Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
Vom Netzwerk:
ohne niedrigen Witz, närrische Einfälle oder Possen, oder um ihm nichts mehr als Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, ohne irgend etwas, das einen hätte zum Lachen bewegen können. Die Zuschauer waren außerordentlich vergnügt. Eine sehr ehrbare Matrone sagte dem Prinzipal, sie wollte morgen abend ihre beiden Töchter mitbringen, weil er kein possenhaftes Zeug vorstellte, und ein Aktenschreiber und ein Accisbedienter bezeugten beide, die Charaktere des Herrn und der Frau Townny wären brav gehalten und richtig nach [294] dem Leben gezeichnet. Dieser Meinung stimmte Rebhuhn gleichfalls bei.
    Der Herr Marionettenspiel-Direktor ward durch diese Lobsprüche dergestalt in die Höhe geschraubt, daß er sich nicht enthalten konnte, noch einige von den seinigen hinzuzufügen. Er sagte, unsre Zeiten wären über diesen Punkt so aufgeklärt als über die Marionettenspiele, aus welchen man durch Abschaffung des Hanswursts und seiner Frau, der Liesel, und dergleichen groben Personagen, endlich einen sehr vernünftigen und lehrreichen Zeitvertreib gemacht habe. »Ich erinnere mich noch,« sagte er, »als ich zu erst anfing das Wort zu führen, gab es noch eine Menge von unregelmäßigen Stücken, welche gut genug dazu waren, das Volk lachen zu machen; aber sie waren gar nicht darauf berechnet, die Sitten junger Leute zu bessern, welches doch der eigentliche und wahre Hauptzweck ist, der bei einem Puppenspiele beabsichtigt werden soll; denn warum sollte man nicht Tugend und Empfindsamkeit ebensogut auf diesem Wege verbreiten können als auf einem andern? Meine Figuren haben Lebensgröße und sie stellen das menschliche Leben in allen Ständen vor, und ich bin gewiß, mein Auditorium geht aus meinen kleinen dramatischen Spielen ebenso erbaut nach Hause als aus größeren.« – »Ich bin keineswegs gesonnen,« antwortete Jones, »die größere Aufklärung in Ihrer Profession zu bezweifeln; bei alledem wäre mir's gleichwohl lieb gewesen, meinen alten Bekannten, den allezeit pritschfertigen Hanswurst mit seiner bunten Jacke wiederzufinden, und mich deucht, Sie haben dadurch, daß Sie ihn und sein lustiges Weib, die Liese, von Ihrem Theater verbannt haben, Ihr Spiel nicht sowohl verbessert als vielmehr verschlechtert.« Auf diese Worte faßte der steif und schlaffe Seiltänzer ohne weiteres eine herzliche Verachtung gegen Herrn Jones und versetzte mit spöttischer Künstlermiene: »Ich glaub' es, mein Herr, Ihre Meinung mag das wohl sein, aber ich habe das Vergnügen zu wissen, daß die aufgeklärtesten Richter ganz verschieden von Ihnen denken, und jedermanns Geschmacke zu gefallen, das ist unmöglich. Ich gesteh' allerdings, einige von den hochadeligen Personen zu Bath verlangten vor zwei oder drei Jahren gar sehnlich den Hanswurst wieder auf meiner Bühne zu sehen, und ich glaube, ich büßte ein ziemliches Geld dadurch ein, daß ich ihnen nicht darin gefällig sein wollte, aber laß andre es machen wie sie wollen, ich werde mich durch Kleinigkeiten nicht bestechen lassen, meine eigne Kunst herabzuwürdigen, und mit meinem Willen soll der Wohlstand und die Regelmäßigkeit meiner Schaubühne nicht dadurch verletzt werden, daß ich wieder solche Possenreißereien darauf litte.«
    »Recht, Freund,« rief der Schreiber, »Sie haben's größte Recht! [295] Immer weg mit allem was niedrig und gemein ist! Verschiedene von meinen Bekannten in London sind fest entschlossen, alles was niedrig und gemein ist vom Theater zu treiben.« – »Das ist ein sehr löblicher Vorsatz,« rief der Accisbediente und nahm dabei seine Pfeife aus dem Mund. »Ich erinnere mich noch,« fuhr er fort, »(denn ich diente damals bei unsrem Grafen), ich war den Abend auf der Bedienten-Galerie, als die Komödie vom ›aufgebrachten Ehemann‹ zum erstenmal agiert wurde. Es war eine große Menge gemeinen Schnickschnacks darin über einen Landedelmann, der zur Stadt gekommen war und im Parlament sitzen wollte, und da brachten sie ein paar von seinen Bedienten mit ins Spiel, und auf den Kutscher besinn' ich mich noch am besten, aber die Herren in unsrer Galerie konnten so gemein Zeug nicht ausstehen und zischten es aus. Ich sehe, Freund, Sie haben alle den Kram ausgelassen und verdienen dafür Lob und Ehre.«
    »Ja, meine Herren,« rief Jones, »gegen so viele Stimmen kann ich meine Meinung nicht behaupten. Freilich, wenn die Mehrheit unter seinen Zuschauern ihn nicht leiden kann, so hat der gelehrte Herr, welcher das Drama dirigiert, wohl sehr recht gethan,

Weitere Kostenlose Bücher