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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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fühlen oder sich vorstellen, was für ein Gefühl es war, in die Luft zu springen, zu rennen, zu lachen oder zu küssen?
    Er blieb am Ende des Bettes stehen, wo er wusste, dass sie  ihn sehen konnte. Ihre Augäpfel hüpften eine Weile hin und her. Sie blinzelte.
    Hallo.
    Thorne trat ans Bett und griff nach dem orangefarbenen Plastikstuhl. Er blickte sich im Raum um, als wäre er ein gewöhnlicher Besucher, der über einen passenden Witz am Krankenbett nachdachte. Nirgends waren Blumen.
    Ihm blieb nichts anderes übrig, als anzufangen zu reden.
    »Hallo, Alison. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, dass ich einfach so aufkreuze, aber ich wollte Ihnen ein paar Dinge erklären. Weil das bisher niemand wirklich getan hat und ich glaube, dass Sie ein Recht darauf haben. Dr. Coburn wird Sie über die medizinische Seite aufgeklärt haben, aber ich möchte versuchen, Ihnen zu erklären, was Ihnen tatsächlich zugestoßen ist. Nachdem Sie an jenem Abend den Club verlassen haben. Es ist klar, dass wir nicht wissen, an wie viel Sie sich erinnern. Vielleicht an nichts.«
    Er brauchte dringend einen Schluck Wasser und bediente sich aus dem Krug auf dem Nachttisch. Er überlegte, warum dort überhaupt Wasser stand, wenn Alison doch gar nicht trinken konnte.
    »Was genau zwischen dem Zeitpunkt, an dem Sie den Club verlassen haben, und dem Zeitpunkt geschehen ist, an dem Sie nach Hause gekommen sind, ist eigentlich egal. Sie können uns erzählen, wo Sie den Mann mit dem Champagner getroffen haben, wenn die Lungenmaschine weggenommen wird und es Ihnen ein bisschen besser geht. Aber wir wissen, dass der Mann ihre Wohnung betreten hat, als das Mittel, das er in den Champagner getan hatte, schon gewirkt hatte. Zu diesem Zeitpunkt konnten Sie nichts dagegen tun, als er … seine Hände an Sie legte.«
    Vom Flur drang ein lautes Krachen herein. Er sah, wie Alison reagierte. Eine kurze Spannung der Haut um ihre Augen. Klänge waren offenbar wichtig.
    Er musste zur Sache kommen. Er hatte Eltern erzählt, wie ihre Kinder gestorben waren. Warum sollte das hier so schwierig sein?
    »Nun ja, Alison, so sieht’s aus. Sie haben nicht überlebt. Ich meine … ja, klar, Sie haben überlebt, aber das war genau das, was er wollte.«
    Er klopfte auf die Bettkante, warf einen Blick auf die Geräte, die Monitore, die Schläuche, und schaute dann wieder in Alisons Gesicht.
    »Das … ist es, was er wollte, was er erreichen wollte. Es hört sich verrückt an, ich weiß, weil es nämlich verrückt ist. Er wollte Sie nicht töten. Er hätte Sie ganz leicht töten können, weil das, was er Ihnen angetan hat, unglaublich schwierig ist. Er hat es vorher und nachher versucht, ohne Erfolg … und andere Frauen mussten sterben. Also …«
    Also was ? Thorne fragte sich, ob er jemals hätte damit anfangen sollen. Was sollte er ihr jetzt erzählen? Wie viel Glück sie gehabt hatte?
    »So sieht’s aus. Ich werde nicht sagen, dass Sie Glück hatten, nicht gestorben zu sein. Das ist etwas, das nur Sie … fühlen können. Aber Sie waren stark genug … um nicht zu sterben, also bin ich sicher, dass Sie stark genug sind, um sich selbst hier rauszuholen.
    Ich habe keine Ahnung, warum er das getan hat, Alison. Ich wünschte, ich könnte es Ihnen sagen. Ich wünschte, ich könnte etwas erfinden, aber die Wahrheit ist, dass ich keinen blassen Schimmer habe.
    Eins aber kann ich Ihnen sagen, und ich glaube, deswegen bin ich hierher gekommen: Er wird mir sehr bald erzählen, warum er es getan hat. Ich wollte, dass Sie das wissen. Sehr bald. Er wird mir in die Augen sehen und es mir sagen.«
    Er nahm ihre Hand und drückte sie.
    »Dann werde ich das Schwein für den Rest seines Lebens hinter Gitter sperren.«

 
    Wirklich? Ich verstehe. Nun, danke, dass Sie vorbeigekommen sind und mir diesen kleinen Brocken vor die Füße ge legt haben.
    Er hat es mir mit Absicht angetan. Er wollte mich so ha ben. Verdrahtet, versaut.
    Gut …
    Es ist schwierig, Neuigkeiten anders als ruhig aufzunehmen, wenn man in einem Zustand wie dem meinen ist. Meine Reaktionen scheinen sich immer zu ähneln. Äußerlich jedenfalls. Ich scheine völlig ausgeglichen zu wirken. Wer mich anschaut, wird denken: Oh, hat sie es nicht gut aufgenommen?
    In mir drinnen sieht es aber ganz anders aus.
    Wut. Und ich verstehe, was es heißt, wenn das Blut brodelt, weil ich spüre, wie es in mir brodelt. Ich spüre, wie es durch meine Adern fließt wie Lava. Weil ich es jetzt weiß. Ich weiß es ganz

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