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Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Titel: Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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bis Mr. Greenleaf dafür gesorgt hatte, daß sie alle saßen. Es war ein wohlproportioniertes Zimmer mit schweren Möbeln, die Fenster blickten auf den Kanal. Tom setzte sich auf einen einfachen Stuhl mit rotem Sitzpolster. McCarron hatte sich auf dem Bett installiert und sah sein Bündel von Papieren durch. Es waren ein paar Photokopien darunter, erspähte Tom, die wie Reproduktionen von Dickies Schecks aussahen. Es waren auch ein paar einzelne Photos von Dickie dabei.
    »Haben Sie die Ringe?« fragte McCarron, er blickte von Tom zu Marge.
    »Ja«, sagte Marge feierlich und stand auf. Sie holte die Ringe aus ihrer Handtasche und überreichte sie McCarron.
    McCarron streckte sie auf der flachen Hand Mr. Greenleaf entgegen. »Sind das seine Ringe?« fragte er, und Mr. Greenleaf warf nur einen Blick darauf und nickte, während ein beleidigter Ausdruck auf Marges Gesicht kroch, so als wollte sie sagen: »Ich kenne diese Ringe mindestens ebensogut wie Mr. Greenleaf, wenn nicht besser!« McCarron wandte sich an Tom. »Wann hat er sie Ihnen gegeben?«
    »In Rom. Soweit ich mich erinnern kann, war es so um den dritten Februar herum, wenige Tage nach der Ermordung von Freddie Miles«, antwortete Tom.
    Der Detektiv studierte ihn mit seinen inquisitorischen sanftbraunen Augen. Seine hochgezogenen Brauen schoben ein paar Falten in die dick aussehende Haut seiner Stirn. Er hatte welliges braunes Haar, das an den Seiten sehr kurz geschnitten war und über der Stirn zu einer hohen Locke aufstieg in netter Studentenmanier. Aus diesem Gesicht war absolut nichts zu entnehmen, dachte Tom, es war ein geschultes Gesicht. »Was hat er gesagt, als er sie Ihnen gegeben hat?«
    »Er sagte, daß es ihm ganz lieb wäre, wenn ich sie hätte, falls ihm irgend etwas zustoßen sollte. Ich habe ihn gefragt, was ihm denn zustoßen sollte. Darauf sagte er, das wisse er nicht, aber es könnte ihm ja irgend etwas zustoßen.« Tom machte eine Kunstpause. »Er schien mir in diesem Moment nicht bedrückter zu sein, als er schon mehrmals zuvor gewesen war, wenn wir miteinander gesprochen hatten, deshalb kam mir nicht der Gedanke, daß er sich etwas antun wollte. Ich wußte, daß er verreisen wollte, das war alles.«
    »Wohin?« fragte der Detektiv.
    »Nach Palermo, hat er gesagt.« Tom sah Marge an. »Er muß sie mir an dem Tage gegeben haben, an welchem wir in Rom miteinander gesprochen haben - im ›Inghilterra‹. An dem Tage oder am Tage vorher. Wissen Sie noch, wann das war?«
    »Zweiten Februar«, sagte Marge gedämpft.
    McCarron machte sich Notizen. »Weiter?« fragte er Tom. »Welche Tageszeit? Hatte er getrunken?«
    »Nein. Er trinkt sehr wenig. Ich glaube, es war am frühen Nachmittag. Er sagte, am besten sollte ich die Ringe niemandem gegenüber erwähnen, und das habe ich ihm selbstverständlich versproeben. Ich habe die Ringe weggesteckt, und dann habe ich sie völlig vergessen, wie ich Miss Sherwood schon sagte - vielleicht sollte ich deswegen nichts von den Ringen sagen, weil er gesehen hat, wie tief schon ich davon beeindruckt war.« Tom sprach frei von der Leber weg, dabei stotterte er ein bißchen, ganz unbeabsichtigt, so wie ein Mensch unter den gegebenen Umständen eben stottert, dachte Tom.
    »Was haben Sie mit den Ringen gemacht?«
    »Ich habe sie in einen alten Beutel von mir gesteckt - so einen kleinen Beutel, in dem ich lose Knöpfe aufbewahre.«
    McCarron betrachtete ihn eine Weile schweigend, und Tom benutzte die Pause, um sich zu sammeln. Aus diesem sanften und doch wachsamen Irengesicht konnte alles kommen, eine drohende Frage, die unverblümte Feststellung, er löge. Tom klammerte sich im Geiste noch fester an seine eigenen Fakten, er war entschlossen, sie zu verteidigen bis zum Untergang. In diesem Schweigen konnte Tom beinahe hören, wie Marge atmete, und ein Husten Mr. Greenleafs ließ ihn zusammenfahren. Mr. Greenleaf blickte bemerkenswert ruhig, beinahe gelangweilt. Tom fragte sich, ob Mr. Greenleaf gemeinsam mit McCarron einen Plan gegen ihn ausgeheckt hatte, einen Plan, der sich auf die Ringgeschichte stützte?
    »Liegt es in seiner Art, Ihnen die Ringe als Glücksbringer vorübergehend zu leihen? Hat er jemals zuvor so etwas gemacht?« fragte McCarron.
    »Nein«, sagte Marge, noch ehe Tom antworten konnte.
    Tom begann aufzuatmen. Er konnte sehen, daß McCarron bis jetzt noch nicht wußte, was er aus der Sache machen sollte. McCarron wartete auf seine Antwort. »Er hat mir schon hier und da gewisse Dinge geliehen«,

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