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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Einleitungs-Kapitel in der Kürze besteht.

Zweites Kapitel.
    Ein schnakisches Abenteuer, das dem Junker Western begegnete, und Sophiens traurige Lage.
     
    Wir müssen nunmehr den Leser nach Herrn von Westerns Wohnung bringen, die er auf Empfehlung des Gastwirts zu den Herkules-Säulen an der Ecke von Hyde Park, in einem Hause in Piccadilly genommen; denn in den Herkules-Säulen, welches das erste Wirtshaus war, dessen er bei seiner Ankunft in die Stadt ansichtig wurde, brachte er seine Pferde unter, und in dieser Wohnung, welches die erste war, wovon man ihm sagte, sich selbst.
    Als hier Sophie aus der Mietkutsche stieg, in welcher sie aus Frau von Bellastons Hause herfuhr, verlangte sie nach dem Zimmer, welches für sie bestellt wäre, worein der Vater sehr gerne willigte, und sie dahin selbst begleitete. Ein kurzes Gespräch, das aber weder wesentlich noch anmutig genug war, um es wörtlich herzusetzen, erfolgte drauf zwischen ihnen, in welchem er ihr aufs heftigste zusetzte, ihr Jawort zur Heirat mit Blifil zu geben, welcher, wie er ihr kund that, binnen wenig Tagen in der Stadt sein würde. Anstatt aber einzuwilligen, gab sie vielmehr eine kürzere und entschlossenere abschlägige Antwort, als sie noch jemals gegeben hatte. Dies stieß den Vater dergestalt vor den Kopf, daß er nach manchem bittern Fluche sie heilig versicherte, er wolle sie schon nötigen, ihn zu nehmen, sie möchte wollen oder nicht, von ihr ging, unter Schelten und Fluchen die Thüre zuschloß, und den Schlüssel zu sich steckte.
    Derweilen Sophie da saß, ohne alle andre Gesellschaft als die, welche man auch dem schwersten Staatsgefangnen nicht zu nehmen pflegt, nämlich: Feuer und Licht, setzte sich der Junker hin, um sich bei einer Flasche Wein mit seinem Pfarrer und dem Wirte aus den [176] Herkules-Säulen gütlich zu thun, welcher letztere, wie der Junker sagte, ein exzellenter dritter Mann sein würde und erzählen könnte, was in der Stadt neues vorginge; denn ganz gewiß, sagte er, muß er einen Haufen wissen, weil soviele adlige Pferde von der höchsten Noblesse bei ihm einkehren.
    In dieser anmutigen Gesellschaft brachte Junker Western den ganzen Abend und einen großen Teil des folgenden Tages hin, während welcher Periode nichts vorfiel, das wichtig genug gewesen, um in dieser Geschichte Platz zu finden. Diese ganze Zeit brachte Sophie in völliger Einsamkeit zu; denn ihr Vater schwur, sie sollte niemals wieder lebendig aus ihrer Kammer kommen, wenn sie nicht erst einwilligte, Herrn Blifil zum Manne zu nehmen. Er litt auch nicht einmal, daß die Thüre aufgeschlossen wurde, als bloß, ihr das Essen zu bringen, bei welchen Gelegenheiten er aber immer selbst dabei war.
    Den zweiten Morgen nach seiner Ankunft, als er mit seinem Pfarrer bei einer gerösteten Semmel mit Butter und einer Kanne Doppelbier zum frühstücken saß, ward ihm angesagt, daß ein Edelmann unten wäre, der ihn zu sprechen wünschte.
    »Ein Edelmann!« sprach der Junker, »wer beim Teufel! kann das sein? Thut mir 'n Gefallen, Doktor, geht mal hinunter, und seht zu, wer es ist. Blifil kann schwerlich schon in'r Stadt sein. – Thun Sie mir 'n Gefallen und hörn mal zu, was er will.«
    Der Doktor kam wieder mit der Nachricht, es wäre ein wohlgekleideter Mann, und aus der Bandschleife am Hute zu schließen, wäre es ein Offizier von der Armee; er sagte, er habe ein eigenes Gewerbe, das er an Herrn von Western selbst ausrichten müßte.
    »Ein Offizier, der!« rief der Junker. »Was kann so 'n Kerl mit mir zu thun haben? Wenn er Zeddel auf Kriegsfuhren haben will, die kann 'ch 'n hier nicht geben; hier bin 'ch kein' Obrigkeit; und Werbpässe kann 'ch 'n auch nicht geben – nun, laß 'n denn heraufkommen, wenn er mich ja sprechen muß.«
    Ein sehr wackerer Mann trat darauf ins Zimmer, welcher, nachdem er dem Junker sein Kompliment gemacht und sich die Gewogenheit ausgebeten hatte, mit ihm allein zu sein, folgendes Gewerbe anbrachte:
    »Mein Herr, ich habe die Ehre Ihnen aufzuwarten, auf Befehl des Herrn Grafen von Liebegrimm, aber mit einem ganz verschiedenen Auftrage, als Sie vermutlich nach dem, was vorgestern abend vorgefallen ist, erwarten mögen.«
    »Graf! was für 'n Graf?« rief der Junker. »Ich hab den Namen nie gehört.«
    »Se. Hochgeboren der Herr Graf,« sagte der Offizier, »sind bereit und willig, alles Vorgefallene der Wirkung des Trunks zuzuschreiben, und das unbedeutendste Geständnis dieser Art wird alles wieder in sein voriges Gleis setzen,

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