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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Pistole, nu! so kann er nur einen von uns erschießen und ein Mensch kann nur einmal sterben, das ist mein Trost! Einmal kann ein Mensch nur sterben!«
    Außer der Zuversicht auf die größere Anzahl, welche eine Art von Tapferkeit gibt, wodurch sich eine gewisse Nation unter den Neuern bis zu einem hohen Grade von Ruhm emporgeschwungen hat, beruhte auch der außerordentliche Mut, welchen Rebhuhn jetzt bezeigte, noch auf einem andern Grunde; denn er hatte gegenwärtig von dieser Eigenschaft grade so viel an sich, als die Macht des starken Getränkes zu verleihen im stande war.
    Unsre Gesellschaft war nunmehr bis auf eine halbe Stunde Weges von Highgate gekommen, als sich der Fremde plötzlich gegen [36] Herrn Jones umwandte, eine Pistole hervorzog und die kleine Banknote forderte, deren Rebhuhn erwähnt hatte.
    Anfangs stutzte Jones ein wenig über dieses unerwartete Begehren; er faßte sich indessen wieder sehr bald und sagte zu dem Straßenräuber: alles Geld, was er bei sich habe, sei völlig zu seinem Dienst; und mit diesen Worten langte er ungefähr auf drei Guineen hervor und wollte ihm solches hingeben; der andere aber antwortete mit einem Schwur, das wäre nicht genug. Jones antwortete ganz kaltblütig: das thäte ihm leid und steckte damit das Geld wieder in seine Tasche.
    Der Räuber begann ihm zu drohen, wenn er ihm nicht den Augenblick die Banknote aushändigte, so müsse er ihn erschießen und hielt ihm dabei die Pistole sehr nahe auf die Brust. Jones ergriff wirklich die Hand des Kerls, welche dergestalt zitterte, daß er kaum die Pistole darin halten konnte, und kehrte die Mündung von sich ab. Hierauf folgte ein Handgemenge, worin der erste seinem Gegner die Pistole aus den Händen wand, und beide kamen von ihren Pferden herunter auf die Erde, der Räuber kam auf den Rücken zu liegen und der siegende Jones über ihm.
    Der arme Kerl begann nunmehr seinen Ueberwinder um Barmherzigkeit anzuflehen; denn die Wahrheit zu bekennen, war er an Stärke dem Herrn Jones keineswegs gewachsen. »In der That, mein Herr,« sagte er, »ich konnte den Vorsatz nicht haben, Sie zu erschießen, denn Sie werden finden, daß die Pistole nicht geladen war. Dies ist der erste Straßenraub, den ich jemals habe begehen wollen, und ich bin durch die äußerste Not dazu verleitet worden.«
    In eben diesem Augenblick lag ungefähr ein paar hundert Schritt davon eine andre Person auf dem Erd boden, welche mit einer viel lautern Stimme als der Straßenräuber um Barmherzigkeit brüllte. Dies war niemand anders als der leibhaftige Rebhuhn, der sich mit möglichster Eile dem Handgemenge hatte entziehen wollen, darüber vom Pferde abgeworfen war und nun platt auf'm Angesicht lag, nicht das Herz hatte, die Augen aufzuschlagen und jeden Augenblick erwartete, er würde erschossen werden.
    In dieser Stellung lag er, bis der Vorreiter, (der um weiter nichts besorgt war, als um seine Pferde), nachdem er das strauchelnde Vieh wieder zu Beinen gebracht, zu ihm kam und ihm sagte, sein Herr habe den Straßenräuber in seine Gewalt bekommen.
    Bei dieser Neuigkeit sprang Rebhuhn auf und lief zurück nach dem Platze, wo Jones mit gezogenem Degen stand, um den armen Kerl zu bewachen; welches Rebhuhn nicht so bald gewahr ward, als er ausrief: »Stoßen Sie den Schurken über'n Haufen, Herr! Rennen [37] Sie ihm den Degen durch den Leib, stoßen Sie'n nieder auf der Stelle!«
    Indessen war zu gutem Glück der arme Mensch in mitleidigere Hände gefallen. Denn nachdem Jones die Pistole untersucht und gefunden hatte, daß sie wirklich nicht geladen war, begann er dem allem zu glauben, was ihm der Mann gesagt hatte, bevor Rebhuhn dazu kam, nämlich daß er ein völliger Neuling in dem Gewerbe wäre und daß er durch die Not dazu verleitet worden, welche er vorstellte, und welches wirklich eine der größesten war, die man sich denken konnte: Fünf hungrige Kinder und eine Frau, die mit dem sechsten beim äußersten Mangel und Elend in den Wochen lag. Die Wahrheit von diesem allem beteuerte der Straßenräuber aufs heftigste und erbot sich, Herrn Jones selbst davon zu überzeugen, wenn er sich die Mühe geben wollte, mit nach seinem Hause zu gehen, welches keine Stunde weit davon läge; wobei er sagte, er begehre keine Schonung, wenn nicht alles, was er angeführt hätte, völlig wahr befunden würde.
    Jones stellte sich anfangs, als wollte er den Kerl beim Worte fassen und mit ihm gehen, wobei er erklärte, sein Schicksal solle völlig von der Wahrheit

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