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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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– »Zu einer Historie,« sagte sie, »von der mir es leid thut, daß mich das Los treffen muß, sie Ihnen zu erzählen. O, teuerster Herr von Alwerth, machen Sie sich gefaßt, etwas zu vernehmen, das Sie wundern und schmerzen wird.« – »Reden Sie,« sagte Alwerth; »ich bin mir keines Verbrechens bewußt und darf mich nicht fürchten, zu hören.« – »Dieser Sommer also,« sagte sie, »der Sohn Ihres Freundes, der auf Ihre Kosten erzogen worden, der, nachdem er ein Jahr in Ihrem Hause gewohnt, als ob er Ihr eigner Sohn gewesen wäre, der darin an den Blattern starb, den Sie so schmerzlich beklagten, und begraben ließen, als ob es Ihr eigner Sohn gewesen; dieser Sommer, Herr von Alwerth, war der Vater dieses Kindes.« – »Wie nun!« sagte Alwerth, »Sie widersprechen sich selbst!« – »Das thue ich nicht,« antwortete sie. »Er war in der That der Vater des Kindes, aber nicht durch mich.« – »Nehmen Sie sich in acht, Madame,« sagte Alwerth, »machen Sie sich nicht, um einen Verdacht von sich abzulehnen, dagegen einer andern Unwahrheit schuldig! Bedenken Sie, wir haben einen allwissenden Richter, vor dem Sie nichts verbergen können, und vor dessen Richterstuhle Falschheit nur Ihre Schuld vergrößern würde!« – »In der That, teuerster Herr,« sagte sie, »ich bin seine Mutter nicht, und möchte auch um die ganze Welt nicht wissen, daß ich's wäre!« – »Ich weiß Ihre Ursachen,« sagte Alwerth, »und ich werde mich ebenso freuen, als Sie selbst, es anders zu befinden! Indessen müssen Sie sich erinnern, daß Sie es vor mir bekannt haben.« – »Was und wie ich bekannte,« erwiderte sie, »war alles wahr; nämlich: daß diese Hände das Kind nach Ihrem Bette getragen, und es hineingelegt hatten, auf Befehl seiner Mutter; auf ihren Befehl hernach gestand ich's, und hielt mich durch ihre Großmut reichlich belohnt für beides, sowohl meine Verschwiegenheit, als für meinen Schimpf!« – »Wer in aller Welt war denn dieses Frauenzimmer?« sagte Alwerth, – »Ich zittere wirklich sie Ihnen zu nennen,« antwortete Madame Waters. – »Nach allen diesen Vorbereitungen muß ich schließen, daß sie mir verwandt war!« rief er. – »In der That, sehr nahe!« bei welchen Worten Alwerth erschrak und sie fortfuhr: »Sie hatten eine Schwester, Herr von Alwerth.« – »Eine Schwester!« wiederholte er und sah fast aus wie erstarrt. – »Bei allem was wahr ist im Himmel und auf Erden!« rief sie, »Ihre Schwester war die Mutter des Kindes, das Sie in Ihrem Bette fanden.« – »Kann es möglich sein,« stieß er aus, »gütiger Gott!« – »Haben Sie Geduld!« sagte Madame Waters, »und ich will Ihnen die ganze Geschichte entwickeln: Kurz darauf, als Sie nach London gereist waren, kam Ihr Fräulein Schwester eines Tages nach dem Hause meiner Mutter. Sie beliebte zu sagen, sie habe ein außerordentlich gutes Zeugniß von mir gehört, wegen meines Wissens und meines vorzüglichen Verstandes, [272] vor allen jungen Mädchen in der Gegend; so beliebte es ihr zu sagen. Sie verlangte darauf, ich sollte zu ihr kommen nach dem Herrenhause, woselbst sie mich, als ich ihr aufwartete, dazu brauchte, ihr vorzulesen. Sie bezeugte ein großes Wohlgefallen an meinem Lesen, bewies mir viele Güte und machte mir manches Präsent. Endlich begann sie mich über den Punkt der Verschwiegenheit zu erforschen; worüber ich ihr solche befriedigende Antworten erteilte, daß sie, nachdem sie ihr Zimmer verschlossen, mich in ihr Kabinet nahm, solche ebenfalls verschloß, und dann zu mir sagte: sie wolle mir einen überzeugenden Beweis von ihrem großen Vertrauen auf meine Ehrlichkeit geben; indem sie mir ein Geheimnis entdeckte, auf welchem ihre Ehre und folglich ihr Leben beruhte. Hier schwieg sie einige Minuten lang still, während welcher Zeit sie sich oft die Augen trocknete; und dann fragte sie mich, ob ich glaubte, daß man sich mit Sicherheit meiner Mutter anvertrauen könne? Ich antwortete, daß ich für ihre Treue mein Leben verbürgen wollte. Sie teilte mir hierauf das große Geheimnis mit, das in ihrem Busen arbeitete und welches ihr zu entdecken mehr Pein machte, als ihre nachherigen Geburtswehen. Es ward hierauf ausgemacht, daß bloß meine Mutter und ich bei ihrer Entbindung zugegen sein sollten, und Jungfer Wilkins wollte sie aus dem Wege schicken, welches dann auch dadurch geschah, daß sie nach der äußersten Grenze von Dorsetshire abgefertigt wurde, um über eine zu mietende Magd ein Zeugniß einzuholen; denn

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