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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Puppenprinzipal zum Schweigen und machte der ernstlichen feierlichen Rede ein plötzliches Ende, von der wir dem Leser bereits eine zum Schmecken hinlängliche Probe gegeben haben. Nichts hätte wirklich zur ungelegenern Zeit kommen können, als dieser Zufall. Fortunens mutwilligste Schalkheit hätte nicht eine zweite ähnliche List ersinnen können, um den armen Schelm zu verwirren, als er eben im hohen Siegeston die herrliche Moral ausposaunte, welche seine dramatische Vorstellung weit und breit umher bewirke. Sein Maul war ihm jetzt ebenso nachdrücklich gestopft, wie es einem Marktschreier sein müßte, wenn mitten in einer Deklamation über die vortrefflichen Tugenden seiner Pulver und Tropfen die Leiche irgend eines seiner Märtyrer dahergebracht und vor seiner Bühne niedergesetzt würde als ein Zeugnis seiner Geschicklichkeit. Demnach anstatt der Wirtin zu antworten, rannte der Puppenspieler hinaus, um seinen Bajazzo zu züchtigen, und sobald der Mond begann, sein Silberlicht umherzustreuen, wie der Dichter es nennt, (ob er gleich damals einem Stücke Kupfer ähnlicher sah), forderte Jones seine Rechnung und befahl Rebhuhn, den die Wirtin eben aus einem tiefen Schlaf erweckt hatte, sich zur Reise anzuschicken. Rebhuhn aber, welcher seit kurzem, wie mein Leser eben gesehen hat, zweimal bittselig gewesen, war dadurch so dreist geworden, eine dritte Bitte zu wagen, die darin bestand, Herrn Jones zu vermögen, in dem Hause, worin sie waren, sein Nachtquartier aufzuschlagen. Er leitete solche ein mit einem verstellten Erstaunen über Herrn Jones' geäußertes Vorhaben, weiter zu gehen; und nachdem er dagegen viele vortreffliche Gründe angeführt hatte, stützte er solche besonders darauf, daß das Vorhaben in der Welt zu nichts dienen könne; denn sobald Herr Jones nicht wüßte, wes Weges die Dame gegangen, könnte ihn jeder Schritt, den er thäte, gar leicht nur weiter von ihr abführen. »Denn Sie sehen ja, liebster Herr,« sagte er, »und haben's von allen Leuten im Hause gehört, daß sie dieses Weges nicht gekommen ist. Es wird also viel besser sein, wenn wir bis morgen früh bleiben, weil wir dann erwarten dürfen, jemand anzutreffen, bei dem wir Erkundigung einziehen können.«
    Dieser letzte Grund hatte wirklich einige Wirkung auf Jones, [298] und unterdessen daß er ihn wog, legte der Wirt alle Beredsamkeit, deren er mächtig war, in ebendieselbige Schale. »In Wahrheit, gnädiger Herr,« sagte er, »Ihr Bedienter gibt Ihnen da einen gar exzellenten Rat. Denn wer wollte wohl um diese Jahreszeit zu Nacht reisen?« Darauf begann er im gewöhnlichen Stile die vortreffliche Bewirtung auszutrompeten, die man in seinem Hause fände, und auch die Wirtin ließ bei der Gelegenheit ihr Pfund nicht im Schweißtuche vergraben liegen. – Jedoch um den Leser nicht mit Dingen aufzuhalten, die jedem Wirte und jeder Wirtin natürlich und gemein sind. – Jones ließ sich endlich überreden zu bleiben und sich durch ein paar Stunden Schlaf zu erholen, dessen er wirklich sehr benötigt war; denn er hatte seit dem Wirtshause, wo ihm der Zufall mit dem zerschellerten Kopfe begegnete, kein Auge zugethan.
    Sobald Jones den Entschluß gefaßt hatte, diesen Abend nicht weiter zu reisen, ging er unverweilt mit seinen zwei Bettgesellen, dem Taschenbuche und dem Muff, nach seiner Schlafstelle; Rebhuhn aber, der sich zu verschiedenen Malen mit einem Stündchen Schlaf gütlich gethan hatte, war mehr aufgelegt zum Essen als Schlafen, und zum Trinken noch mehr als zu allen beiden.
    Da nunmehr der Sturm, der über Gundchen entstanden war, vorüber und die Frau Wirtin mit dem Drahtpuppengeiste wieder ausgesöhnt war, der auch seinerseits die unanständigen Ausfälle verzieh, welche die gute Frau in ihrem Eifer auf seine dramatischen Vorstellungen gethan hatte, herrschte ein vollkommener Friede und tiefe Ruhe in der Küche. Hier saßen im Zirkel um das Feuer der Herr Wirt und die Frau Wirtin vom Hause, der Herr Direktor des Theaters von nichtlebendigen Personen, der Aktenschreiber, der Accisbediente und der kluge und schlaue Rebhuhn, in welcher Gesellschaft das angenehme Gespräch vorfiel, welches man im nächsten Kapitel aufgezeichnet finden wird.

Siebentes Kapitel.
    Enthaltend eine oder ein paar Bemerkungen von unsrer eigenen Fabrik, und noch verschiedene mehr, welche von der Gesellschaft in der Küche gemacht wurden.
     
    Obgleich sich die Eitelkeit Rebhuhns nicht so weit erniedrigen wollte, zu bekennen, daß er ein Bedienter sei,

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