Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)
und die schönsten Jewelen, und 'ne Kutsche mit Sechsen, wenn du nur sprichst! Ich hab's Allwerten schon zugesagt, daß ich mein halbes Einkommen aufgeben will, und gib mir 'ne Ohrfeige, wenn ich mich lange besinne, alles zu verschreiben.« – »Will mein lieber Papa so gütig sein, und will mich anhören?« – »Was frägst' noch, lieb's Fiekchen?« rief er. »Weißt ja, daß 'ch dein' Stimm' lieber hör', als die Musik der besten Kuppel Hund' im ganzen Land. Anhören! dich? lieb's Herzenstöchterchen! Ich hoff', ich will 'ch hören, so lang' als 'ch lebe; denn, wenn 'ch die Freud' nicht mehr hab'n sollt', so geb' 'ch um mein ganzes Leben kein Ei und Butterbrot mehr! Mein Seel! [180] Fiekchen, du weißt nicht, wie lieb 'ch dich halte! wahrlich du weißt's nicht, sonst hätt'st du nicht so weglaufen können von mir, und deinen armen Vater so verlassen, der kein' andre Freud' hat, un' keinen andern Trost auf der Welt, als sein klein süß Fiekchen.« Bei diesen Worten standen ihm die Thränen in den Augen, und Sophie (der die Thränen über die Wangen rollten) antwortete: »In Wahrhelt, liebster Papa, ich weiß, Sie haben mich sehr lieb gehabt, und Gott ist mein Zeuge, wie herzlich ich Ihre Liebe erwidert habe, und nichts in der Welt hätte mich antreiben können, aus dem Hause eines Vaters, den ich so inniglich lieb habe, heimlich wegzugehen, als die Furcht, in die Arme dieses Mannes gezwungen zu werden. Gott weiß, daß ich eher tausend Leben für seine Glückseligkeit aufgeopfert haben wollte; ja, ich habe mich bestrebt, mich noch zu weit mehrerem zu bereden, und hatte mich beinahe zu dem Entschlusse hinvernünftelt, das allerelendeste Leben zu wählen und mich Ihrem Willen zu unterwerfen. Aber diese einzige Entschließung war es, zu der ich mein Gemüt nicht zwingen konnte, und niemals können werde.« Hier begann der Junker ganz wild auszusehn, und der Schaum zeigte sich auf seinen Lippen. Sophie, die dies bemerkte, bat, er möchte sie vollends aushören, und fuhr darauf fort: »Wenn meines teuern Vaters Leben, seine Gesundheit, oder sonst ein wahres Glück für ihn auf'm Spiel stände, so steht hier Ihre entschloßne Tochter! und möge mir der Himmel all seinen Segen entziehn, wenn ich mich nicht allem Jammer preisgeben wollte, um Ihr Wohlsein zu erhalten. Ja, dem widerwärtigsten, den ich für mich unter allen Menschen kenne, wollte ich in die Arme fliegen. Für Ihr Wohl wollte ich Blifiln meine Hand geben.« – »Ich sag' dir ja, 's wird mich beim Wohlsein erhalten,« antwortete der Vater, »'s wird mir Glück bringen, Gesundheit und Leben, und all's. Bei meiner armen Seele! Sieh! ich werde sterben, wenn du nicht ja sagst. Vor Gram sterb' ich; bei meiner armen Seele! so thu' ich!« – »Ist's möglich,« sagte sie, »daß Sie so darauf gestellt sein können, mich elend zu machen?« – »Ich sag' Dir's ja, nein!« antwortete er schreiend; »ich bin gänzlich drauf g'stellt, dich glück lich zu machen. Ich! – Verwünscht will 'ch sein, wenn ich was wüßte, das ich nicht thun wollt', dich glücklich zu machen!« – »Und will denn mein liebster Papa nicht glauben, daß ich auch ein klein wenig wisse, was mich glücklich machen kann? Wenn nun des Menschen Glückseligkeit in seiner Einbildung bestünde, wie müßte mein Zustand aussehn, wenn ich mich für die allerunglückseligste Person unter allen auf der Welt hielte!« – »Besser, daß du dir's einbildst,« erwiderte der Vater, »als daß du's wirklich wirst, wenn du 'n Bettlerlumpen von Landstreicher heirat'st!« – »Wenn Sie damit sich beruhigen wollen,« sagte Sophie, »so will ich Ihnen aufs feierlichste versprechen, niemals, weder ihn noch einen andern, ohne den Willen meines Vaters zu heiraten, so lang' er lebt. Lassen Sie mich mein ganzes Leben Ihrem Dienst weihen; lassen Sie mich wieder Ihr armes kleines Fiekchen sein und mein ganzes Vergnügen, alle meine Sorgen darein setzen, wie ehmals, Ihnen Vergnügen und Zeitvertreib [181] zu machen.« – »Weißt du was, Sophie?« antwortete der Junker, »das Kosen laß mans bleiben, 's will's 'n nicht thun. Ja, da kriegt deine Tante nur recht, mich für den Gimpel zu halten, wie sie thut. Nä, nä, Sophie! so mußt mir nicht kommen! dazu hab' ich zu viel Weisheit im Kopf und kenn' die Welt viel zu gut, daß ich mich auf's Wort eines Weibsen verlassen sollt', wenn noch darzu in der Flader ist.« – »Aber lieber Papa,« sagte die Tochter, »womit hab' ich dies Mißtrauen verdient? Hab' ich jemals
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