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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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er im Vorsatze, den Vorschriften seiner Schwester zu folgen, ihr auf gut landjunkerisch einen sehr höflichen Kratzfuß machte, und einige seiner besten Komplimente herstammelte. Hierauf stimmte er augenblicklich seine Klaglieder an, und sagte. »Da, gnäd'ge Kesine, da steht das ungehorsamste Kind auf dem ganzen Weltrevier; da girrt s'e nach'n lumpigen Bettlerschuft, und will ein'n der reichsten Partien nicht heiraten, die wir für s'e ausgesucht hab'n.«
    [144] »In der That, Kousin Western,« antwortete die Dame vom Hause, »ich bin gewiß, Sie thun dem Fräulein Unrecht; dazu hat sie zu viel Verstand. Ich bin überzeugt, sie wird eine Partie nicht ausschlagen, die, wie sie selbst einsehen muß, so sehr vorteilhaft für sie ist.«
    Dies war ein vorsätzliches Mißverständnis von der Frau von Bellaston; denn sie wußte recht gut, wen der Junker Western im Sinne hatte, ob sie gleich dabei auch denken mochte, er würde leicht zu des Grafen Vorschlägen herüberzubringen sein.
    »Hörste, da? hörste da,« sagte der Junker, »was gnäd'ge Muhme sagt? Deine ganz' Familie ist für d'Partie. Komm Fikchen, sei artig! Sei 'n gut Kind, und mach dein'n Vater 'ne Freude.«
    »Wenn mein Tod Ihnen Freude machen kann, liebster Vater,« antwortete Sophie, »so werden Sie diese Freude bald haben.«
    »'S ist en' Lügen, Fikchen! 's ist 'n' verdammte Lügen, und das weißt du!« sagte der Junker.
    »In der That, Fräulein Western,« sagte die Frau von Bellaston, »Sie thun Ihrem Vater Unrecht! Er hat bei dieser Verbindung nichts vor Augen, als Ihr Bestes, und ich und alle Ihre Freunde können es nicht anders, als für die größte Ehre aufnehmen, die durch diese Anwerbung Ihrer Familie erzeigt wird.«
    »Ja wohl, wir alle mit'nander!« sagte der Junker. »Ja weißt ja wohl, daß es nicht 'nmal mein eigner Vorschlag ist. Sie weiß, daß 'n ihre Tante, mein' Schwester, zuerst that. Komm Fikchen, ich bitt' dich noch e'mal, sei'n fromm Kind und gib m'r dein Jawort, hier, daß dein' Kousine dabei ist!«
    »Lassen Sie mich ihm Ihre Hand geben, liebe Kousine,« sagte die Dame vom Hause. »Heutzutage ist es Mode, die Zeit der langen Bräutigamsbesuche abzukürzen.«
    »Pah!« sagte der Junker, »was ist 'r zu Bräutigams besuchen; zum liebeln und Bübeln ist's Zeit genug nachher! Was sie sich zu sagen haben, könn'n s'e noch gut genug thun, wenn s'e unter ein'n Bettlaken gewesen sind.«
    Da der Graf Liebegrimm völlig versichert war, daß die Frau von Bellaston niemand sonst meine als ihn, und bis dahin noch kein Wort von Blisil gehört oder vermutet, noch geargwöhnt hatte, so zweifelte er nicht, daß der Vater gleichfalls von ihm spreche. Er ging also auf den Junker zu und sagte: »Ob ich gleich nicht die Ehre habe, mein Herr, persönlich bekannt zu sein, so erlauben Sie mir gleichwohl, da ich sehe, daß ich so glücklich bin mit meinem Vorschlage Gehör zu finden, für das gnädige Fräulein eine Fürbitte einzulegen, die dahin geht, daß man für jetzt nicht weiter in sie dringen möge.«
    »Nä! Eine Fürbitte? Sie, Herr?« sagte der Junker. »Wer alle Teufel sind denn Sie?«
    »Mein Herr, ich bin der Graf von Liebegrimm,« antwortete er, »und bin der glückliche Mann, dem Sie, wie ich hoffe, die Ehre erzeigt haben, ihn zu Ihrem Schwiegersohn anzunehmen.«
    »Schwiegersohn? zum Schwernotssohn auch!« erwiderte der [145] Junker; »wenn Ihr' Kleider auch noch so sehr glimmern! Er mein Schwiegersohn! Nach Pfingsten auf'm Eise.«
    »Von Ihnen, mein Herr, werd' ich mir mehr gefallen lassen, als von irgend einem andern Manne,« antwortete der Graf. »Dennoch muß ich Ihnen sagen, mein Herr, daß ich nicht gewohnt bin, dergleichen Sprache zu hören, ohne es zu ahnden.«
    »Ahn' du meinen A –!« sagte der Junker. »Meinst' etwa, daß 'ch m'r vor solch'n Kerl fürcht', als du bist, weil du 'n lang' Bratspieß an der Lende bummeln hast? Leg' 'nmal 's Fangeisen weg, ich will d'r soviel geb'n, daß du dich nicht wieder in Ding' mischen sollst, die 'r nichts angehn – 'ch will dich beschwiegersohn'n, sollst all' dein Lebstage dran denk'n!«
    »Es ist sehr gut, mein Herr!« sagte der Graf; »ich werde hier vor den Damen keine Unruhe anfangen, es wird sich alles schon finden! Ihr gehorsamer Diener, mein Herr. Gnäd'ge Frau von Bellaston, Ihr ganz gehorsamster.«
    Seine hochgräfliche Gnaden hatten sich nicht so bald empfohlen, als Frau von Bellaston zum Junker Western hinging und ihm sagte: »Bewahre uns der Himmel! Herr von Western, was haben

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