Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns
sicher.
Ich hatte mir ohnehin schon so etwas zusammenge reimt.
Ich hatte gedacht, es müsste so etwas in der Art sein.
So eine völlig verdrehte Sache.
Ich hatte viel Zeit, darüber nachzudenken, und man braucht kein Genie zu sein, um zu merken, dass die Ange legenheit etwas seltsam war.
Ich hatte keine äußeren Verletzungen.
Es war nichts Sexuelles. Anne hat es mir gesagt.
Am Anfang habe ich gedacht, dass er mir vielleicht das Genick brechen wollte, aber es war keine Wunde zu sehen. Ich vermute, es ist ziemlich einfach, jemanden umzubringen, wenn man das will, und ich habe mich gefragt, warum er es nicht tun wollte.
Ich habe versucht herauszubekommen, was er tatsächlich wollte.
Dann bin ich also diejenige, bei der er es richtig gemacht hat? Ich lebe und atme als Beweis für die … Fähigkeiten dieses Kerls?
Während andere Frauen starben.
Ich höre das Blut durch meine Adern rauschen.
Thorne klang ziemlich zuversichtlich, als er sagte, er würde ihn kriegen. Seine Stimme gab mir zu verstehen, dass es demjenigen, der das getan hat, Leid tun würde, wenn Thorne ihn in die Finger kriegen sollte.
Er sagte, er würde ihn dazu bringen zu erzählen, warum er es getan hat. Ich bin mir nicht sicher, ob mir dieses Wissen helfen würde. Aber dass er geschnappt wird, das schon. Thorne sagte, er wisse nicht, an wie viel ich mich erinnern kann. Das weiß ich auch nicht.
Aber falls es helfen sollte, dieses Schwein zu schnappen, werde ich es, verdammt noch mal, herauskriegen.
Achtzehn
12. Februar 1999. Seine Mutter starb.
3. September 1994. Jan verließ ihn zum ersten Mal.
18. Juni 1985. Calvert …
Als Thorne an diesem Dienstagmittag Richtung Camden fuhr, hatte er keine Ahnung, dass er auch den folgenden Tag, den 2. Oktober 2000, der Liste würde hinzufügen müssen. Vielleicht der bedeutendste Tag von allen. Tage, die er am liebsten vergessen würde. Doch diese Entscheidung stand ihm nicht frei.
Tage, die ihn formten. Lange, lange Tage. Schmerzvolle Tage. Tage, die ihn etwas darüber gelehrt hatten, wer er bis zu diesem Zeitpunkt gewesen war, und ihm vorschrieben, wer er ab diesem Tag sein würde.
Was er sein würde.
Der heutige Tag, der Vortag von all dem, hatte nicht gut begonnen und würde noch schlimmer werden. Der Ring war am Abend zuvor aus Edinburgh eingetroffen und direkt ins Gerichtslabor nach Lambeth weitergeschickt worden. Thorne hatte gleich als Erstes in der Edgware Road angerufen und sich nach den Ergebnissen erkundigt. Sie wurden erst für den folgenden Tag erwartet. Zu allem Umglück hatte ihm auch noch Keable, der langsam nervös wurde, in den Ohren gelegen. Jeremy Bishop hatte angerufen und wollte wissen, was hier vor sich gehe, ebenso wie James Bishop. Da sich Rebecca Bishop bisher still verhalten hatte, schien es, als wären Thorne und Holland mit der Fahrt nach Bristol noch einmal glimpflich davongekommen.
Thorne lächelte über sich selbst, während er den Wagen durch den Regent’s Park lenkte, vorbei an den unfassbar großen Häusern von Diplomaten und Ölmilliardären. Er lächelte über seine Großspurigkeit gegenüber Keable, über seine getürkten Anrufe, seine Leck-mich-Einstellung gegenüber Tughan.
Er wusste, dass er sich auf sicherem Boden bewegte. Alles – die Anrufe, die Teppichfasern, die Besuche bei Bishop zu Hause – würde vergessen sein, sobald Thorne hatte, was er wollte.
Sobald er bewiesen hatte, das Jeremy Bishop ein Serienmörder war.
Dann würde Keable damit beschäftigt sein, die Glückwünsche des Commanders entgegenzunehmen, sodass er keine Zeit hätte, sich um ein paar nächtliche Anrufe zu kümmern. Vermutlich würde Thorne ein paar Worte über Vorschriften zu hören bekommen. Schlimmstenfalls eine Verwarnung wegen seiner Methoden.
Wenn die entscheidenden Beweise korrekt gesammelt wurden, war Thorne sich sicher, dass eine Festnahme möglich war. Er wusste, dass der entscheidende Beweis existierte. In Jeremy Bishops Wohnung in Battersea. Er brauchte nur einen Haftbefehl.
Der Vormittag war quälend langsam vorübergegangen. Thorne hatte viele Anrufe zu beantworten, Papiere an Nick Tughan weiterzureichen und der Versuchung zu widerstehen, ins Labor zu fahren und die Untersuchung von Jeremy Bishops Ehering selbst zu überwachen. Wieder Teil dieser schwerfälligen Maschinerie zu sein war äußerst frustrierend, doch andererseits war er froh, überhaupt etwas tun zu können. Dieser Zustand würde sowieso nicht lange andauern.
Im Camden parkte Thorne den
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