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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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undienlich sein, ein wenig rückwärts zu gehen und die Ursachen einer so großen Veränderung in dem Betragen dieser Dame zu entwickeln, welche, nachdem sie hauptsächlich deswegen ihre Wohnung verändert hatte, um Herrn Jones auszuweichen, ihn dagegen jetzt mit allem Fleiße, wie wir gesehen, aufgesucht hatte, um sich mit ihm zu unterreden.
    Und hier werden wir nichts weiter nötig haben, als dasjenige anzuführen, was sich Tages vorher zutrug, da sie, nachdem sie von Frau von Bellaston vernommen, daß der Junker Western zur Stadt gekommen wäre, zu ihm ging, um ihm in seiner Wohnung in Piccadilly ihre Pflicht als Onkel zu bezeigen und sie von ihm mit [205] manchen schmutzigen Invitationen, welche zu ekelhaft waren, um sie hier anzuführen, empfangen und sogar bedroht ward, mit den Füßen zur Thüre hinaus gestoßen zu werden. Von da führte sie ein alter Bediente ihrer Tante Western, mit dem sie von alters her gute Bekanntschaft hatte, nach der Wohnung dieser Dame, welche ihr zwar nicht freundschaftlicher, aber doch höflicher, oder um die Wahrheit zu sagen, mit einer andern Art von Härte begegnete. Kurz, sie verließ beide in der völligen Ueberzeugung, daß sie nicht nur in ihrem Projekte der Aussöhnung für jetzt gescheitert sei, sondern auch alle Gedanken fahren lassen müsse, es jemals damit zustandezubringen. Von diesem Augenblicke an füllte sich ihr Gemüt mit Rachgier, und da sie in dieser Stimmung Herrn Jones im Schauspielhause antraf, so schien sich ihr dadurch eine Gelegenheit darzubieten, für diesen letzten Zweck ein wenig thätig zu sein.
    Der Leser muß sich erinnern, daß er in der Nachricht, welche Madame Fitz Patrick von ihrer eignen Liebesgeschichte gab, mit der Zärtlichkeit bekannt gemacht worden ist, welche das hochwohlgeborne gnädige Fräulein von Western zu Bath gegen den Herrn Fitz Patrick zu tragen geruhten, von deren Verunglückung Madame Fitz Patrick die große Bitterkeit herrechnen zu müssen glaubte, mit der ihr ihre Tante begegnet war. Madame Fitz Patrick hegte deswegen nicht den geringsten Zweifel, daß das edle Fräulein Tante den verliebten Schmeicheleien des Herrn Jones ebensoleicht, als ehemals bei dem andern Gehör geben würde; denn das Uebergewicht der Reize war ganz gewiß auf Seiten des Herrn Jones, und die Fortschritte, welche ihre Tante seitdem an Jahren gemacht hatte, müßten, wie sie meinte, (mit was für Grunde, kann ich nicht sagen), dem Projekte viel eher günstig als zuwider sein.
    Als ihr demnach Jones aufwartete, that sie ihm vorläufig die Erklärung, wie sie wünschte, ihm angenehme Dienste leisten zu können; ein Wunsch, der wie sie sagte, aus der festen Ueberzeugung herrührte, daß sie dadurch Sophie ungemein verbinden würde. Alsdann brachte sie einige Entschuldigungen vor, warum sie ihn vormals hätte fehlgehen lassen müssen, und nachdem sie endlich noch Herrn Jones bekannt gemacht hatte, in wessen Gewahrsam sich seine Geliebte befände, was er nach ihrer Meinung nicht wußte, ging sie in deutlichen Worten mit ihrem Entwurfe hervor, und gab ihm den Rat, sich in die ältere Dame verliebt zu stellen, um sich dadurch den Zutritt bei der jüngern zu erleichtern. Sie erzählte ihm zugleich dabei, wie gut dieser Kunstgriff schon ehemals dem Herrn Fitz Patrick gelungen sei.
    Herr Jones bezeigte der Dame seine große Dankbarkeit für die gütigen Gesinnungen, die sie ihm durch Worte versichert und durch diesen Vorschlag noch kräftiger bezeugt habe, allein außerdem, daß er ihr zu verstehen gab, es möchte diesmal nicht so gut glücken, weil der Dame seine Liebe für ihre Niece bekannt wäre, welches beim Herrn Fitz Patrick nicht der Fall gewesen; so sagte er ihr auch: er fürchte, das junge Fräulein Western würde, sowohl wegen ihres äußersten Abscheus vor aller Falschheit, als wegen ihrer besondern [206] pflichtvollen Achtung gegen ihre Tante, einen solchen Betrug niemals gutheißen.
    Madame Fitz Patrick fühlte hierbei ein wenig Nesselbrennen; und in der That, wenn man es nicht einen Verstoß der Zunge nennen soll, so war es doch ein ziemlicher Schnitzer wider die Lebensart vom Herrn Jones, und er würde ihn schwerlich gemacht haben, wenn ihm nicht das Vergnügen das er fühlte, wenn er von seiner Sophie sprach, alle Ueberlegung benommen hätte, denn dies Lob der einen Kousine war mehr noch als ein versteckter Tadel der andern.
    »In der That, Herr Jones,« sagte die Dame mit einiger Wärme, »ich wüßte nicht, was leichter wäre, als einem alten

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