wege liefen.
Er stand also hier still, um zu überlegen, welchem von diesen Wegen er folgen sollte, als sie auf einmal den Schall einer Trommel hörten, welcher aus der Nähe zu kommen schien. Dieser Ton setzte alsobald Rebhuhns Furcht in vollen Gang und er schrie: »Gott sei uns gnädig und barmherzig! Gewiß, da kommen sie schon!« – »Wer kommt schon?« rief Jones; denn die Furcht hatte längst schon in seinem Gemüte viel lieblicheren Ideen Platz gemacht, und seit seinem Abenteuer mit dem lahmen Manne war er des völligen Vorsatzes, Sophien nachzureisen, und er hatte nicht den geringsten Gedanken an einen Feind. »Wer!« schrie Rebhuhn. »Je, die Rebellen! Aber warum sollt' ich sie Rebellen nennen? Es mögen wohl recht wackere Männer sein! Das will ich ihnen ganz und gar nicht abstreiten. Mag den der Henker holen, der ihnen was zuleide sagt! ich gewiß nicht. Fürwahr wenn sie mir nichts zu sagen haben, so will ich ihnen auch gewiß nichts zu sagen haben, als alles Liebe [292] und Gute. Ums Himmels willen! lieber Herr, sagen Sie ihnen doch ja nichts zuwider, wenn sie kommen sollten, dann lassen sie uns vielleicht in Ruh' und Frieden gehen. Aber wär' es wohl nicht am ratsamsten, wenn wir uns dort solange in jene Büsche verkröchen, bis sie vorbeimarschiert sind? Was können zwei wehrlose Mann gegen vielleicht ihrer fünfzigtausend thun? Fürwahr, niemand als wer nicht bei Sinnen ist, – ich hoffe, Ihr Gnaden
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