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Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Titel: Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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gar nicht dieser Meinung.«
    McCarron wartete auf Marges Äußerung.
    »Nein«, sagte Marge kopfschüttelnd.
    »Denken Sie mal nach«, sagte McCarron zu Tom. »Meinen Sie nicht, daß damit sein Benehmen erklärt wäre? Meinen Sie nicht, daß er den Fragen der Polizei ausweichen will, wenn er sich jetzt versteckt hält?«
    Tom dachte nach. »Er hat mir nicht einen einzigen Anhaltspunkt in dieser Richtung gegeben.«
    »Meinen Sie, daß Richard vor irgend etwas Angst gehabt hat?«
    »Ich könnte mir denken, wovor«, sagte Tom.
    McCarron fragte Tom, wie eng Dickie mit Freddie Miles befreundet war, wen er sonst noch kenne, der mit Dickie und Freddie gemeinsam befreundet wäre, ob er von irgendwelchen Geldgeschichten zwischen ihnen, von irgendwelchen Freundinnen wüßte - »nur Marge, soviel ich weiß«, erwiderte Tom auf diese Frage, und Marge protestierte, sie sei nicht die Freundin Freddies gewesen, deshalb könne von einer Rivalität ihretwegen keineswegs gesprochen werden - und ob Tom sagen könne, daß er in Europa Dickies bester Freund sei?
    »Das möchte ich nicht behaupten«, antwortete Tom. »Ich denke, das ist Marge Sherwood. Ich kenne kaum einen von Dickies Freunden in Europa.«
    Wieder forschte McCarron in Toms Gesicht. »Was halten Sie von diesen Fälschungen?«
    »Sind es Fälschungen? Ich dachte, man wäre sich darüber nirgends ganz einig.«
    »Ich glaube nicht, daß es welche sind«, sagte Marge.
    »Die Meinungen scheinen darüber geteilt zu sein«, sagte McCarron. »Die Sachverständigen halten den Brief, den er an die Bank in Neapel richtete, nicht für gefälscht, was nur heißen kann, daß er, falls da irgendwo eine Fälschung sein sollte, jemanden deckt. Angenommen, das mit den Fälschungen stimmte, haben Sie eine Ahnung, wen er zu decken versucht?«
    Tom zögerte einen Augenblick, und Marge sagte: »Ich kenne ihn, und ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß er versuchen sollte, jemanden zu decken. Warum sollte er?«
    McCarron starrte auf Tom, aber Tom hätte nicht sagen können, ob er im stillen Toms Ehrenhaftigkeit bezweifelte oder ob er nur nachgrübelte über all das, was sie ihm gesagt hatten. McCarron sah aus wie ein typischer amerikanischer Autoverkäufer oder sonst ein Verkäufer, dachte Tom - launig, von angenehmem Äußeren, durchschnittlich intelligent, imstande, mit einem Manne über Fußball zu reden und einer Frau ein billiges Kompliment zu machen. Tom hielt nicht allzuviel von ihm, aber andererseits war es gar nicht klug, einen Gegner zu unterschätzen. McCarrons kleiner, weicher Mund öffnete sich, während Tom ihn so betrachtete, und er sagte: »Würde es Ihnen etwas ausmachen, für ein paar Minuten mit mir nach unten zu gehen, Mr. Ripley, falls Sie noch ein paar Minuten Zeit für mich haben?«
    »Aber gewiß«, sagte Tom und stand auf.
    »Es wird nicht lange dauern«, sagte McCarron zu Mr. Greenleaf und Marge.
    Tom wandte sich an der Türe noch einmal um, denn Mr. Greenleaf hatte sich erhoben und setzte zu einer Bemerkung an, aber Tom hörte nicht hin. Tom bemerkte plötzlich, daß es regnete, daß dünne, graue Regenschleier gegen die Fensterscheiben wehten. Es war wie ein letzter Blick, verschwommen und hastig - Marges Gestalt sah quer durchs Zimmer ganz klein und zusammengesunken aus, Mr. Greenleaf tapste zitternd vorwärts wie ein Greis und protestierte. Aber es war das gemütliche Zimmer und der Blick über den Kanal bis dorthin, wo sein Haus stand - unsichtbar jetzt wegen des Regens -, was er vielleicht nie wiedersehen würde.
    Mr. Greenleaf fragte: »Sie . . . Sie kommen gleich wieder?«
    »Aber ja«, antwortete McCarron mit der unpersönlichen Routiniertheit eines Henkers.
    Sie gingen zum Fahrstuhl. Machten sie es auf die Art? fragte sich Tom. Ein leises Wort in der Halle unten. Er würde der italienischen Polizei übergeben, und dann würde McCarron wie versprochen in das Zimmer zurückkehren. McCarron hatte ein paar Papiere aus seiner Aktentasche mitgenommen. Tom starrte auf die vertikale Zierleiste neben dem Schild mit der Etagennummer am Fahrstuhl: ein eiförmiges Muster, eingerahmt von vier erhabenen Punkten, Eiform, Punkte, Eiform, Punkte, von oben bis unten. Laß dir irgendeine gescheite, normale Bemerkung einfallen, über Mr. Greenleaf beispielsweise, sagte Tom zu sich selber. Er knirschte mit den Zähnen. Wenn er jetzt bloß nicht anfangen würde zu schwitzen. Noch schwitzte er nicht, aber vielleicht würde ihm der Schweiß aus allen Poren brechen, wenn sie in

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