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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Stelle Beifall klatschen sollten: denn so oft die Person, welche es besitzt, etwas thut das recht ist, so ist kein entzückter oder freundschaftlicher Zuschauer so hitzig und laut mit seinem Beifall; thut [141] sie hingegen etwas, das unrecht ist, so ist kein Kunstrichter so fertig zum Pfeifen und Auspochen.
    Um von diesem Urgefühl, welches ich meine, sowohl eine höhere, als unsrem Zeitalter geläufigere Idee zu geben, so kann man sich's vorstellen als sitzend auf seinem Throne in dem Geiste des Menschen, gleich dem Lord Groß-Kanzler von England in seinem höchsten Obergericht, woselbst es den Vorsitz hat, regiert, richtet, losspricht und verdammt, sowie Recht und Gerechtigkeit es heischen; mit einer Einsicht, welcher nichts entwischt, mit einem Scharfblick, den nichts täuschen, und einer Redlichkeit, die nichts bestechen kann. Von diesem lebendigen Urgefühl kann man vielleicht sagen, daß es die wesentlichste Grenze zwischen uns und unsern Nachbarn, den vernunftlosen Tieren, bestimme; denn, wenn einige in menschlicher Gestalt sich betreten ließen, die seine Gerichtsbarkeit nicht anerkennen wollten, so betrachte ich solche lieber als Ueberläufer von uns zu unsern Nachbarn, bei welchen sie das Schicksal aller Ueberläufer haben und nicht ins erste Glied kommen werden.
    Ob unser Held es vom Schwöger oder Quadrat erhalten hatte, will ich unausgemacht lassen; genug, er stand unter einer starken Leitung dieses Urgefühls, denn ob er gleich nicht immer richtig handelte, so ließ er doch seine Stimme nie außer acht, ohne dafür empfindlich zu leiden. Dies Urgefühl war's, welches ihn lehrte, derjenige, der Höflichkeiten und kleine Gastfreundschaft damit bezahlt, daß er das Haus beraubt, in welchem er sie genossen hat, sei der schändlichste und niederträchtigste Dieb von allen. Er war nicht der Meinung, daß die Niederträchtigkeit dieses Verbrechens durch die Größe des begangenen Raubes vermindert würde; es schien ihm im Gegenteil vielmehr, daß, wenn der Diebstahl irgend eines Silbergeräts einen schimpflichen Tod verdiene, so ließe sich für denjenigen keine hinlänglich angemessene Strafe erdenken, der einem Mann sein ganzes Vermögen raubte und sein Kind obendrein.
    Dies Urgefühl hielt ihn also von jedem Gedanken zurück, durch solche Mittel sein Glück zu machen. (Denn, wie gesagt, es ist ein lebendiges oder wirksames Urgefühl und besteht nicht bloß im Wissen oder Glauben.) Wäre er sehr heftig in Sophien verliebt gewesen, so hätt' er vielleicht anders gedacht; aber, erlauben Sie mir es zu sagen, es steckt ein großer Unterschied darin, ob man mit der Tochter eines Mannes davon läuft bloß der Liebe wegen, oder ob man dasselbe thut bloß des Stehlens wegen.
    Ob nun gleich unser junger Held gegen Sophiens Reize nicht unempfindlich war; ob ihm gleich ihre Schönheit gefiel und er alle ihre übrigen Eigenschaften sehr hoch schätzte, so hatte sie doch keinen tiefen Eindruck auf sein Herz gemacht. Hierüber, da es ihm den [142] Vorwurf der Gefühllosigkeit, oder wenigstens Geschmacklosigkeit zuzuziehen scheint, wollen wir nunmehr suchen, eine Erklärung zu geben.
    Die Wahrheit also ist: sein Herz gehörte schon einem andern Frauenzimmer. Hier, zweifle ich nicht, wird der Leser erstaunen, daß wir über diese Sache so lange verschlossenen Mund gehalten haben, und wird nicht wenig in Verlegenheit sein, zu erraten, was für ein Frauenzimmer das sei, weil uns bisher noch nicht das mindeste Wort von einem solchen entfallen ist, das nur wahrscheinlicherweise Sophiens Nebenbuhlerin sein konnte; denn was Madame Blifil betrifft, ob wir gleich genötigt gewesen sind, eines Verdachtes zu erwähnen, als ob sie unsern Tom sehr gerne leiden möge: so haben wir doch bis diese Stunde noch nicht den geringsten Grund zu der Mutmaßung gegeben, daß er eine Neigung zu ihr hätte; und in der That, mit Leidwesen muß ich es sagen; aber die Jugend, beiderlei Geschlechts, ist nun einmal so! – Sie läßt es gar zu leicht an der Dankbarkeit ermangeln, wenn Personen, die etwas höher an Jahren sind als sie, die Güte haben, sie mit einer gewissen vorzüglichen Achtung zu beehren.
    Damit der Leser nicht länger in Ungewißheit bleiben möge, wird er die Güte haben, sich zu erinnern, daß wir oft der Familie des Wildmeisters, Jakob Seegrim, gemeiniglich der schwarze Jakob genannt, erwähnt haben, welche gegenwärtig aus einer Frau und fünf Kindern bestand.
    Das zweite von diesen Kindern war eine Tochter, die Maria, oder nach

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