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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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glücklichen Nymphe, zuerst an den Ufern des Hebrus gezeugt. Dich ruf' ich an, dich, die du in Mäonien erzogen wardst, die du dein Mantua mit Zärtlichkeit liebtest, und die du gern sitzest auf den Höhen des steilen Hügels bei deinen Lieblingen, den unsterblichen Sängern der Wahrheit und Natur, und ihnen zufächelst die Kühlung des lieblichen Zephyrs, wann von dem hohen Geschäft, mit ihrer heroischen Leier die Herzen der horchenden Sterblichen zu entzücken, ihre strahlenumwundenen Schläfe glühen! Fülle du meine wonnetrunkene Phantasie mit der süßen Hoffnung, noch einst der Liebling entfernter Zeiten zu sein! Weissage mir: das empfindsame Mädchen, deß Großmutter noch erst späterhin die Welt betreten soll, werde, wann sie unter dem dichterischen Namen Sophia die Züge hoher Würde und Schönheit liest, die ehedem in meiner Charlotte wirklich die Welt beglückten, werde aus sympathetischem Busen tiefe Seufzer entwickeln. Lehr' du mich voraussehen in der Zukunft den Lohn der Nachwelt; nicht nur voraussehen, sondern auch genießen – lehr' mich an ihm meines Lebens nötige Weide finden! Sprich Ruh' und Trost in meine Seele durch die feierliche Verheißung, man werde mich lesen, auch dann noch, wann längst das Zimmerchen, worin ich eben hier sitze, enger noch schwinden wird zum schnöden Moderschrein; auch dann noch werden mich lesen mit Preis und Ehren, sie, die mich nicht sahen, nicht kannten, und die ich nie kennen werde noch sehen.
    Und du, weit wohlbeleibtere Dame, die nie sich hüllet in ätherische Formen, noch in Traumgestalten erhitzter Einbildungskraft; die du dich erlabest am saftigen Braten von Rindern und Kälbern und am reich mit Pflaumen durchmengten Pudding; dich ruf' ich an, dich, von welcher einst in einer Treckschuit, auf einem Neerdütschen Kanal, Juffrow Geld, befruchtet von einem stämmigen Amsterdamer Kaufmann, entbunden ward; im Büchermachergäßchen wurdest [40] du aufgepäppelt mit dem Mehlbrei von Erudition. Hier hast du in reiferen Jahren die Reimkunst gelehrt und getrieben, zu kitzeln nicht das Ohr, nein, sondern den Dünkelstolz des reichen Gönners. Von dir gelehrt schreitet das Lustspiel in feierlichem Pompe daher, und unterdessen stürmt das Trauerspiel laut und tobt und wütet und zerschmettert die bange Bühne mit seinem Donner. Deine müden Glieder in Schlummer zu säuseln, erzählt Alderman Historikus seine langweilige Mär, und dich wieder aufzuwecken gaukelt Monsieur Roman dir seine wundersamen Hokus Pokus vor. Nicht weniger gehorcht der wohlgenährte Verleger deinem stetigen mächtigen Einfluß. Auf deinen Rat wird der schwere, ungelesene Folio-Ballen, der längst im bestaubten Laden als treuer Hüter schlief, in dünne Hefte und Nummern gespalten, mit Titeln blau und rot und grün, und treibt so sich kreiselbehende durch die Nation. Von dir belehrt täuschen der Bücher manche, gleich Salbadern, durch groß versprechende Wunder die Welt, während daß andre sich in zierliche Herrchen verwandeln und ihren ganzen Wert auf schön vergoldeten Schnitt und Brämung setzen. Komm, du füllereiche Grazie mit deinem blinkenden Antlitz! Du magst mir deine Begeisterung entziehen, nur reiche mir dar deine lockenden Belohnungen, deine blanken klingenden Haufen, deine behende zu verwandelnde Banknote, schwanger mit ungesehenem Reichtum, dein steigend und fallen des Aktienkapital, das warme gemächliche Wohnhaus, und endlich auch noch einen wackeren Anteil an jener liebreichen Mutter, deren segentriefenden Brüsten reichlich Nahrung entquillt für alle ihre zahllosen Kinder, wenn nicht einige, zu gierig und zu mutwillig, ihre Brüder von der Nüpfel drängten. Komm, du! Und hätt' ich selbst nicht Sinns genug für deine Schätze, so wärme du meine Brust mit dem herzerhebenden Gedanken, sie an andre zu verteilen. Sag' es mir, daß durch deine milden Gaben der stammelnde Säugling, der oft durch meine Arbeit in seiner Freude gestört ward, einst sehr reichlich könne belohnt werden.
    Und nun, nachdem dies zwistige Joch und Pharaos doppelte Träume, der magere Schatten und die fette Substanz, mich zum Schreiben getrieben haben, wessen Beistand ruf' ich jetzt an, meinen Federkiel zu leiten?
    Vor allen Genie! des Himmels freie Gabe, ohne dessen Hilfe wir alle vergebens anarbeiten gegen den Strom der Natur; du, der du ausstreuest den trefflichen Samen, den die Kunst nährt und pflegt und bis zur Reife entwickelt; nimm du mich bei der Hand und leite mich durch die verschlungenen Gänge

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