Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
Vom Netzwerk:
»Von hier begab ich mich nach Limmington, woselbst ich über drei Jahre bei einem andern Rechtsgelehrten Dienste hatte, der ebenfalls eine rechte gute Art von Mann, und dabei einer der lustigsten Gesellschafter von der Welt war. Nun gut, und nicht allzu gut! Als die drei Jahre um waren, legte ich eine kleine Schule an, und ich schien wieder in ein ganz gutes Gleis zu kommen, hätte sich nicht ein höchst unglücklicher Zufall dazwischen gelegt. Hier schaffte ich mir ein Ferkel an, und eines Tages wollte es das Unglück, daß es ausbrach und in einem Garten eines meiner Nachbarn, ein Spolium, wie sie's, glaube ich, nennen, anrichtete, der ein übermütiger, rachsüchtiger Mensch war, und einem gewissen Advokaten Namens – Namens – ja, ich kann nicht wieder auf den Namen kommen – aber kurz, dieser Advokat wirkte einen Befehl aus, daß ich vor'm Landgerichte erscheinen mußte. Und als ich davor erschien, ach, daß Gott im Himmel erbarme! was brachten da die Juristen nicht alles vor. Einer darunter sagte dem Landrichter eine Reihe der schändlichsten Lügen von mir, er sagte, es wäre so meine Art, meine Mastschweine in andrer Leute Gärten zu treiben, und noch viel mehr dergleichen; und endlich sagte er noch, er hoffte, ich sollte hier meine Trift Schweine auf den rechten Markt zu Kaufe gebracht haben. Ja fürwahr! man hätte denken sollen, daß ich einer der größten Schweineverkäufer im ganzen Lande gewesen wäre, da ich doch nur ein armes kleines Ferkel hatte, das ich mir so aus der Hand aufzufüttern dachte.« – »O, ich bitte Ihn,« sagte Alwerth, »sei Er nur nicht vollends so umständlich. Denn noch habe ich von Seinem Sohn kein Wort gehört.« – »Nun gut!« antwortete Rebhuhn, »aber es ging manches Jahr hin, ehe ich meinen Sohn zu sehen bekam, wie Ew. Gnaden ihn zu nennen belieben. – Nach diesem setzte ich nach Irland über und hielt zu Cork Schule (denn der einzige Ferkelprozeß richtete mich abermals zugrunde, und ich lag sieben Jahre im Winchester-Gefängnis),« – »Wohl,« sagte Alwerth, »lasse Er alles übrige, bis Er wieder nach England kam, vorbei.« – »Wenn Sie so befehlen!« sagte er, »so war's vor ungefähr einem halben Jahre, daß ich zu Bristol landete, wo ich ein Weilchen blieb; und da ich fand, daß es da nicht ginge, und von einem Orte zwischen dort und Gloucester hörte, wo der Barbier eben gestorben wäre, so ging ich dahin, und ich war da ungefähr zwei Monate gewesen, als Herr Jones hinkam.« Hier nun gab er Herrn Alwerth ausführliche Nachricht von ihrer ersten Zusammenkunft und, sogut er konnte, überhaupt von allem, was sich von da an bis auf den heutigen Tag zugetragen hatte; wobei er zum öftern in seine Erzählung Lobreden auf Herrn Jones einwebte und nicht vergaß, [269] die große Liebe und Achtung, die er für Herrn Alwerth hegte, durchscheinen zu lassen. Er schloß endlich seine Erzählung damit, daß er sagte: »Nun habe ich Ewr. Gnaden die ganze reine Wahrheit gesagt.« Und dann wiederholte er die feierlichste Beteurung: er sei so wenig Jones' Vater, als des Papstes zu Rom, und daß er sich die entsetzlichsten Verwünschungen auf den Hals ziehen wollte, wenn er nicht die Wahrheit sagte.
    »Was soll ich von dieser Sache denken?« rief Alwerth, »denn was für einen Endzweck könnte Er haben, eine Sache zu leugnen, die Ihm nach meiner Meinung mehr Vorteil bringen würde, wenn Er sie gestünde?« – »Ja nun,« antwortete Rebhuhn (denn länger konnte er nicht an sich halten) »wenn Ewr. Gnaden mir keinen Glauben beimessen wollen, so können Sie wohl bald andre Ueberzeugung genug bekommen. Ich möchte wünschen, Sie hätten sich in Ansehung der Mutter dieses jungen Mannes ebensowohl geirrt, als Sie sich in Ansehung seines Vaters geirrt haben.« – Und als er hierauf gefragt ward, was er damit meine? erzählte er, mit allen Merkmalen des Grausens, sowohl in der Stimme als den Mienen, Herrn Alwerth die ganze Geschichte, die er noch kurz vorher Madame Miller so sehr gebeten hatte zu verschweigen.
    Herr Alwerth entsetzte sich über diese Entdeckung fast ebensosehr, als Rebhuhn solche mit sichtlichem Grauen erzählte. – »Um Gotteswillen!« sagte er, »in was für kläglichen Jammer, Laster und Unvorsichtigkeit die Menschen sich verwickeln! Wie gehn doch die Wirkungen der Ausschweifungen soweit über den Vorsatz der Menschen hinaus!« Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, als Madame Waters hastig und unangemeldet ins Zimmer kam. Rebhuhn sah sie nicht sobald,

Weitere Kostenlose Bücher