Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)
hatte die Schönheit des Mädchens ungemein gefallen und bedauerte sie solche wegen ihrer Einfalt, daß sie sich auf diese Weise gekleidet hatte, weil sie den Neid wahrnahm, den es unter ihresgleichen veranlaßt hatte. Sie war nicht so bald nach Hause gekommen, als sie nach dem Wildmeister schickte und ihm befahl, seine Tochter zu ihr zu bringen, und sagte: sie wolle solcher eine Stelle im Hause geben und vielleicht nähme sie sie zu ihrer eigenen Aufwartung, wenn ihre Jungfer, der sie eben aufgekündigt hätte, abgegangen wäre.
Der arme Seegrim ward wie vom Blitze gerührt, denn er war mit dem Fehler unter seiner Tochter Schnürleibchen nicht unbekannt; er antwortete mit stammelnder Zunge, »daß er fürchte, Molly möchte zu ungeschickt sein, dem gnädgen Fräulein als Jungfer aufzuwarten, weil sie noch nirgends im Dienste gewesen.« »Das hat nichts zu bedeuten,« sagte Sophie, »das wird sie bald lernen. Das Mädchen gefällt mir, und ich bin entschlossen, es mit ihr zu versuchen.«
Der schwarze Jakob wandte sich nun an seine Frau, zu deren Klugheit er das Vertrauen hatte, sie würde ihn aus dieser Patsche ziehen; aber als er da anlangte, fand er sein Haus in einiger Verwirrung. Solch einen entsetzlichen Neid hatte dieser Schlenter erregt, daß, als Herr Alwerth und die übrigen Herrschaften aus der Kirche fort waren, die Wut, welche bisher verschlossen gelegen, in ein lautes Getümmel ausbrach; und nachdem sich solche vorher in Schimpfreden, Gelächter, Zischen und höhnischen Gebärden Luft gemacht hatte, griff sie endlich zu gewissen Schleuderwaffen, welche zwar wegen ihrer plastischen Natur weder den Verlust des Lebens noch eines Gliedes drohten, dabei aber doch immer noch für ein wohlgekleidetes Frauenzimmer fürchterlich genug waren. Molly hatte zu viel Herzhaftigkeit, um eine solche Begegnung in zahmer Geduld zu ertragen. Nachdem sie also – Aber, halt! da wir in unsre eigenen Kräfte ein Mißtrauen setzen, so laß uns hier eine höhere Macht zu unsrem Beistand anrufen.
Ihr Musen, also, wer ihr auch seid, die ihr gerne Schlachten [147] besinget; vor allen aber du, die du ehemals die Thaten jener Gefilde erzähltest, wo ein Hudibras focht und Trulla, wofern du nicht Hungers starbst mit Buttler, deinem Liebling, so leihe mir deinen Beistand bei diesem Unternehmen! Aller Mache steht nicht in aller Macht.
Wie eine zahlreiche Herde von Kühen im Grashof des reichen Pachters, wenn sie gemelkt wird und dann in einiger Entfernung ihre Kälber über den Raub durch Schreien und Blöken jammern hört: so brüllte, schrie und blökte der Janhagel von Sommersetshire ein Hollolo, in Stimmen hoch und tief und grob und fein, so wie's die Kehlen gaben, oder wie's der Wind der Leidenschaften stärker oder schwächer in die dünnern oder dickern Pfeifen blies. Einige wurden getrieben von Wut, andere wieder begeisterte die Furcht und andere suchten weiter nichts als einen scharmanten Blitz-Hagels-Spaß; vornehmlich aber schwebte hoch über dem Haufen die Scheelsucht, die Zwillingsschwester Satans und seine getreue Gefährtin, hauchte herab ihren Gift und fachte zischend die Wut der Weiber auf zu hellen Flammen. Und kaum konnten sie die Strecke berechnen, wie weit die Sehne ihrer Arme zum Ziele zu reichen vermöchte, als sie den Angriff mit Kot und Unrat und Sandkies begannen.
Molly, nachdem sie versucht, sich ohne Ehrenverlust aus dem Treffen zu ziehen, machte endlich Rechtsum! ergriff die lumpengezierte Liese, die den Vortrab des feindlichen Haufens führte, und streckte sie mit einem Faustschlag zu Boden. Das ganze Heer des Feindes (obgleich fast hundert an der Zahl) wich bestürzt zurück, als es den Fall seiner Führerin vernahm, und suchte sich zu decken hinter dem Wall eines neu aufgescharrten Grabes. Denn der Kirchhof war das Gefilde der Schlacht und am Tage des blutigen Treffens sollte eine Leiche dort die Stätte zu ihrer Gebeine Vermoderung finden. Molly trieb den Sieg vor sich her; faßte einen Schädel auf, der da lag auf der aufgeschütteten Erde des Grabes und schleudert ihn unter den Haufen der Feinde mit ihrem gewaltigen Arm; er traf einem Schneider den Kopf. Sowie beide Schädel einander berührten, erklangen sie beide gleich dumpfig und hohl, und der Schneider nahm sogleich das Maß seiner Länge auf der Fläche der Erden und beide Schädel lagen da nebeneinander, und schwer war es zu sagen, welcher von beiden der leereste sei. Nunmehr ergriff Molly mit ihrer mächtigen Rechten ein Hüftbein, brach
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