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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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das hier,
mon Frère?
« erwiderte die Dame. »Ich will's nicht leiden, daß man meiner
Nièce
was übles nachsagt. Das fiele auf meine Familie zurück, und der macht sie Ehre und wird ihr Ehre machen, das sag' ich Ihnen. Ich setze für ihre Aufführung meine ganze Reputation in der Welt zum Pfande. Es wird mir lieb sein,
mon Frère,
Sie diesen Nachmittag wiederzusehen, ich habe Ihnen alsdann etwas wichtiges zu sagen. – Für jetzt müssen sowohl Herr von Blifil als Sie mich entschuldigen, denn ich muß mich eilig ankleiden.« – »Nun gut! aber,« sagte der Junker, »setz' doch nur 'ne Zeit.« – »In der That,« sagte sie, »ich kann keine Zeit bestimmen. – Ich sag' Ihnen, heut' nachmittag will ich Sie sprechen.« – »Was Teufel, willst du, daß ich machen soll, siehst du!« schrie der Junker gegen Blifil. »Ich kann sie so wenig herumholen als 'n Wölp einen alten Hasen. Kann sein daß 'r heut' nachmittag der Kopf besser steht.« – »Ich seh' wohl, Herr von Western,« antwortete Blifil, »ich bin zum Unglück bestimmt! Aber ich werde dennoch niemals vergessen, wie viel ich Ihnen schuldig bin.« – Hierauf beurlaubte er sich mit vielen Komplimenten bei Ihro Gnaden, Fräulein von Western, welche ihrerseits fast ebensoviel Zeremonien dagegen machte, und beide gingen weg, der Junker mit einem Schwure, den er zwischen den Zähnen murmelte, daß Blifil den Nachmittag noch seine Tochter sehen und sprechen sollte.
    Wenn Herr Western von diesem Besuche nicht sonderlich erbaut war, so war es Blifil noch weniger. Was den ersten anbetrifft, so schob er das ganze Benehmen seiner Schwester bloß auf ihre üble Laune und auf ihr Mißvergnügen darüber, daß sie die Visiten-Zeremonien unterlassen hätten; Blifil sah aber ein wenig tiefer auf den Grund der Sachen. Aus zwei oder drei Worten, die der gnädigen Dame entfallen waren, argwöhnte er etwas von mehrerem Belang, und, die Wahrheit zu sagen, argwöhnte er richtig, wie erhellen wird, wenn wir die verschiedenen Materien auseinandergewickelt haben werden, die das folgende Kapitel enthält.

[201] Achtes Kapitel.
    Entwürfe der Frau von Bellaston, wie sie den Herrn Jones zu Grunde richten will.
     
    Die Liebe hatte im Gemüte des Grafen von Liebegrimm zu tiefe Wurzel geschlagen, als daß sie die ungewandte Hand des Herrn Western hätte ausreuten können. In der Hitze seines Zorns hatte er allerdings dem Kapitän Schluchttreiber einen Auftrag gegeben, den der Kapitän in der Ausführung weit überschritten hatte; der auch gar nicht einmal zur Ausführung gediehen sein würde, hätte der Graf, nachdem er vom Besuch bei der Frau von Bellaston zurückkam, welches des Nachmittags nachher war, da er die Beleidigung erlitten, den Kapitän auffinden können. Aber so treufleißig war der Offizier in seinem Dienste, daß er, nachdem er endlich, nach langem kundschaften, des Junkers Wohnung spät gegen die Nacht entdeckt hatte, die ganze Nacht in einem Weinhause aufsaß, um den Junker nicht des Morgens zu verfehlen; und auf diese Weise kam ihm die Kontraordre nicht zu Händen, die ihm der Graf in sein Quartier geschickt hatte.
    Den zweiten Nachmittag nach demjenigen, an welchem Sophie die Notzucht zugedacht war, machte, wie wir gesagt haben, der Graf einen Besuch bei der Frau von Bellaston, welche ihm so viel von dem Charakter des Junkers vor Augen stellte, daß Se. Hochgräfliche Gnaden die Dummheit gar deutlich einsahen, die Sie dadurch hatten ausgehen lassen, daß Sie sich über seine Worte zu ereifern geruht hatten; zumalen bei Dero so ehrenvollen Absichten auf seine Tochter. Hierauf ließ sich der Graf über die Heftigkeit seiner Leidenschaft gegen die Frau von Bellaston heraus, welche sich seiner Sache gern und willig annahm, und ihn dadurch aufmunterte, daß sie ihn gewiß versicherte, nicht nur die Aeltesten der Familie würden ihn äußerst günstig aufnehmen, sondern auch selbst der Vater, wenn er eben nüchtern und von der Natur des seiner Tochter gethanen Anerbietens unterrichtet wäre. Die einzige Gefahr, sagte sie, läge in dem Kerl, dessen sie schon ehmals erwähnt hätte, der zwar nur ein Bettler und Landstreicher sei, bei alledem aber doch auf eine oder die andere Weise, Gott möchte wissen wie? Mittel gefunden habe, noch so ziemlich gut gekleidet und wie ein feiner Mensch einhergehn zu können. »Nun aber,« fuhr sie fort, »da ich, aus Liebe zu meiner Kousine, mir ein Geschäft daraus gemacht habe, mich nach diesem Burschen erkundigen zu lassen, so habe ich

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